Mit 5 einfachen Regeln auf Anhieb ein besserer Trompeter werden

Ein besserer Musiker werden – das möchte jeder von uns. In unserem Kopf ist diese Entwicklung aber unweigerlich verbunden mit Mühe und Geduld, da die meisten Verbesserungen viel Zeit brauchen und die hin und wieder auftretenden spontanen Leistungssprünge in der Regel auch lange auf sich warten lassen. Dennoch: Es gibt echte Soforthilfen.

Wer sich nun Tipps erwartet, wie man mit einmal Augenzwinkern doppelt so laut und drei Mal so lange spielen kann, eine halbe Oktave nach oben dazu gewinnt oder „The Green Hornet“ in ICE-Tempo durchrattert, der stellt die Seriosität dieser Webseite in Frage. Ausnahmsweise wird es nun aber ernst.

Gibt es echte Shortcuts?

Glaubt man Blaise Bowman, der den unterhaltsamen, aber (hoffentlich) nicht ganz ernsthaften Youtube-Kanal TrumpetHacks betreibt, gibt es dennoch Kniffe, die zu einer Leistungsexplosion innerhalb von Minuten führen können, wie z.B. ein labial aufgetragenes Aspirinpulver:

Der TrumpetScout sieht hier gehörige Anleihen in der US-amerikanischen Commercial TV-Tradition: Wiederholungen und Wirkungsbezeugungen, die für europäische Sehgewohnheiten die Grenze zur Satire deutlich überschreiten. Der Glaubwürdigkeit tut das wohl keinen gefallen, dem Schmunzeln vielleicht schon.

Auch Hersteller von Trompeten und Mundstücken versprechen zwar vereinzelt mehr Höhe und tatsächlich kann eine Trompete z.B. Intervallsprünge vereinfachen und das richtige Mundstück zu mehr Volumen, Penetranz und dem Ausschöpfen des eigentlichen Potentials führen. Doch genau das ist der Punkt: Besseres Equipment macht einen nicht besser, es ist lediglich so, dass einen schlechtes Equipment ausbremst. Ein guter Rennfahrer ist nicht per se weniger gut, wenn er in einem schwächeren Auto fahren muss, nur weniger schnell. Gehen wir also theoretisch davon aus, dass wir alle im gleichen und dem aktuell besten Wagen unterwegs sind. Jetzt kommt es also nur auf die individuellen Fahrkünste an.

Fortschritt als Musiker, nicht nur als Trompeter

Nun ist es aber so, dass nur die wenigsten Trompeter alleine Musik machen. Wir spielen außerhalb des Übezimmers fast zu 100 Prozent in einem Ensemble. Sei es mit einem Duettpartner, in einem Jazz-Quartet, einem Blechbläserquintett, einer Big Band oder einem großen Orchester. Da ist das Zusammenspiel oft viel wichtiger als die individuelle Stärke. Häufigste spürbare persönliche Limitierung ist für uns Trompeter dann zumeist die Ausdauer. Denn virtuose Solostellen gibt es nicht in jedem Stück und können teilweise auch vereinfacht werden. Ist ein Part zu hoch, kann man ihn eigentlich auch eine Oktave tiefer spielen, ohne dass alles gleich charakterlos klingt. Trotz der überschaubaren Herausforderungen im Spielalltag passieren in vielen Amateurgruppen verhältnismäßig oft vermeidbare Fehler, die dann das Gesamtergebnis dennoch erheblich trüben. Natürlich kann es immer einen Kiekser oder einen Vergreifer geben und natürlich kann einem Nervosität einen Strich durch die Rechnung machen. Man kann mit einfachsten Mittel aber strukturell die Weichen auf bestmöglichen Spielerfolg stellen. Hier sind die Top 5 – simpel aber so effektiv:

1. Benutze einen Stift!

Die Feder ist mächtiger als das (Blech-)Schwert. Das weiß man spätestens seit dem dritten Teil von Indiana Jones. Vor allem sind damit festgehaltene Informationen sicherer fixiert als angeblich gemerkte. Deshalb kann es der TrumpetScout nicht verstehen, warum man in eine Probe gehen kann, ohne einen Bleistift dabei zu haben. Vor allem, wenn es nur wenige Proben gibt, sind Anmerkungen zu den Noten extrem wichtig. Diese Töne bitte kurz! Notiert. Diesen Teil bitte wiederholen! Notiert. Im Dal Segno in die zweite Klammer! Notiert. Hier Swing, vier Takte danach gerade, dann vier Takte und wieder Swing. Notiert! Diesen Ton on cue. Notiert. Auf dieser Silbe sind wir auf der Eins. Notiert. Und so weiter und so fort.

