All-in-one-Übungsbuch: Combination Drills für Trompete von Bryan Davis

Das Problem kennt fast jeder: Fürs Üben bleiben oft nur eine halbe Stunde am Tag. Doch was macht man, um diese kurze Zeit möglichst effizient zu nutzen? Der britische Trompeter Bryan Davis gibt in seinem ersten Buch „Combination Drills Vol. 1“ die richtigen Antworten.

Bryan Davis ist ein sehr gefragter Jazz-Trompeter, und das, obwohl er in New York lebt, also gewissermaßen der Hauptstadt des Jazz, in der es wahrscheinlich mehr brillante Musiker gibt als Klimaanlagen. Vornehmlich liegt das an seiner extremen Sicherheit in der Höhe (was ihn für ganz spezielle Lead-Einsätze prädestiniert), aber gewiss auch an seinem Willen zu ständiger Verbesserung und an seiner bescheidenen und ehrlichen Art.

Die kommt auch gleich zu Beginn seines jüngst erschienen und ersten Buches „Combination Drills. Developed Scales in Odd Meters, Volume 1“ wieder zum Vorschein. In der Einleitung schreibt Davis, dass die Übungen dieser Schule seinem einstigen Unvermögen geschuldet seien, Musik in „odd meters“, also in ungeraden Metren, vom Blatt zu lesen und natürlich auch zu spielen. Der einfache Grund dafür: Er war es schlicht nicht gewohnt – wie die meisten von uns. In der traditionellen (westlichen?) Musik dominieren eben Zweier- und Dreier-Rhythmen. In modernen Kompositionen und Arrangements bricht man mit diesem Dogma jedoch gerne. Hier galt es für den Wahl-New Yorker also, an sich zu arbeiten.

Übungen kombinieren: Gut für Profis und Amateure

Die Bereitschaft, an sich arbeiten zu wollen (und nicht nur am Equipment!), ist das eine (und die Grundvoraussetzung für ein positive Entwicklung). Die Möglichkeit, diese Bereitschaft im täglichen Spielbetrieb konkret umzumünzen, das andere. Denn vor allem Vielspieler – sowohl bei den Profis, die sehro oft unterwegs sind, als auch bei eifrigen Amateuren, die neben dem eigentlichen Job in der Woche mit zwei Big Bands, zwei Musikkapellen und einer Tanzband proben – kennen das Problem des Haushaltens mit Zeit und Kräften. Wer viel reist, kann nicht jeden Tag neben allen gebührenden Pausen vier Stunden in einer Übekammer sitzen. Und wer viel spielt, darf seine Körner nicht schon vor einer Probe oder einem Auftritt verschießen. Doch das Spielen alleine reicht leider nicht aus. Es muss auch geübt werden.

Effizienz = viel Effekt in kurzer Zeit

So sieht es auch Bryan Davis, wenngleich er die letzten 25 Jahre seines Lebens nach dem College als seine „wahre Ausbildungszeit“ betrachtet. Eben diese hat ihn aber Effizienz gelehrt – und Effizienz bedeutet: Möglichst viel Effekt bei möglichst geringem (zeitlichen) Aufwand. Denn neben seiner Jahre auf Tour, in der er oft acht Shows in einer Woche spielte, blieb kein Platz für ausgedehntes Exerzieren. So kürzte er sein Trainigsprogramm radikal auf 20 Minuten zusammen, indem er Übungen zusammenführte oder sich nur die Teile herausnahm, die wirklich den positiven Übeeffekt mit sich bringen. Als Davis zwischendurch wieder zuhause war, erkannte er, wie viel bessere Ergebnisse diese komprimierten bzw. „eingedickten“ Übungen auch ohne Zeitdruck lieferten. Mehrere Fliegen mit einer Klappe zu schlagen, ist einfach der isolierten Etüde vorzuziehen – schließlich übt man nicht des Übens willen, sondern um möglichst schnell besser zu werden und dann mit der eigentlichen Musik weniger zu kämpfen zu haben.

