Roh, lackiert, versilbert oder doch vergoldet – welches Finish ist das beste?

Betrifft die Oberfläche der Trompete nur deren Optik oder auch den Sound und das Spielverhalten? Der TrumpetScout erläutert die tatsächlichen Zusammenhänge zwischen Finish und Klang bzw. Ansprache und erklärt die unterschiedlichen Methoden von Lackierung und Galvanisierung.

Ließe man ein Kind von einem Tisch mit vier gleichen Trompeten – jedoch mit unterschiedlicher Oberfläche – seinen intuitiven Favoriten wählen, so dürften Gold und Silber ganz vorne rangieren und die stumpfe rohe Trompete ganz am Ende. Der schöne Schein ist einfach sehr anziehend. Genau von dem will sich der TrumpetScout aber nicht blenden lassen und untersuchte deshalb im Feldversuch den Effekt unterschiedlicher Oberflächenbehandlungen.

Natürliche Nacktheit: das unverhüllte Blech

Die nächstliegende Oberfläche für ein Instrument scheint die natürliche zu sein. Eine Klarinette aus Holz ist auch nach außen hölzern und eine Trompete aus Blech eben blechern, oder? Nein, dem ist aber nicht so. Blechblasinstrumente sind in den meisten Fällen (eine Statistik hierzu ist jedoch nicht verfügbar) umgeben von einem Schutzmantel. Das hat den Grund, dass sowohl das Blech vor Umwelteinflüssen geschützt werden muss (Handschweiß, Speicheltröpfchen, Regen, Sauerstoff etc.), die eine Korrosion vorantreiben und die Optik verändern, und die Umwelt vor dem Blech – denn eine unlackierte Trompete riecht tatsächlich „blechig“ und kann das Klima eines kleinen Raumes schnell verpesten.

Wenn eine Trompete roh ist, kann das drei Gründe haben: Entweder hatte sie nie einen Lack oder der wurde absichtlich entfernt oder aber die Schutzschicht hat sich nach Jahrzehnten einfach abgelöst.

Doch lassen wir die Optik und die Konservierungsbemühungen einmal außer Acht: Das nackte Instrument bietet die puren Klang- und Spieleigenschaften, schließlich beeinflusst nichts die Schwingungen des Korpus. Pur heißt aber nicht zwingend gut. Ein direktes Abgasrohr aus einem Verbrennungsmotor ist schließlich kaum auszuhalten. Erst mit einer gewissen Führung ergibt sich ein Klang, den man als schön empfindet. (Aber auch hier sind die Geschmäcker verschieden.) Es gilt aber festzuhalten, dass eine bestimmte Trompete mit einer festgelegten Konfiguration dann am freiesten schwingt, wenn sie „roh“ geblasen wird (dieser Begriff sei hier unbedingt eingeführt, da im Englischen sehr häufig von „raw brass“ die Rede ist).

Die lackierte Trompete: von luftgetrocknet bis gebacken

Die wahrscheinlich häufigste Ausführung bei Blasinstrumenten (und – wohl aus Kostengründen – mehr noch im tiefen als im hohen Blech) ist die mit einem Lack-Finish. In der Regel wird dabei das Blech aufpoliert, bis es glänzt, dann entfettet (mit Dampf oder Ultraschall) und anschließend mit einem Lack versehen.

Hier gibt es mehrere Varianten: Entweder man benutzt einen Klarlack, der absolut transparent ist und somit Materialunterschiede bei den Rohren nicht verdeckt, oder einen Lack mit Farbkomponente. Am häufigsten kommt im zweiten Fall ein Goldlack zum Einsatz, doch auch auffälligere Farben wie Rot, Grün, Blau oder auch Schwarz sind hin und wieder zu sehen.

