Signature-Battle: Van Laar Chuck Findley vs. Schagerl James Morrison

Viele Trompeten der gehobenen Preiskategorie werden in enger Zusammenarbeit mit einem speziellen Trompeter entwickelt. Manchmal heißen diese Modelle dann auch wie ihre Paten. In einem Doppeltest kümmert sich der TrumpetScout um die Trompeten von Chuck Findley und James Morrison.

Signature oder auf Deutsch: Signatur, das ist die Unterschrift. Ein Signature-Horn trägt also die Handschrift eines bestimmten Musikers. Und das bedeutet im Grunde sogar zweierlei: Erstens bringt die Trompete ganz spezielle, für den namensgebenden Musiker passende Eigenschaften mit. Mit seiner Unterschrift im übertragenen Sinne (oder im Falle der Van Laar sogar tatsächlich) bürgt der Musiker zweitens auch für diese Eigenschaften. Warum man das macht? Klar, es kommt bei Käufern gut an! Prominente Beispiele gibt es deshalb zuhauf: Die Benge Claude Gordon, die Olds Clark Terry, die Getzen Eterna Severinsen, das Holton Maynard Ferguson Horn, und in jüngerer Vergangenheit die Yamaha 6330 Till Brönner, die Schilke S42 Jon Faddis oder die Schagerl Roman Empire – um nur einige wenige zu nennen.

Zwei echte Signature-Trompeten

Nun weiß jeder, dass was dem einen passt, den anderen zwickt. Das ist bei Trompeten nicht anders wie bei Tennisschlägern oder Sonnenbrillen. Dennoch ist es äußerst interessant, zu erkunden, was denn der eine oder andere Trompeten-VIP als für sich goldrichtig erachtet. Voraussetzung ist dabei natürlich, dass die Trompeten, die man als Signature-Modelle feilgeboten bekommt, auch weitestgehend denen entsprechen, die die Signaturgeber selbst spielen. Weil man das aber nie bis zur letzten Schraube oder Feder sagen kann, geht dieser Test einfach davon aus, dass das Grund-Setup von Prototyp und Serienmodell identisch ist.

Quasi mit Unterschrift des Meisters.

Hub van Laar vs. Schagerl

Bei diesem Eins-gegen-Eins stehen nun zwei aktuelle Signature-Trompeten auf dem Testplatz. Aktuell soll heißen: Die Namensgeber sind noch aktiv und die Unternehmen, die die Instrumente bauen, sind vergleichsweise jung. Hub van Laar aus Holland gründete seine Manufaktur 1990. Ein Jahr zuvor übernahmen die Schagerl-Söhne aus Österreich den ehemaligen Musikalienhandel und begannen bald darauf selbst mit der Herstellung von Blasinstrumenten.

Chuck Findley vs. James Morrison

Beginnen wir mit den Anforderungen an die eigenen Instrumente. Chuck Findley ist der Studioveteran schlechthin und spielt(e) einfach alles, was man auf der Trompete in einem großen populären Kontext spielen kann: von Funk bis Big Band, von orchestraler Filmmusik bis zum sentimentalen Solo. Eine universale Trompete ist also gefragt. James Morrison ist eher Solist und das vornehmlich im Bereich Jazz. Da er stets eigentlich mit eigenem Trailer für die unzähligen Instrumente, die er neben der Trompete beherrscht, unterwegs sein muss, ist die Maßgabe ‚Eine für Alles‘ bei ihm wohl nicht vorrangig. Aber machen wir uns auch nichts vor: Einer wie James Morrison kann alles auf fast jeder Trompete spielen. Dennoch: Gewaltiger Sound und eine extreme Range sind sein Markenzeichen. Das sollte eine Trompete natürlich unterstützen.

So sind die beiden Signature-Trompeten gebaut

Die beiden Trompeten haben zunächst einmal viele Gemeinsamkeiten: Beide verfügen über einen traditionellen doppelt männlichen Stimmzug mit einer Stütze (auch wenn auf der Webseite von Van Laar teilweise Bilder mit zwei Stützen angezeigt werden), konventionelle Wasserklappen, einen dritten Ventilzug mit zwei Stützen und einer Stopperschraube, ein extra langes Verbindungsstück zwischen Ventilstock und Schallbecher und danach über ein ähnlich großes bzw. verlaufendes Schallstück (Trichterdurchmesser 122 mm bei der CF und 123 mm bei der JM). Zudem sind alle Zuganschläge umgestülpt, selbst beim zweiten Ventil. Man erkennt eine gemeinsame DNA: Die Chuck Findley ist von Findleys langgedienter Calicchio abgeleitet und auch Schagerl hat sich in seinen ersten Jahr(zehnt)en gerne an Calicchio und Benge orientiert. Was weniger mit dem konzeptuellen Ahn zu tun hat: Bei beiden Modellen ist die Ventilbohrung ähnlich groß. Schagerl setzt auf das 11,68er Maß, bei van Laar ist es ein 11,70er. Die oberen Ventildeckel sind übrigens auch in beiden Fällen plan gefertigt und auch die Drücker kommen bei beiden Trompeten ohne (Perlmutt-)Einlage aus.