Auch zur individuellen Fehlervermeidung dient ein Stift hervorragend. Wenn nach einem Tonartwechsel ein Vorzeichen noch aus der alten Tonleiter mitgenommen wurde – sofort einen Auflöser hineingemalt! Es fällt keinem ein Zacken aus der Krone, wenn man irgendwo ein Kreuz einfügt, auch wenn es nach den Regeln der Notation nicht nötig wäre. Wenn es dazu dient, richtig zu spielen, ist es mehr als willkommen, ja, sogar notwendig. Aus dem Publikum sieht keiner die Noten. Aber man hört von dort, wenn ein falscher Ton gespielt wurde. Wer aus Faulheit, Nachlässigkeit oder auch falschem Stolz keine Notizen macht, riskiert sehenden Auges Fehler und ganz sicher die Entspanntheit, die einem Notizen ermöglichen, da man das An-alles-denken-Müssen an das Papier outsourct. Gerade bei Top-Profis sehen deshalb die Notenblätter immer aus, als hätte ein Lektor seiner Korrekturlust freien Lauf gelassen. Das bedruckte Papier ist prinzipell nur ein Ausgangsmaterial und will geradezu noch adaptiert werden – weil man es als Spieler braucht und weil das Ensemble immer auch eine eigene Fassung vorträgt.

2. Mund zu, Ohren auf!

Das klingt nun schon ein bisschen nach Oberlehrer, aber in einer Ensemble-Probe können nicht alle ihre Meinung kundtun, schon gar nicht in einer größeren Band. Der TrumpetScout hat vornehmlich Big Band-Erfahrung, weiß aber, dass das Problem des Schwatzens im klassischen Orchester und auch in der Blaskapelle bei Weitem nicht so groß ist. Doch es gilt in jeder Probe – nicht nur um die Nerven und Stimme des musikalischen Leiters zu schonen, sondern die Probezeit effizient zu nutzen -, zu spielen, aufzuhören, sobald abgewunken wird (wer kennt nicht die ewigen „Nachspiele“ mancher Kollegen?) und dazwischen dem zu lauschen, was angesagt oder erklärt wird. Als Trompeter kann man eine schwer zu greifende Passage mit den Fingern durchgehen, ohne dass man die Kollegen stört. Lautes Üben sollte aber tabu sein, genauso wie Quatschen im Fortissimo. Nicht nur wegen des Respekts den Kollegen gegenüber. Wer nämlich bewusst dem zuhört, was der Dirigent sagt oder ein anderer Satz gerade spielt, weiß immer auch, wo man gerade ist und kann die Anweisungen bzw. das Vorgespielte auch auf seine eigene Stelle übertragen, bevor dort später interveniert werden muss.

 

3. Spiel dynamisch – und übertreib‘ es dabei!

Technisch betrachtet ist Musik in verschiedenen Dimensionen miteinander vergleichbar: Man kann eine Melodie schnell spielen oder auch langsam (Tempo), hoch oder tief (Lage), gebunden oder gestoßen (Artikulation) oder laut und leise (Dynamik). Die am einfachsten zu realisierende Variation ist im Bereich der Dynamik gegeben – fast jeder kann laut und leise spielen. Die Kategorie der Lautstärke ist zudem besonders effektvoll. Was will man mehr? Große Wirkung zum kleinsten Preis!

Das Problem bei vielen Trompetern ist leider die Einstellung: Leise spielen sollen doch die anderen. Und ja, wir spielen von uns weg und auf die anderen und das Publikum zu. Das macht das Monitoring auch nicht einfacher. Es hilft dabei Disziplin und/oder das Hören von Musik, die gerade von solchen dynamischen Unterschieden lebt: Count Basie und seine Band waren ein Paradebeispiel dafür. Man muss also die Seiten wechseln, um zu verstehen, wie wichtig für alle Musiker, aber eben speziell für die Trompeter, das akkurate Umsetzen von Lautstärkeangaben ist. Dabei gilt: Übertreibung ist Trumpf. Wer bei jedem Mezzo Forte ein Piano denkt, macht nichts verkehrt. Je krasser die Differenzen im Spektrum sind, desto interessanter wird die Musik. Und „unten“ vor der Bühne sind die Unterschiede sowieso nicht so spürbar, wie man sie hinter dem Pult wahrzunehmen glaubt. Als Pendant zum Overacting der Schauspieler könnte man von der Notwendigkeit eines Overdifferenciating bei den Musikern reden. Ersteres ist zwar aus technischen Gründen aus der Mode gekommen, letzteres sollte hingegen auch in Zeiten der Radio-Lautstärkennivellierung geehrt werden.