Am Haken – diese lackierten Blechblasinstrumente warten darauf, im Ofen eine solide Kruste zu erhalten. Hier härtet der Lack bei erhöhter Temperatur aus. Foto: Haagston

Eine weitere Unterscheidung muss beim Trocknungsprozess gemacht werden. Während manche Hersteller auf eine natürliche Trocknung des Lacks setzen, brennen ihn andere regelrecht ein. Laut eines österreichischen Herstellers geschieht das zumindest bei 45 Minuten lang bei 160°C. (In diesem Fall kann man verstehen, warum nun nicht mehr vom Rohzustand des Instruments gesprochen wird!) Der Vorteil ist angeblich eine größere Resistenz. Vermutlich verbindet sich die Oberflächenschicht durch das Hochgeschwindigkeitstrocknen besser mit dem Untergrund. Auch können keine Studien angeführt werden, jedoch gibt es Indizien in Form von Nutzerberichten für einen tatsächlich schnelleren Verschleiß bei luftgetrockneten Lacken.

Ausschlaggebend für schnelleren Abrieb könnte hier aber auch die Dicke der Lackschicht sein. Prinzipiell ist man bemüht, diese dünn zu halten, um wiederum das Schwingungsverhalten nicht mehr zu beeinflussen als es der Korrosionsschutz unbedingt erfordert. Eine Lackschicht bei der Trompete ist deshalb, wenn ordentlich gemacht, viel dünner als die Klarlackschichten auf einem Auto.

Beiträge wie dieser sind sehr aufwendig. Bitte unterstütze TrumpetScout bei der Arbeit – schon 5 Euro helfen enorm: paypal.me/trumpetscout

Wie groß der spielerische Unterschied zwischen einer luftgetrocknet und einer gebrannt lackierten Trompete ist, lässt sich für den TrumpetScout nicht sagen – er hatte noch nie zwei gleiche Modelle mit unterschiedlichen Lackierungen in der Hand. Ähnliches gilt aber auch für den Unterschied zwischen roh und lackiert. Zwar ließ der Autor dieser Zeilen schon mehrere Trompeten entlacken, aber der direkte Vergleich ein und desselben Instruments einmal mit und einmal ohne Lack kann immer nur mit größerem zeitlichen Abstand erfolgen. Ein Wechsel von hier nach da mit nur wenigen Sekunden Mundstückumsteckpause ist per se nicht möglich und damit leidet auch die Vergleichbarkeit. Dennoch: Es dürfte einen Unterschied geben. Indizien sind die vielen subjektiven Stimmen, die auffallend viele Jazzer mit einer entlackten Trompete und das oben beschriebene Axiom „roh schwingt am meisten und je dicker und steifer die Beschichtung, desto mehr wird sie gedämpft“. Auf der anderen Seite müssen auch die Stimmen gehört werden,die sagen, dass lackierte Trompeten den rohen klanglich und spielerisch am nächsten stehen.

Silber, Gold etcetera: Metall auf Metall – galvanisierte Trompeten

Eine andere Methode, um das Blech zu beschichten, bietet die Galvanotechnik. Hierbei wird ein Stoff nicht mechanisch aufgetragen wie bei einem Lack, sondern elektrochemisch „belegt“. Mittels Elektrolyseverfahren legt sich eine eigene Metallschicht auf dem Metall des Instruments an, das selbst und als ganzes in einem Elektrolytbad hängt und als Kathode (also quasi als Minuspol) fungiert. Die entsprechenden Metallionen wandern dann unter einer angelegten Spannung aus der (Silber-, Gold- etc.)Lösung an die Oberfläche des Instruments.

Bei der Galvanisierung legt sich an der Kathode ein Metall aus dem Elektrolytbad an. Diese ist das zu beschichtende Instrument, Mundstück o.ä. selbst. Foto: Wikipedia

Kurzer Exkurs: Es gab mit den Coprion-Bechern von Conn sogar Schallstücke, die komplett per Elektrolyse entstanden. Es wurde auf eine Form also so viel Material angesetzt, dass dabei eine Schicht entstand, die so stark war wie ein normales Blech. Diese Trichter wiesen durch das spezielle Herstellungsverfahren natürlich keine Lötnähte auf.