Hier die Hub van Laar Chuck Findley…

Die Unterschiede überwiegen aber doch. Einmal abgesehen davon, dass die getestete JM lackiert ist und die CF standardmäßig vergoldet, fällt eines sofort auf, und das ist die Differenz auf der Waage. Die Chuck Findley ist mit 1.017 Gramm (wohlgemerkt vergoldet) bereits leicht – aber trotzdem deutlich schwerer als die James Morrison mit lediglich 974 Gramm. Damit ist sie ein echtes Fliegengewicht. Das überrascht, zumal die Wandstärke mit 0,5 Millimeter keineswegs typisch für Trompeten im dreistelligen Grammbereich ist und auch die Neusilberaußenzüge, die keineswegs schlanke Stütze im Stimmzug sowie andere optische Auffälligkeiten wie die Stopperschraube oder das Kupplungsstück zum Becher ebenfalls einen anderen Eindruck erwecken. Ursache für das geringe Gewicht dürfte der Ventilstock oder gar nur die Kombination aus Zylinder und Kolben sein. Van Laar attestiert der Chuck Findley gerade heraus, dass sie um eine Lightweight-Maschine herum gebaut ist. Hier dürfte sich also noch eine Ähnlichkeit verstecken.

…und hier die Schagerl James Morrison aus der Meisterserie.

Gleich könnten die CF und die JM auch beim Schallstückmaterial sein. Die Schagerl gibt es nämlich standardmäßig mit einem Gelbmessingbecher, wie er bei der Van Laar immer verbaut ist. Die getestete Trompete verfügt allerdings über einen Goldmessingbecher. Genauso gestaltet sich der Unterschied beim Stimmzug. Der ist bei der CF aus Gelb- und bei der JM aus Goldmessing. Verkehrte Welt dagegen beim Mundrohr. Hier setzt Schagerl auf das für Korrosion anfälligere, aber reaktivere Gelbmessing, während Van Laar Goldmessing den Vorzug gibt.

Traditionell Conn und doch auch traditionell Schagerl sind die rechtwinkligen Stützen zwischen Becher und Mundrohr. Sie nehmen, anders als die klassische Klammer, die Diretissima zwischen den Rohren.

Zum Schluss zu den Unterschieden, die kaum ins Auge fallen. Stellt man beide Trompeten nebeneinander, wird deutlich, dass das Mundrohr der Chuck Findley ungefähr 6-7 Millimeter über das der James Morrison hinausragt und der Schallstückbogen sogar noch etwas deutlicher übersteht. Die Position des Stimmbogens ist aber annähernd gleich, genauso wie der Abstand zwischen Mundrohr und dem Rohr, das in die Maschine führt. Der Wrap auf der Seite der Haltehand ist bei der Van Laar sogar merklich größer. Das spürt man sofort beim Instrumentenwechsel. Warum diese ganzen feinen Vergleiche? Nun, sie unterfüttern den Verdacht, dass das Findley-Horn tatsächlich (in Bezug auf die gesamte Rohrlänge) länger ist als die James Morrison. Und vielleicht sogar länger als die durchschnittliche B-Perinettrompete schlechthin.

Typisch Calicchio, aber eben auch bei van Laar wiederauferstanden ist die besondere Konstruktion mit umgestülpten Anschlägen auch beim zweiten und die Arretierungsschraube beim ersten Ventilzug.

Low Pitch für Highnote-Player?

Dass die Chuck Findley der Überlänge verdächtigt wird, hat einen einfachen Grund: Sie stimmt allgemein sehr tief. Da der TrumpetScout das Problem kennt, für eine 440 Hz-Stimmung den Stimmzug extrem weit ausziehen zu müssen (d.h. um die 3 cm), dachte er sich beim Testen der Van Laar, dass sie diesem Umstand Rechnung trägt und daher insgesamt absichtlich länger gemacht wurde. Schließlich birgt ein zu weit ausgezogener Stimmzug die Gefahr, die gesamte Intonation des Instruments zu verhageln. Problem dabei ist nur, dass es zumindest für den Tester einfach zu viel der guten Idee war. Ein erster Gig litt darunter, da eine Hemmung vorhanden war, den Stimmzug ganz hineinzuschieben. Bei einem weiteren hat es dann auf Position 0 gepasst. Wohlgemerkt bei 442 Hz und mit dem flachen Mundstück. Mit einem tieferen Kessel oder bei höherer Stimmung wäre kein Spielraum mehr geblieben.

