Brass Sound Creation TR501G – eine deutsch-japanische Trompete Made in Luxembourg

Brass Sound Creation? Nie gehört. Oder doch schon irgendwie? Zugegeben, der Name ist ziemlich generisch. Überhaupt nicht austauschbar ist dagegen das Produkt. Die Trompeten von Tomomi Kato, dem Inhaber von BSC, sind sogar ziemlich extravagant, und das nicht nur optisch. Der TrumpetScout hat sich das von Marcus Printup gespielte Modell TR501G für einen Test bestellt.

Das Modell 501 mit dem Zusatz „G“ ist vergoldet, aber samtig, nicht glatt und glänzend. Das ist verhindert gut sichtbare Wasserflecken und Fingerabdrücke.

Irgendwann im Sommer 2018 beim Durchforsten des Trompeten-Gebrauchtmarktes: Der TrumpetScout stößt auf eine Trompete von Tomomi Kato, Modellbezeichnung: KAT 5. Der Preis liegt im mittleren dreistelligen Bereich, das Design ist sehr eigen. Dennoch macht es nicht den Anschein, als handele es sich um ein Show-and-Shine-Instrument einer der unzähligen prätentiösen Möchtegern-Marken, hinter denen vornehmlich günstige asiatische Massenware mit individuellem Schnörkel steckt. Leider ist die Webseite, auf die man bei der Recherche im Netz schnell stößt, nicht besonders gut gemacht. Informationen sind rar und Zweifel an der Qualität des Produktes werden durch die Aufmachung auch nicht zwingend beseitigt (solange man vom Preis der Top-Modelle absieht!). Ein Indikator für Güte ist da eher schon der Vertrieb über Trent Austians Firma Austin Custom Brass. Er bespricht in einem seiner Testvideos die KATO 5, ein günstiges Modell von Tomomi Kato.

Wer ist Tomomi Kato?

Aber wer ist der Mensch hinter der gleichnamigen Marke (zumindest bei den günstigen Modellen) bzw. hinter Brass Sound Creation? Ein kurzes Video-Porträt gibt im Vorfeld zunächst einmal Aufschluss über den Japaner, der als Ein-Mann-Unternehmen agiert:

Durch viele lange Mails könnte der TrumpetScout heute sicher einen eignen Artikel nur über Tomomi Katos Leben schreiben, so bewegt war es. Doch hier nur eine Kurzfassung: Der 1968 in Tokio geborene und aufgewachsene Kato kam 1987 nach Deutschland, um aufs Geratewohl hier eine Lehre als Trompetenbauer zu beginnen – für eine Karriere als Trompeter wähnte er sich für seinen Können zu alt, da er erst mit 16 Jahren die Trompete für sich entdeckte. Er lernte zunächst bei Hans Schneider am Bodensee, zudem er ein beinahe väterliches Verhältnis hatte und der ihm viel zum Bau mittelalterlicher Instrumente nahebrachte, wechselte dann zu Franz Straub ins Allgäu und arbeitete daraufhin beim Ventilhersteller Bauerfeind in Nauheim.

Bei Kröger in Trier wuchs nicht nur die Verantwortung – Kato wurde dort Werkstattleiter -, sondern auch die Idee, eine eigene Trompete zu bauen. Und tatsächlich, das Projekt Kröger Trumpets designed by T. Kato wurde ihm gewährt. Von Trier aus erkundete Kato die Moselregion und entdeckte für sich das nahe Luxemburg. Selbstständig machte er sich 1996 genau dort, genauer in Mertert. Sein Wissen wurde geschätzt und so half der Japaner bald vielen Firmen in Europa, u.a. Stenzel in Pforzheim und Amati in Kraslice, Tschechien. Dort konnte er sein Wissen auch zur Serienfertigung enorm und in viele Richtungen (CNC-Bearbeitung, Galvanisierung etc.) erweitern.

Zwar lernte Kato bei seinem Mentor Schneider alle und wirklich alle Teile des Instruments selbst herzustellen, erkannte aber, dass das nicht wirtschaftlich ist. So vergibt er heute bei vielen Teilen Aufträge an Spezialisten, die sie genauer und günstiger fertigen können.

Die BSC TR501G – Marcus Printups Trompete

Doch nun zum Testinstrument: Nach vielen Emails erreichte den TrumpetScout schließlich ein Paket aus Luxemburg mit zwei BSC-Trompeten: einer versilberten TRH01 „Hybrid I“ und einer TR501G, genannt „WM“. Nun, die WM wurde entworfen für einen der bekanntesten Trompeter der Welt, der allerdings Instrumente eines anderen Herstellers spielt. Dennoch, so sagt Tomomi Kato, sei man sich schon sehr früh begegnet und es entstand in Abstimmung bereits 2003 die Trompete mit dem nicht gerade aufregenden Modellcode TR501. Durch den Mann mit dem großen Namen gelangte die Trompete in die Hände von Marcus Printup, der im JLCO in New York und auf der ganzen Welt spielt. Dass er die Trompete aus Luxemburg spielt, ist kaum zu verkennen, so prominent ist der Look des Instruments.