Eine Anleitung für den perfekten Luftfluss

Davis‘ eigener Verlag heißt nicht umsonst Airflow Music. Für ihn ist der stetige und kontrollierte, aber auch freie Luftfluss der Anfang aller spielerischen Leichtigkeit. (Sein eigenes Spiel ist das beste Zeugnis dieser Philosophie!) Um diesen Luftfluss zu gewährleisten, tastet man sich gemäß der Anweisungen von gebunden über den sanften (wenn auch schnellen) Stoß hin zum härteren (siehe Notenbeispiel unten). Zur Demonstration des „gentle tonguing“ gibt es eigens ein Video:

Ein weiteres Augenmerk legt Davis auf die Bögen der Phrasen. Möglichst viel soll zusammenhängend gespielt werden, Luft holt man nach Möglichkeit immer nur dir Nase, damit das Setup auf den Lippen nicht verändert wird, sondern die Anpassungen allesamt im Mundstück bzw. in der Mundhöhle stattfinden. Somit soll eine Flexibilität erarbeitet werden, die es erlaubt, auch größere Intervallsprünge mit Leichtigkeit und ohne „Umbauarbeiten“ zu bewerkstelligen. Hier greift er unverkennbar auf die Stamp-Methode zurück und sagt das auch.

Übung 1A in Bryan Davis‘ Combination Drills-Schule

Wichtig sind die sogenannten „Breath Accents“, also Betonungen, die nur durch mehr Luft erzeugt werden. Außerdem ist der bei Auftritten natürlich auch laut und hoch spielende Bryan Davis ein nimmermüder Prediger des leisen Übens.

Durch die „Jazz-Tonarten“ mit Hilfe eines Metronoms

Neben dem „Airflow“, der Flexibilität und dem Stoß trainiert man natürlich auch das Lesen, die Finger und die Sicherheit im Umgang mit den „krummen Takten“. Davis führt einen obendrein durch die gängigen Jazz-Skalen, beginnt dabei bei Dur, geht über Moll zu vermindert und zur Ganztonleiter. Deshalb: Wenngleich manche Übungen erst einmal bewältigbar erscheinen – sie zerren auf vielen (wenn nicht gar allen!) Ebenen an einem und fordern viel Konzentration.

Übung 3E: Noch 5/8, vermindert, bei Cis beginnend

Der TrumpetScout hat einige in langsamem Tempo mit Click im Ohr gespielt und kann nur sagen: Das bringt einen zunächst auch schnell an eine intellektuelle Grenze (und die sieben Schläge pro Takt an eine nervliche…). Wenn man jedoch weiß, um was es geht, ein Gefühl für den Rhythmus bekommt und die Besonderheiten wie der Breath Attack in Fleisch und Blut übergehen, wird es natürlich auch weniger verkopft. Und genau dabei macht man gewaltige Schritte als Spieler!

Die Nummer 4A: H-Dur, tief und 7/8

Sind die Übungen irgendwann gemeistert, kann man sie auch – selbstredend – oktavieren. Dabei sollte nur nichts verändert werden: leise, binden, sanft stoßen etc.

Ein Fazit zu Bryan Davis‘ Combination Drills

Ganz ohne Frage: Diese 134 Seiten können nervtötend sein, Arban-Schule nichts dagegen. Man kommt ganz schnell an sein persönliches Limit und das kann auch frustrieren, obwohl gerade darin auch das Geheimnis liegt. Auf der anderen Seite macht man diese Übungen ja nur kurz am Tage und außerdem sollten sie bald Wirkung zeigen. Das ist wohl das beste Argument für dieses Buch, welches übrigens bei Amazon erhältlich ist, und das sogar für Posaune. Und ja, auf Teil 2 ist der TrumpetScout schon gespannt!


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