Bei dieser Van Laar musste der Stimmzug eigentlich immer ganz eingeschoben verharren. Sie stimmt insgesamt sehr tief.

Leider war das nicht die einzige intonatorische Hürde. Für den TrumpetScout waren die üblicherweise hängenden Töne D2 und D3 (mit 1 gegriffen) sehr schwer ins Stimmungszentrum zu bugsieren. Das hört man auch im Video. Diese Eigenheit haben auch die Vintage-Calicchios. Und so eine diente als Vorlage für dieses Van Laar-Modell. Hat das also System? Wollte Chuck Findley es so, da er es nicht anders gewohnt war? Das bleibt spekulativ. Beim Testmodell gab es diese Herausforderung, sie ist allerdings unter sehr offenen Trompeten keine Seltenheit.

Die große Stärke: der Sound

Der bereits erwähnte erste Gig mit der Chuck Findley brachte einige melodiöse Soli mit sich. Und da – das muss man in aller Deutlichkeit sagen – ging dem TrumpetScout das Herz auf. Diese Trompete glänzt nicht nur gülden, sie klingt auch so. Die CF hat Schmelz, ist groß, breit und warm, jedoch nicht frei von Sizzle. Dazu strahlt sie einfach sehr voll. Die Trompete klingt elegant, rund und homogen, also unbelastet von allzu vielen Rauschanteilen. Für die TS-Testhörerin ist der Sound zu kantenlos, glattpoliert. Nicht umsonst erhielt sie bald den Spitznamen „Helene Fischer“. Ein Posaunenkollege meinte, dass sie im Vergleich mit einer älteren Conn ein signifikant breites Frequenzspektrum aufweise (für den TrumpetScout besonders auch Bassfrequenzen). Dadurch sei sie präsenter, wenn auch nicht unbedingt lauter. So weit, so gut.

Als die Schagerl das Testlabor erreichte, war der Unterschied hinter der Trompete sofort zu spüren. Das Ding ist heller, schnarrender, aggressiver. Dadurch wirkt sie in höheren Lagen lauter, in der Mitte oder unten etwas zurückhaltender. Vor der Trompete ist der Unterschied zur Van Laar wahrscheinlich viel weniger groß, für den Spieler aber ist er gravierend. Man ist geneigt, der James Morrison durch ihre ‚Helligkeit‘ die Allround-Qualitäten abzusprechen, aber sie macht auch mit Subtones eine gute Figur und überzeugte andere Testhörer. Für den TrumpetScout hat die CF dennoch mehr Körper. Das extrem niedrige Gewicht der JM muss sich hier ja fast bemerkbar machen.

Die James Morrison aus dem Test hatte einen Goldmessingbecher. Es gibt sie jedoch auch in der Gelbmessingvariante.

Interessant wäre zu erfahren, wie sich die Schagerl mit Gelbmessingbecher anhört. Denn in dieser Konfiguration spielte sie Meister Morrison zunächst selbst. Erst nach drei Jahren, so Karl Schagerl, legte er sich eine JM mit rötlichem Schimmer zu – und spielt seitdem vorwiegend auf dieser. Auch Highnote-Spezialist Bryan Davis spielt die James Morrison in der red brass-Variante. Jene ist wie die Testtrompete nur lackiert, wurde aber mit Stahlfedern ausgerüstet. Der Wahl-New Yorker schneidet damit durch Wände, sagt, dass er aber genauso gut einen dunklen Sound erzeugen könne.  Für den TrumpetScout ist die JM mit Goldmessingbecher deshalb (gerade ohne die kostspielige Vergoldung) vermutlich die breitentauglichere Variante.