Hier hat sich der Meister gleich zwei Mal namentlich verewigt – der Name seiner Firma sagt nämlich wenig Persönliches aus.

Um nicht zu viel Hoffnung auf einen möglichen Doppeltest zu machen: Der TrumpetScout hat natürlich beide Trompeten ausgepackt und angeblasen, aber schon nach kürzester Zeit und einer Probe war klar – die WM ist das Instrument, zu dem es eine natürliche Verbindung gibt. Zwar schien der Widerstand bei der Hybrid I etwas größer und der Ton etwas knackiger, aber die Ansprache der WM wirkte wie ein Magnet, dem man nichts entgegensetzen kann.

Die Spezifikationen und baulichen Eigenheiten der BSC TR501G

Schauen wir zunächst einmal, was die Trompete auf dem Papier ausmacht. Die Bohrung der Maschine (die lässt Kato nach eigenen Vorgaben bei Amati bauen) beträgt 11,7 mm, was einem leicht erhöhten ML-Maß entspricht. Die Verrohrung besteht ausnahmslos aus Messing. Das Gewicht ist mit 1.113 Gramm absolut mittelmäßig. Deutlich ungewöhnlicher sind die sichtbaren Merkmale: Die Mundstückaufnahme fällt sehr zierlich aus, die Stützen zwischen Maschinenstock und Mundrohr (dieses neuralgische Rohrstück wird von Kato übrigens selbst gebaut) bzw. Schallbecher hingegen haben extrem viel Auflagefläche. Der Übergang von Mundrohr in das Außenrohr, das den oberen Teil des Stimmbogens aufnimmt, ist fast stufenlos. Massiv sind die beiden Stützen im bzw. beim Stimmbogen. Es handelt sich um richtige Säulen. Der Stimmzug selbst ist in D-Form gebogen und auf der Außenseite bis Zur Bogenmitte mit einem zusätzlichen Messingstreifen verstärkt. Die Ventilzüge kommen dafür ohne Stützen oder zusätzliches Material aus.

Hier sieht man nicht nur die ‚Schlangenzunge‘, sondern auch den stufenlosen Übergang von lead pipe in das den Stimmzug umfassende Rohr.

Die Ventilbüchsen wirken von außen schlank, es gibt keine Verdickung nach oben hin. Die Ventildeckel unten sind minimalistisch ausgeführt, es liegen allerdings echte Heavy Caps bei. Die Deckel oben sind etwas stärker. Besonders auffällig sind die zylindrischen und sogar leicht scharfkantigen Ventildrücker ohne Perlmutteinlage. Massig, aber sehr schlicht. Die beiden Fingerringe auf den Zügen 1 und 3 sind ebenfalls massiv gefertigt und großflächig aufgelötet.

Hier ist auch die Oberfläche sehr gut zu erkennen. Die zeigte sich im Test sehr pflegeleicht und unempfindlich.

Der Übergang von der Maschine in den Becher ist mit einer 8 cm langen Manschette bewehrt. Und im Bogen wartet gleich die nächste Verstärkung: ähnlich wie im Stimmzugbogen ist hier auf der Außenseite ein dicker Draht angebracht, der Schwingungen wohl dämpfen soll. Er zieht sich über die gesamte Bogenform. An Dämpfung gespart wird hingegen im vorderen Teil des zweiteiligen Bechers: Eine Stütze zwischen Schallstück und Mundrohr auf höhe des Stimmzugs sucht man hier vergeblich. Das führt dazu, dass die Glocke gut vernehmbar und lange schwingt, wenn man mit dem Finger dagegen schnippt. Dieses Schwingungsverhalten dürfte auch beim Spielen zum Tragen kommen.

Die ‚Muffe‘ ist besonders lange gefertigt. Aber auch die Auflagen der Fingerringe sind bauen auf viel Kontaktfläche zum Zug.

Zuletzt sei noch eine optische Auffälligkeit erwähnt, die sicher keinen großen Einfluss auf Spielgefühl, Klang oder Projektion haben dürfte: Der Fingerhaken auf dem Mundrohr wie auch die beiden Wasserklappen sind mit einem Schrumpfschlauch überzogen, dessen Ende als Zweizwack zugeschnitten ist. So sieht der Gummi aus wie eine Art Echsen- oder Drachenzunge – ob das als Hinweis auf Tomomi Katos Herkunft zu deuten ist?

