Beck’s Best? Fides Beck Masterpiece Rubén Siméo & Lead

Vor mehr als vier Jahren testete der TrumpetScout zwei Fides-Trompeten von Matthias Beck aus Dettingen. Eine davon aus der Einsteigerklasse, eine aus der Business Class. Nun konnten zwei weitere Instrumente aus der schwäbischen Schmiede ausführlich erprobt werden: die Fides Beck Masterpiece Rubén Siméo und die Fides Beck Lead.

Zwischen diesen beiden Fides Trompeten liegen 1.700 Euro – obwohl beide aus der hauseigenen Profiliga stammen.

Von knapp unter 2.000 Euro auf knappe 4.000 Euro – das ist ein happiger Sprung. So stellt sich aber die preisliche Diskrepanz der vor einigen Jahren getesteten Fides Symphony BBG in Silber und einer Fides Beck Masterpiece Rubén Siméo dar. Nun, anders als beim letzten Test fährt Matthias Beck keine Zwei-Marken-Strategie mehr: Alles ist Fides Beck. Wo liegt dann der Unterschied? Die Instrumente mit dem Namenszusatz Masterpiece werden – abgesehen von der Maschine aus Stahl – komplett in Dettingen gefertigt. „Wir machen sogar jede Wasserklappe selbst“, erläutert Matthias Beck am Telefon. Klar, dass diese Meisterinstrumente deutlich teurer sind. Seine anderen Trompeten erhalten übrigens ein Mundrohr aus Dettingen und werden ansonsten nach Becks Vorgaben in Taiwan gefertigt (was alles andere als eine Schande, sondern unter einer gewissen Preisgrenze mittlerweile fast so etwas wie guter Brauch ist).

Solo vs. Lead

Doch Preise sind oft verwirrender als nützlich. Widmen wir uns daher lieber den Konzepten. Die Fides Beck Masterpiece Rubén Siméo (ab jetzt schlicht RS) ist als Signature-Trompete unweigerlich mit Namensgeber Rubén Siméo verbunden. Wem dieser nicht bekannt sein sollte: Siméo ist ein noch immer sehr junger spanischer Solist, der aus der Klassik kommt und häufig zeitgenössische Literatur auf der Perinettrompete vorträgt. Er spielt technisch beeindruckend und verfügt über einen großen Tonumfang. Sein Sound ist definitiv auch geprägt von der Wahl seines Instruments – eben einem mit Pumpventilen. Dass die Trompete vom Modell RS mit ihrem unstrittig extravaganten Design einen prominenten Solisten würdig schmückt, steht außer Frage, spielt hier aber keine Rolle. Vielmehr ist die Idee eines Soloinstruments von Belang: Es soll einen großen, breiten Klang haben, Schmelz, in allen Lagen betören. Oft sind derlei Instrumente eher offen.

Die Fides Beck Rubén Siméo ist so etwas wie die Krone der schwäbischen Extravaganz. Nicht nur die spezielle Form zeichnet sie aus, sondern auch vergoldete Teile sowie die Integration von Holzelementen.

Anders die Trompete, die man mit dem Begriff verbindet, der der Schwester ihren Namen gibt: Lead. Da denkt man eher an mehr Widerstand, Kern im Ton, Strahl statt Fächer und natürlich einen klar umrissenen Einsatzzweck: im oberen Register den Ton angeben.

Ob die Trompeten dieser Erwartungshaltung gerecht wird, soll noch offen bleiben. Zunächst einmal widmen wir uns dem Aufbau der beiden ähnlich aussehenden und doch sehr ungleichen Hörner.