4. Spitze auch beim Spielen deine Ohren!

Wie gesagt, meistens spielt man als Musiker in einem Ensemble. Es geschehen also Dinge um einen herum, in die man sich einfügen muss. Das heißt, manchmal ist Dominanz gefordert, manchmal aber auch Unterordnung. Man muss sich die Frage stellen, was im Augenblick die eigene Rolle ist: Begleitung oder Führung? Spiele ich Backgrounds hinter einem Solo oder einem Gesangspart in einer Big Band oder führe ich das Bandsolo oder muss den Leader in meinem mit genügend Lautstärke an einer Unterstimme unterfüttern? Das gleich gilt in einer Blaskapelle (wenngleich dort die Notation oft akkurater gestaltet ist). Melodie, Gegenstimme oder nur Harmoniebaustein?

Wer von der Schwierigkeit der „nackten“ Umsetzung der Noten derart in Anspruch genommen wird, dass er wie in einem Tunnel spielt, der kann seine Fühler schwer auf sein Umfeld richten. Die meisten aber beherrschen die Literatur doch soweit, dass es eher eine Frage des Wollens als des Könnens ist, wenn es darum geht, die Spielsituation zu erfassen. Dann muss man sich nur einmal klar machen, dass man nicht nur „seinen Stiefel herunterleiert“, sondern beginnt, mit und nicht gegen die anderen zu spielen.

5. Folge deinem Führer!

Okay, angesichts der deutschen Geschichte ist dies natürlich ein plakativer Aufruf. Dennoch reden wir eben von Satzführer und Section Leader. Das sind diejenige, die die erste Stimme ihrer Instrumentengruppe spielen. Damit kommt ihnen die Verantwortung für die Interpretation zu. Es nützt aber nichts, wenn sie dieser Verantwortung zwar gerecht werden, in dem sie dynamisch und stilistisch vorangehen, ihnen aber keiner folgt. Dabei spielt es keine Rolle, ob man sich nun in der Klassik oder im Jazz bewegt und es spielt auch keine Rolle, was in den Noten steht. Dem „Spielführer“ wird gehorcht; so wie er es vormacht, so wird es nachgemacht (im Idealfall spielt er natürlich konstant). Spielt er ein Stakkato, spielen alle ein Stakkato. Spielt er ein Pianissimo, spielen alle ein Pianissimo. Atmet er, atmen alle auch dort. Wer hier an dem festhält, was er für richtig hält, handelt gegen das Mannschaftsgefüge und damit leider gegen die Musik, denn nichts ist schlimmer als ein uneinheitlich aufspielender Satz. Und wer sich dann noch argumentativ darauf stützt, dass er nur das umsetze, was in den Noten stehe, agiert nicht gewissenhaft, sondern kindisch. Siehe oben: Die Noten sind – selbst in der Klassik! – nur ein Vorschlag, eine Basis. Die Musik daraus machen die Musiker, insbesondere die Lead-Player.

In einer Section ist so etwas wie Gleichschaltung ausnahmsweise sinnvoll. Das geht nur über eine Hierarchie. Oder wie Duke Ellington einmal formullierte: „Es darf auf der Bühne nur einen Gedanken geben.“ Aber auch ohne Satz muss man hören, was um einen herum passiert und darauf reagieren.

Nichts geübt, aber trotzdem deutlich besser geworden

Wer diese fünf simplen Regeln befolgt, wird sein Ensemble verbessern, ohne nur eine einzige Extra-Übeeinheit eingelegt zu haben. Er muss sich im Ernstfall nur daran erinnern und halten. Wenn sich das ganze Orchester dazu aufraffen kann, diese fünf Tipps zu beherzigen, dann wird es sprunghaft um Klassen besser werden. Der Bleistift ist dabei ein guter Anfang. Mit ihm kann man sich dann die anderen Regeln vielleicht auch hinter die Ohren schreiben. Ohne die geht sowieso nichts.

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