Bauliche und spielerische Besonderheiten der BSC WM

Um ehrlich zu sein: Eine valide Aussage über bauliche Besonderheiten hat sich mit der Beschreibung der sichtbaren Eigenheiten und Merkmale bereits erschöpft. Der TrumpetScout ist kein Instrumentenbauer und hat auch keine Analysemöglichkeiten, die das genaue Vermessen bzw. Durchleuchten ermöglichen. An dieser Stelle seien deshalb Tomomi Katos Aussagen zu den eigenen Trompeten und speziell der TR501 angeführt. Er sagt, seine Trompeten beruhten auf einem alten Konstruktionskonzept, wie es Ende des 18. Jahrhunderts aufkam. Damals wurde die Klappentrompete (quasi eine mit Löchern modifizierte Naturtrompete) erfunden und ermöglichte erstmal mehr als nur Naturtöne. Bald darauf löste allerdings das Cornet à Piston mit seinen Ventilen die Klappeninstrumente ab. Dessen Bauweise ermöglichte die volle Chromatik, also alle Halbtonschritte innerhalb einer Oktave, und ist bis heute in seinen Grundzügen unverändert. Mit der French Besson (Gustave August Besson ließ 1837 das erste moderne Kornett patentieren), so Kato, sei die moderne Trompete dann endgültig vom Weg ihrer ventillosen Vorfahren abgezweigt. Es entstanden in der Folge viele Ikonen der Trompetenbaukunst, an denen man sich noch immer orientiert. Genau darin liege aber ein Problem, meint der Japaner von der Mosel: Konstruktionsfehler, die intonatorische Mängel und Anspracheprobleme bedingen, würden so tradiert statt ausgemerzt.

Die Bohrung ist 11,7 mm nicht extrem groß, aber die TR501G bläst sich sehr leicht. Bisher machte dem TrumpetScout das tiefe Register mit keiner Trompete so Spaß wie mit diesem Modell.

 

So weit die Theorie (zu der sich Spezialisten für historischen Instrumentenbau sicher qualifizierter äußern können als der Verfasser dieses Artikels). Neben dem unumstößlichen Faktum, dass auch Kato auf Kolbenventile (frz. ‚pistons‘) zurückgreift, fällt in der Spielpraxis jedoch vor allem eines auf: Die TR501G bläst sich offen, schnürt aber trotz fehlendem Gegendruck nach oben hin nicht zu (das klingt für Neulinge paradox, ist aber so). Mit dem kleinen Lead-Mundstück konnte so sonor und kräftig im tiefen und tiefsten Register gespielt werden, dass es eine Wonne war! Aber genauso funktionierte die Trompete über dem C3. Interessanterweise ging das obere Register auch mit einem größeren und tieferen Mundstück (klar gab es dabei dennoch Unterschiede). Für den Einsatz im ultrahohen Bereich gibt es sicher noch bessere Spezialinstrumente, aber die lassen im Normalbereich dafür zu sehr Federn. Der TrumpetScout hat ein Konzert an der Lead-Stimme mit sehr anstrengender Literatur (hoch, laut und ausdauernd) auf der TR501G absolviert und ist erstaunlich gut darauf zurecht gekommen; zuhause waren aber die tieferen Mundstücke die erste Wahl (in so einer Kombination wurde sogar eine Studio-Aufnahme mit Big Band an einer Unterstimme gemacht). Durch die gute Ansprache (und Printup im Hinterkopf!) stellte sich gleich ein Gefühl ein, als wäre der Opa aus New Orleans und Louis Armstrong dessen Taufpate gewesen. Es ist schwer zuzugeben, aber den TrumpetScout ereilte sofort das Gefühl, als sei „Just a closer walk“ und ähnlich traditionelles Repertoire eingebaut.

Die zweiteilige Glocke kann sehr frei schwingen – eine Stütze im vorderen Teil sucht man vergeblich.

Was Tomomi Kato für sich reklamiert, ist eine verbesserte Intonation. Und ja, die ist bei der getesteten TR501G hervorragend, auch wenn nach einer langen Phrase mit tiefem Mundstück und einer unangenehmen Bindung von unten herauf z.B. ein E2 trotzdem noch etwas absacken kann. Das Ohr schlug auf jeden Fall selten Alarm und das Stimmgerät im Blindtest auch nicht. Besonders deutlich wurde das im oberen Register, wo die Töne gerne nach Höherem streben. Man muss allerdings bei den konstruktionsbedingten ‚Korrekturtönen‘ (Cis1 und D1) deutlich mehr ausziehen als bei vielen anderen Trompeten. Dem TrumpetScout kam bei dieser Beobachtung ein Satz von Thomas Lubitz aus dem Yamaha-Atelier ins Bewusstsein: „Nur weil man bei einer Trompete bei diesen Tönen nicht so viel ausziehen muss, heißt das nicht, dass sie in sich gut stimmt. Eher das Gegenteil ist der Fall.“ Und ja, das macht Sinn. Die Physik kann nicht überlistet werden, weshalb der intonatorische Kompromiss mancher Trompeten keinen Vorteil bietet, sondern die Intonation nur kompromittiert.