Deutliche Ähnlichkeiten und große Unterschiede

Zunächst einmal fällt natürlich die Becksche Eigenheit auf: der in spitzem Winkel gebogene Stimmzug und der ebenso scharf, also mit extrem kleinem Radius verlaufende Schallstückbogen. Diese haben sowohl die Meisterstücke als auch einige der günstigeren Markenschwestern, zu denen auch die Lead gehört. Für Unterschiede zwischen der Masterpiece RS und eben jenem Modell aus dem preislichen Mittelfeld muss man schon genauer hinsehen – sofern man geflissentlich vor dem (laut Webseite) sogenannten „Klangsegel“ der RS die Augen verschließt. Dabei dürfte es sich jedoch mehr um ein Ornament als um eine funktionelle Komponente handeln. Es wirkt nicht so, als sei dadurch eine echte Versteifung gegeben. Konsequenz der Holzplatte im Stimmzugbogen ist eine Verlängerung des Hebels der Wasserklappenmechanik – schließlich kann man nicht mehr mit dem Daumen auf der Stimmzuginnenseite gegenhalten, wie man das üblicherweise tut, wenn der Zeigefinger von vorne die Wasserklappe öffnet.

Statt einer Stütze im Stimmzugbogen gibt es bei der Fides Beck Rubén Siméo ein hölzernes Segel. Das ist einzigartig.

Handfester sind die Unterschiede zwischen RS und Lead bei anderen Bauteilen. So bei der Mundstückaufnahme (wobei nicht klarer ist, welche Version mehr Masse mit sich bringt):

Links der Receiver der Fides Beck Rubén Siméo, rechts die Mundstückaufnahme der Fides Beck Lead.

Während schnell auffällt, dass bei der Lead die Außenzüge wie auch bei der Symphony wie gebördelt wirken (wahrscheinlich wird ein Ring aufgesetzt), bemerkt man erst auf den dritten Blick, dass bei der RS viele Punkte bei Zügen schwulstartige Verdickungen aufweisen, wo sie bei anderen Trompeten einfach zylindrisch verlaufen.

 

 

Anders als bei Symphony oder Pioneer sind RS und Lead nicht mit Amado-Wasserklappen ausgestattet. Gemein ist jenen beiden Markenschwestern mit der RS dafür der Ring auf dem ersten Ventilzug. Hier hat die Lead einen Daumensattel. Einzig über eine Sicherungsschraube auch an Zug Nummer 1 verfügt die RS. Sie weist also zwei solcher Schrauben auf, die Lead nur über eine. Ebenfalls ’schwächer‘ ausgestattet ist die Lead zudem beim Fingerhaken. Der ist bei der Siméo sehr materialstark ausgeführt.

Unterschiedliches Gewicht und unterschiedliche Bohrung

Materialstärke ist das richtige Stichwort. Die Außenzüge sind bei der Fides Beck Lead laut Matthias Beck besonders schwer, der Goldmessingbecher wurde aus 0,55er Ausgangsmaterial gefertigt. Auf der Waage führt das (inklusive Versilberung, die ist Standard) zu einem erstaunlich hohen Gewicht von 1.203 Gramm. Die Lead ist also alles andere als eine leichte Trompete! Erstaunlich ist das nicht nur, weil für viele eine Lead-Trompete gerne etwas leichter sein darf, sondern weil Beck selbst auf der Webseite eine Gewicht von 1.100 Gramm angibt. Diese Abweichung ist nicht mit Messungenauigkeiten zu erklären. Die Rubén Siméo ist dagegen deutlich leichtfüßiger. 1.105 Gramm ordnen sie eine ganze Gewichtsklasse darunter ein. Beide Trompeten verfügen über den gleichen großen und zweiteiligen BBG-Becher – das Zusatzgewicht der Lead muss also in Korpus oder Mundrohr versteckt sein.

ML spricht für sich. Die kurze Seriennummer verrät außerdem, dass es sich um ein Masterpiece-Instrument handelt. Handmade in Swabia.

Damit sind wir auch bei einem Merkmal angelangt, dass nur zu gerne für eine Gesamteinordnung einer Trompete herangezogen wird: die Maschine samt Durchgangsmaß vulgo Bohrung. Ja, hier gibt es (endlich mal wieder) eine echte Diskrepanz auf dem Datenblatt. Während die RS nämlich mit dem Standardmaß von 11,68 mm gebohrt ist (zwischen 11,65 und 11,7 mm bewegen sich wahrscheinlich um die 80% der aktuellen Trompeten), sind es bei der Lead nur 11,5 mm. Das ist nach Ansicht des TrumpetScout echtes ‚Medium‘, während die M-Bohrungen mit 11,3 von Yamaha oder Schilke heutzutage eher als Small zu gelten haben.