So dick wird Silber bei der Trompete aufgetragen

Kommen wir nun zur wahrscheinlich populärsten Oberflächenbehandlung bei der Trompete nach der Lackierung: Das ist die Versilberung. Laut einem Galvanisierungsbetrieb mit viel Erfahrung auf dem Gebiet der Blasinstrumentenbeschichtung wird Silber bei der Trompete in einer Stärke von 25 bis 30 Mikrometer aufgetragen (wobei Schichtdicke auch schwanken kann und manche Unternehmen auch eine dünnere Schicht anbieten). Ein Mikrometer (1 μm) ist ein Tausendstel Millimeter. Diese wirklich nur hauchdünne Silberschicht von (anders dargestellt) 0,025 bzw. 0,03 mm wiegt dennoch 25 bis 30 Gramm. Wer zumindest den TrumpetScout-Artikel zum Thema Gewichtsreduktion und -zunahme gelesen hat, weiß, dieser Zuwachs ist nicht zu unterschätzen.

Das Besondere an diesem Plus auf der Waage ist – anders als bei der punktuellen Wirkung z.B. eines Heavy Caps – seine flächige Qualität. Jede Stelle des Instruments ist minimal stärker, was an Abschnitten getestet sicher nicht zu registrieren wäre. In Summe zeigt sich aber doch ein Effekt.

So groß ist der Unterschied zwischen Lack und Silber

Der deutsche Hersteller B&S stellte für einen sauberen Vergleichstest zwei Challenger I-Trompeten der gleichen Serie zur Verfügung. Eine war lackiert, die andere versilbert. Vorweg: Der TrumpetScout erwartete keinen großen Unterschied und hätte das sogar gerne berichtet, weil man dann künftig ausschließlich nach ästhetischen oder preislichen Kriterien die Entscheidung zwischen Silber und Lack treffen könnte. Doch es kam alles anders…



Bereits beim ersten Vergleichsblasen war ein Unterschied in der Ansprache und viel mehr noch beim Klang zu vernehmen, sowohl hinter als auch vor dem Instrument (und letzteres ist eigentlich das, was zählt). Noch nie hat ein Vergleichstest bei Testhörern solche Reaktionen hervorgerufen (auch wenn der Unterschied im Video nicht so groß ist wie live und im gleichen Raum)! Die Lackierte ist im Vergleich mit der Versilberten geradezu „böse“. Sie produziert Frequenzen, die je nach Lage durchaus für manche nicht Scream-verliebten Ohren unangenehm sein können (der eine sagt lebendiger, der andere giftiger), ist auch lauter und spielt sich freier bzw. spricht besser an. Die Schwester im edleren Kleid dagegen ist disziplinierter und kompakter im Klang. Man hat das Gefühl, das Silber hält den Ton strenger zusammen und somit die ganze Trompete besser im Zaum. Auch der Widerstand erhöhte sich durch die Galvanisierung merklich.

Ein Blindtest auf Facebook offenbarte aber, dass die mit einem bestimmten Finish verknüpften Vorstellungen unterschiedlich sind: Einige Hörer ordneten den Silberklang der Lack-Trompete zu und andersherum. Silber leuchtet optisch zwar heller, klingt aber dunkler, feiner und weniger aggressiv. Die beiden Testtrompeten unterscheiden sich aber wie gesagt auch gewichtsmäßig deutlich. Die lackierte Challenger I wiegt 1.101 Gramm und die in Silber 20 Gramm mehr.

Und wie klingt eine vergoldete Trompete?

Die teuerste Form der Beschichtung ist eine Vergoldung. Vergoldung bedeutet aber nicht einfach nur Gold auf Messing oder Kupfer, sondern in aller Regel: erst Versilberung (siehe oben) und dann eine Goldschicht on top. Zu den 25 μm Silber kommen dann noch einmal 2 bis 3 μm Gold (was ungefähr 6 Gramm entspricht). Gold alleine in einer Stärke, die sich nicht sofort abreibt, wäre sehr teuer, weshalb man die Goldschicht unterfüttert. Der TrumpetScout hat die Schwäche einer dünnen Goldschicht solo schon selbst miterlebt, allerdings nur bei einem Mundstück. Die Beschichtung war auf dem Rand innerhalb kürzester Zeit durch die Bartstoppeln bis auf das Messing abgerieben. Es folgte zwei Mal ein Umtausch auf Kulanz. Später wurde klar: Unter dem Gold war keine Silberschicht.

