Ein neues Mundstück für den TrumpetScout: das JK 205-2

Der TrumpetScout spielt seit vielen Jahren ein und dasselbe Mundstück, wenn es um die Standardeinsätze geht, die entweder Ausdauer, Lautstärke, Höhe, tonliche Schärfe oder eine Kombination daraus verlangen. Was aber, wenn das alles plötzlich unwichtig wird und nur weicher Sound zählt?

Mit Verlaub: Langweiliger kann ein Mundstück nicht aussehen. Gut (für den TrumpetScout) ist dieses JK 205-2 dennoch.

Vorweg sei gesagt: Dies ist kein Test. Gelegentlich fragen TrumpetScout-Leser, warum hier denn keine Mundstücke getestet oder empfohlen werden. Nun, Trompeten gibt es wie Sand am Meer und über „geeignet“ oder „ungeeignet“ entscheidet nur allzu oft die Natur des Spielers. Deshalb helfen die Artikel dieses Magazins in der Regel nur bei der Vorauswahl, damit nicht jeder alles testen muss und sich von vornherein auf z.B. engere oder auch offenere Instrumenten beschränken kann (wie es einem beliebt). Bei den Mundstücken hingegen ist die Palette noch einmal um Welten breiter, es gibt sie – um die Analogie fortzuführen – quasi wie Sterne im Universum. Außerdem spielt der Körperbau eine entscheidende Rolle. Sehr kolloquial formuliert: Jedes Maul ist eigen. Der eine spielt mit einem sehr flachen und kleinen Mundstück, der andere mit einem sehr weiten und tiefen. Ein großer Unterschied im Klang muss dennoch nicht bestehen, genauso wenig wie bei der Ausdauer. In diesem Artikel geht es also nur um die Erfahrungen, die der TrumpetScout mit seinem neuen Mundstück gemacht hat und natürlich die Geschichte, wie es zur Anschaffung kam.

Von Vincent Bach zu Josef Klier

Die sogenannte Main Axe des TrumpetScout ist ein modulares Mundstück von Warburton, zusammengesetzt aus einem 7ESV-Kessel und ab und an wechselnden Stengeln (meist Nr. 7 oder 8). Damit wird in der Big Band gespielt, egal ob erste, zweite oder dritte Stimme, da es genügend klangliche Härte und Helligkeit, aber auch Penetranz und Projektion gewährleistet, die dort verlangt wird. Nicht zuletzt spielt das Thema Ausdauer auch eine Rolle. Der TrumpetScout kann damit am längsten (und treffsichersten) spielen, weshalb auch bei langen Klezmer-Einsätzen oder in einer Blaskapelle dieses Modell zum Einsatz kommt.

Nicht tief, nicht flach. Keine scharfen Kanten, aber auch nicht zu rund. Fetter Rand, kein zu schmaler. Viel Gutes aus verschiedenen Welten.

Für klassische Musik, in der Kirche, im Ensemble oder auch in einer intimeren Jazz-Besetzung „knallt“ dieses Mundstück aber buchstäblich zu sehr. Lange Zeit kam dafür ein Bach 3C zum Einsatz und im letzten Jahr ein unbekanntes 7C, wie es die Trompetenkoffer der Nation vor allem bei Kindern und Jugendlichen bevölkert. Jenes Modell mit kleinerem Kesseldurchmesser bot klanglich das gleiche Ergebnis wie das 3C, war aber weniger anstrengend zu spielen – vermutlich deshalb, da der Lippenspalt alleine durch die engere Bauform bereits „vorgespannt“ war.

Im Januar des laufenden Jahres besuchte der TrumpetScout einen befreundeten Trompetenbauer, mehr weil er auf dem Weg lag als durch eine bestimmte Absicht. Deshalb war ausnahmsweise keine Mundstücktasche im Handgepäck. Um die Wartezeit im Geschäft zu überbrücken (Kundschaft!), wurde just eines der herumliegenden Mundstücke ausgeborgt und ein bisschen auf einer interessant aussehenden Trompete gespielt. Die Überraschung war am Ende weniger die Trompete als vielmehr das Messingstück, das man sich auf die Lippen setzt: ein JK 205-2.

Ein Mundstück aus Franken: das JK 205-2

JK steht für Josef Klier, ein Unternehmen mit langer Geschichte, das seit 1952 im fränkischen Diespeck Blechblasmundstücke produziert. Das Modell 205-2 gehört zur Serie mit der etwas sperrigen Bezeichnung „Kölner Form“. Bei manchen Händlern wird es mit dem Namenszusatz „Jazz“ geführt, was für den TrumpetScout Sinn macht – aber im Kontrast steht zur eher biederen Vorstellung, die man eben mit „Kölner Form“ verbindet.