Ansprache und Spielgefühl von Chuck Findley und James Morrison

Beide Trompeten nehmen Luft sehr gut an. Die Chuck Findley fühlt sich noch etwas größer an als der Kontrahent im Test, was vor allem im unteren Bereich noch mehr Spaß macht, aber auch darüber hinaus allen gefallen dürfte, die stets nach einem offenen Horn Ausschau halten. Die Ansprache hingegen ist bei der Schagerl (noch) besser. Das geringe Gewicht zeigt Wirkung, und dieses Mal sehr positiv. Die Leichtgängigkeit zieht sich durch alle Register und beschert mit dem im Vergleich zur CF leicht erhöhten Widerstand auch Zugriff auf Sphären jenseits der trompetentypischen Grenze: Die Chuck Findley funktioniert innerhalb dieser sehr gut, d.h. bis zum As3 ist alles ‚drauf‘. Für den TrumpetScout (natürlich nicht für Chuck Findley!) war dann aber schlagartig das Ende der Fahnenstange erreicht. Auf der James Morrison hingegen ging es weiter über den Problemton A3 bis hin zum C. Das mag Vielen zurecht wurscht sein. Dieses Phänomen bringt einen jedoch zurück zu den anfangs formulierten Anforderungen: Morrison ist kein Lead-Player, er ist (auch) ein High Note-Solist. Und seine Signature-Trompete von Schagerl macht ihm dabei das Leben leichter. Wenn sich die TrumpetScout-Erfahrung mit diesem Modell auf andere (Amateur-)Trompeter ummünzen lässt, dann kann man sagen, die JM macht prinzipiell das Leben in der Höhe leichter, funktioniert aber im Gegensatz zu reinen Screamer-Trompeten auch in der untersten Lage fabelhaft. Weiteres Plus: Trotz des geringen Gewichts rastet die Leibtrompete des australischen Superstars sehr sicher und macht auch in Bezug auf die Intonation keine Probleme.

Das insgesamt deutlich geringere Gewicht und vielleicht auch das Mundrohr aus Messing verhelfen der James Morrison zu einer sehr guten Ansprache.

Ein vergleichender Ausdauertest wurde leider nicht durchgeführt, doch mit der Chuck Findley stand der TrumpetScout zwei zehrende Gigs erstaunlich gut durch. Eventuell punktet die leichtere James Morrison hier aber noch mehr.

Die Ventile: ein gemeinsamer Knackpunkt

Bevor es ans Bekritteln geht, muss eines gesagt werden: Beide Testinstrumente waren bereits (einige Jahre) in Gebrauch. Die Van Laar weniger als die Schagerl, doch es handelte sich in beiden Fällen nicht um werkstattneue Exemplare. Bei der Chuck Findley fiel sofort die Schwergängigkeit aller Ventile auf. Für den TS-Geschmack sollten andere Federn verwendet werden oder die Ventile schlicht besser eingeläppt werden. Ob es sich bei der verwendeten Maschine noch um eine von Bauerfeind handelt oder eine eigene, ist unklar. Das zweite Ventile ging etwas zäher und auch die anderen beiden benötigten viel Kraft, und das sollte einfach nicht der Fall sein. Ein kundiger Instrumentenmacher sollte damit aber keine Probleme haben.

Die Pumpen sind leider…

Bei Schagerl sieht es etwas besser aus, wenngleich man von einem Bach– oder Getzen-Standard auch hier weit entfernt ist. Handelt es sich bei der Testtrompete schon um eine Modell mit Ventilen ‚Made by Schagerl‘? Auch das ist unklar. Zumindest werden die für die Meisterinstrumente wohl seit einigen Jahren selbst produziert. Zu Hängern kam es jedenfalls nie, man muss aber ordentlich ölen, wenn man virtuos die Pumpen bedienen möchte.

…bei beiden getesteten Trompeten nur làlà.

Van Laar Chuck Findley und Schagerl James Morrison: die Preise

Signature-Trompeten sind niemals die günstigsten Modelle eines Instrumentenbauers. In der Regel bilden sie das obere Ende der Preisliste. Hinzu kommt, dass beide Hersteller (bei Schagerl in Bezug auf die Meisterinstrumente) keine Großserienhersteller sind, was sich sicher auf das Preisschild auswirkt. Hier also die Preise: Bei der Van Laar Chuck Findley geht es aktuell los bei 3.100 Euro (roh) und hört auf bei knapp 4.300 Euro (wie getestet mit Vergoldung). Die James Morrison von Schagerl rangiert spürbar darunter: Knapp 2.400 Euro sind für die nackte Version in Gelbmessing fällig (wie getestet mit Goldmessingbecher und Lackierung liegt der Preis bei 2.700 Euro) und mit Vergoldung müssen 3.300 Euro transferiert werden.

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Doch vergessen wir für einen Moment die Anschaffungskosten und schalten vom Preiskampf zurück in den qualitativen Battle-Modus: Von der Spielbarkeit her – also Ansprache, Einrastverhalten, Intonation und Widerstand – ist für den TrumpetScout die Schagerl eindeutig die bessere Wahl. Wäre jedoch der Sound das einzige Kriterium, dann würde der Tester am Ende sicher zur Holländerin greifen.

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What is she offering?,“Flexibility, sound, superb response“

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