Vergoldete Trompeten kommen in der Klassik zum Einsatz. Foto: Brassego

Zum Klang lässt sich wenig Empirisches sagen: Der Vergleich zwischen Lack, Silber und Gold ist faktisch schwer durchzuführen, da wohl kaum ein Hersteller alle drei Varianten im regulären Sortiment und dann noch in drei Instrumenten aus der gleichen Serie vorrätig hat. Gold ist ein exklusives und teures Finish, das gefühlt jedoch oft in der Klassik anzutreffen ist (vielleicht können die Klassiker das in den Kommentaren bestätigen oder widerlegen). Der TrumpetScout besaß nur einmal eine vergoldete Trompete (eine Stomvi Mambo) und von der lässt sich schlecht auf etwas Allgemeingültiges schließen. Probieren wir es über die Theorie und gehen zurück zum Axiom: Noch mehr Beschichtung und Gewicht heißt noch weniger Schwingung. Der Ton dürfte noch weniger wild und ungezähmt sein als beim Silber und noch dunkler. Manch einer ist vielleicht geneigt, das Attribut wärmer zu verwenden – doch das klingt dann schon wieder nach optischer Täuschung.

Experimentelle Galvanik: Nickel und andere Metalle auf der Trompete

Dank der Galvanik lassen sich viele verschiedene Beschichtungen aufs Blech zaubern. Aktuell nur noch selten anzutreffen ist eine Vernickelung, und nicht nur, weil Nickel allergen ist. Es ist ein sehr hartes (und deshalb auch sprödes) Metall, das den Klang sehr dominiert. Eine Trompete wie die berühmte Conn Connstellation, das Paradebeispiel für ein Nickelhorn und gut erkennbar am typischen „getönten Silberglanz“, ist klanglich nicht besonders formbar und sehr dunkel. Man kann allerdings eine Trompete aus Gelbmessing ein wenig zähmen, wenn man sie verkupfert. Anscheinend macht das Schilke bei einigen seiner Modelle. Auf das Messing kommt Kupfer und dann das Silber, ohne das kein Instrument der Amerikaner das Werk verlässt. Hier ist viel denk- und machbar. Alleine das Experimentieren ist teuer.

Die Connstellations 36B und 38B sind die berühmtesten und am weitesten verbreiteten vernickelten Trompeten.

Das Finish der Trompete – auch eine Frage des Preises

Und damit sind wir beim Kapitel des Preises angelangt. Entlacken (falls man das Instrument nicht roh kaufen kann) ist mit um die 100 Euro günstig. Lackieren (alleine) kostet sogar ein bisschen weniger, wobei man hier sehen muss, bei welcher Basis man beginnt: In der Regel wird ein Instrument vor dem Lackieren erst ausgebeult und dann vor allem poliert, bevor es in die Entfettung geht.

Einen deutlichen Preissprung gibt es beim Galvanisieren: Hier sind wieder die Vorarbeiten zu erledigen und dann kostet alleine die Versilberung ab 300 Euro und die Vergoldung ab 200 Euro (immer abhängig vom aktuellen Rohstoffpreis und der Schichtdicke) extra. Summa summarum können mit Vorarbeiten schnell Beträge zwischen 500 Euro (Lack) und über 1.000 Euro (Galvanisierung) ausgegeben werden.

Wer sich eine neue Trompete kauft und die Chance hat, die Unterschiede zu erhören und zu erspüren, der soll sich auf jeden Fall für das richtige Finish ab Werk entscheiden (diese Wahl ist übrigens nicht leicht: Der TrumpetScout schwankte während des Tests öfter hin und her). Eine Yamaha 3335 z.B. kostet lackiert 600 Euro und versilbert nur 90 Euro mehr. So günstig bekommt man das Glitzerkostüm im Nachhinein nicht mehr.