Liebe aufs erste Blasen… Okay, das mag doppeldeutig klingen, trifft hier aber zu.

Hier finden sich die „Specs“ (die den TrumpetScout bislang wenig interessierten und die er deshalb bis zur Recherche für diesen Artikel nicht kannte):

Kesseldurchmesser: 16,2 mm

Randdurchmesser: 28 mm

Kesselprofil: mittelflach

Bohrung: 3,4 mm

Die „Schüssel“ sieht aus wie das generischste aller Mundstücke schlechthin: ein Standard-Bach-Modell. Ein Mundstück kann nicht unaufgeregter (und auch unaufregender) aussehen, doch bekanntlich zählt nur, wie es funktioniert.

Weich, aber nicht dumpf & mit guter Ansprache, aber auch Höhe

Mit den oben erwähnten Modellen Bach 3C bzw. 7C war ein allgemein weicherer Ton und ein voluminöser speziell in der Tiefe gut zu bewerkstelligen. Das Problem aber ist, dass man sich oftmals nicht nur dort aufhält. In beinahe jeder Literatur geht es immer auch über das G2 hinaus. Hier litt der Ton, aber vor allem wurde das Spielen eine Mühsal. Die Zuverlässigkeit der Tonproduktion war nicht mehr in gleichem Maße gegeben wie darunter, die Töne tendierten nach unten und natürlich kostete das Gegensteuern viel Kraft.

3,4 Millimeter misst die Bohrung. Das ist weniger als bei einem Bach 7C mit 3,66 mm. Das dürfte der Ausdauer und Höhenleistung zugute kommen.

Anders – wenn auch nicht vollkommen anders – verhält sich nun schon seit vier Monaten dieses JK 205-2. Es klingt weich und warm, lässt sich aber auch bis in die höhere Lage noch gut bewegen (mehr Gegendruck durch eine kleinere Bohrung?). Klar, ein Lead-Mundstück ist es nicht (das wird im Video deutlich bei Shakes, Attacks u.ä.), kann es aber auch nicht sein, da sich die Physik nicht überlisten lässt. Dennoch geht es für den TrumpetScout auch weit bis über das C3 hinaus und klingt dabei nicht schrill oder gar ohrenbetäubend. Eher so, wie man es sich für ein Jazz-Solo mit Ausflügen in die obere Lage eben erwartet. Es sollte aber auch im Orchestergraben nicht deplatziert erscheinen.



Interessant für den Jazz-affinen Spieler ist die Annahme von verschiedenen Spieltechniken. Für den TrumpetScout sind nach Jahren des Probierens eher die Equipment-Kombinationen für Subtones (also das rauschige Spiel) geeignet, die man auch für den „spitzen“ Einsatz wählen würde: kleine Ventilbohrung und flaches Mundstück. Während der letzten Tage mit einer über 80 Jahre alten Conn (Medium Large Bore) und eben dem JK 205-2 stellte sich dieses Gespann als äußerst tauglich für den luftigen Chet Baker- und Till Brönner-Sound heraus. Dennoch beherrscht das Duo auch den klassischen Blechblas-Klang. Der Großteil der Meriten gebührt dabei wohl dem deutschen Mundstück.

Ironie der Güte: Das JK 205-2 ist ein günstiges Mundstück

Mittlerweile ist das Mundstück bereits drei Mal auf dem Boden gelandet und hat sich am Stengelausgang verformt. Der Einsatz einer gespreizten Zange konnte das nicht ungeschehen machen. An der Funktionstüchtigkeit hat das aber nichts geändert. Ein buchstäblicher Wertverfall sollte aber gewiss sein. Egal, denn das Mundstück kostet momentan versilbert (entgegen anderer Klier-Modelle dürfte es über Shops gar nicht anders erhältlich sein) lediglich knapp über 30 Euro. Da fiel es dem TrumpetScout nicht schwer, sich der „Liebe auf den ersten Messingkuss“ hinzugeben.

Eine Narbe blieb nach dem letzten Plumpsen aus Brusttaschenhöhe auf den Holzboden.

Da nach der Veröffentlichung eines Outtakes des oben implementierten Videos die Frage nach dem Aufnahme-Equipment aufkam: Es handelt sich beim „Studio“ lediglich um die elterliche Waschküche und ein – zugegebenermaßen feines – Smartphone vom Modell Samsung Galaxy S7, das ohrenscheinlich über gute, stereotaugliche Mikrofone verfügt. Gespielt wurde auf einer Conn 8B aus dem Jahre 1934.

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