TrumpetScout berichtet neutral – für diesen Testbericht wurde vom Hersteller kein Geld bezahlt. Finanziert wird diese Objektivität nur von dir, dem Leser! Mit einer Spende hilfst du, TrumpetScout zu erhalten: paypal.me/trumpetscout

Der Klang der TR501G

Als Bläser glaubte der TrumpetScout, der Klang dieser Trompete sei dunkel, warm und groß, zuweilen wattiert, wenn man es darauf anlegt (beeinflusst einen da der Goldsamt-Lack?). Doch dann ergab sich die Möglichkeit, das Instrument von einem (wenn auch Klassik-)Profi vorgespielt zu bekommen, und das auch noch im Vergleich mit zwei tendenziell als hellklingend eingestuften Trompetenmodellen, nämlich einer alten Getzen Eterna mit Neusilbermundrohr und der eigenen Yamaha YTR-3335S. Erstaunt hat das Ergebnis: Am dunkelsten und breitesten in der Normallage war die Yamaha. Eher undefiniert war dagegen die Getzen und die BSC… ja, die hatte extrem viel Kern, klang äußerst kompakt und projizierte wie eine Düse. Es ist aber dennoch nicht so, dass man hinter dem Horn nichts mitbekommt, vielmehr wirkt es, als wäre ein Filter zwischengeschaltet, der einem die Selbstüberwachung ohne das unangenehme Knallen einer lauten Trompete ermöglicht.

Das Durchsetzungsvermögen der Trompete lässt sich mit den beiliegenden schweren Ventildeckeln noch einmal steigern. Der Klang wird weniger flexibel, das Slotting noch besser und der Ton noch kerniger. Dabei steigt auch der Widerstand, was aber gerade an der Oberstimme in der Big Band oder einer Brass Section kaum stören wird. Der Unterschied mit lediglich einem Heavy Cap am dritten Ventil war deutlich. Mehr hat der TrumpetScout gar nicht erst probiert, da zu viel zusätzliches Gewicht die Gesamtcharakteristik eines Instruments komplett verändert. Unter dem zusätzlichen Messing würde dann alles begraben, was die Trompete ausmacht und an Leichtigkeit von Haus aus mitbringt.

Intonation, Ventile und der Preis

Wenn es bei dieser Trompete einen Schwachpunkt gibt, dann sind es die Ventile. Bach und Getzen bilden für den TrumpetScout das Maß der Dinge. Die BSC aus dem Test ist davon weit entfernt. Vielleicht helfen andere Federn; das Leben sollte man sich hier aber auf jeden Fall leichter bzw. angenehmer gestalten können. Tomomi Kato versichert, dass er in seiner Werkstatt jeden Kunden individuell glücklich macht. (Er experimentiert auch mit verschiedenen Federn, die er sogar für Fremdhersteller anbietet.) Bei dem Preis muss das natürlich auch drin sein. Der Mann aus Luxemburg ruft für diese Trompete im Rohzustand nämlich 4.550 Euro (TR501) und vergoldet gar 5.600 Euro (TR501G) auf (wobei Kato auf seine selbstentwickelte Galvanisierungstechnik sehr stolz ist und seiner Vergoldung eine besondere Resistenz attestiert). Somit befasst sich dieser Artikel mit der teuersten Trompete der bisherigen TrumpetScout-Geschichte. Jetzt werden viele Fragen wollen: „Und ist sie das wert?“ Klares Jein. Der TrumpetScout würde so viel Geld nicht für eine Trompete ausgeben. Er muss aber auch nicht von der Musik leben. Wer sein Brot als Trompeter verdient, darf ins Werkzeug sicher mehr Geld investieren – Holzbläser und Streicher lächeln angesichts solcher Beträge sowieso nur milde. Und wer als Amateur nicht auf den Euro schauen muss, dem beschert ein derart gut funktionierendes Instrument auch sicher viel Freude. Dem TrumpetScout fiel es auf jeden Fall nicht leicht, diese Trompete wieder zurückzuschicken.

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What is she offering?,“Everything except perfect valves“

Your new girl friend?,“Wenn du es dir leisten kannst oder willst.“

Preis?,4.500 Euro. Da zuckt die Wimper.

Dauerbeziehung?,“Wenn gekauft, dann ja.“
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