Unter der Seriennummer der Lead ist ganz klein ist M zu sehen. M wie Medium.

Interessanterweise hat Beck dazu auch ein etwas engeres Mundrohr eingelötet. Auch das ist aus Goldmessing gemacht.

Eigene Stützen und ein expressionistischer Schwung

Ganz sind wir mit den Unterschieden aber noch nicht durch. Die Verbindungsstücke zwischen Mundrohr und Becher sind zwar bei beiden Modellen als Bogen gefertigt, bei der RS dürften diese aber mehr Schwingungspotential aufweisen, da versetzt angelötet und auf Becherseite mit längerem Schenkel ausgeführt.

Die Stützen der RS rechts sind langschenkliger als die der Lead und setzen anders an.

Das Motiv ‚Kampf der Gerade – es lebe die Kurve‘ findet aber seinen ultimativen Niederschlag im Schallstückbogen der Rubén Siméo. Der ist nicht nur, wie anfangs bereits gesagt, zugespitzt, sondern auch noch in einer weiteren Dimension gebogen. Man ist geneigt, sogar ‚verbogen‘ zu benutzen, da man, wäre die Oberfläche nicht makellos und das Schalltstück nicht frei von Druckstellen, glauben könnte, die Trompete habe einen Schlag abbekommen.

Das gehört so.

Das Spielgefühl der Fides Beck Lead & Rubén Siméo

Nach diesem Hardware-Exkurs nun endlich zum Wesentlichen: How does it feel? Eingangs wurde die Erwartungshaltung skizziert: Ein Solo-Instrument soll breit klingen und ist dann oft so konstruiert, dass es sich offener bläst. Die Lead-Trompete darf ruhig punktuell abstrahlen, wodurch sie sich oft etwas enger anfühlt.

Großer Plot-Twist: Es gibt keinen. Beide Trompeten spielen sich exakt so, wie sie sich qua Namen vorstellen. Die RS ist angenehm offen und funktioniert in allen Lagen. Die Lead bietet ordentlichen Gegendruck und in Verbindung mit dem höheren Gewicht auch nicht die leichteste Ansprache. Ein erste Präferenz der RS erstaunte Matthias Beck, da diese für viele seiner Kunden doch etwas zu offen ist. Ob es am sehr engen Lead-Mundstück lag? Mitnichten. Während die RS interessanterweise für den TrumpetScout nämlich auch mit allen Mundstücken funktionierte, fühlte es sich bei der Lead so an, als dürften Kessel und/oder Bohrung definitiv nicht zu klein sein. Als Bläser mit eher kleinen Mundstücken gab es für den TrumpetScout da keinen rechten Sweet Spot. Im oberen Register, für das die Trompete konzipiert wurde, war der Gegendruck immer zu hoch. An dieser Stelle ist noch einmal herauszustellen, dass es sich dabei um ein höchstsubjektives Urteil handelt. Was den TrumpetScout in seinem speziellen Fall stört, kann Spielern mit durchschnittlichen Mundstückgrößen gerade den nötigen Push geben. Interessante Randnotiz dennoch: Wo der TrumpetScout vor wenigen Jahren noch ganz klar die engere Trompete bevorzugte, ist allerspätestens seit der Flip Oakes Celebration eine gewachsene Affinität zu offeneren Hörner zu verzeichnen.

Oben die Fides Beck Lead, unten die Rubén Siméo. Ist eventuell die Gap unterschiedlich?

An dieser Stelle muss noch auf eine Auffälligkeit hingewiesen werden. Beide Trompeten verfügen zwar über einen gleich langen Receiver, Unterschiede dürfte es aber beim Konus geben. So stand dasselbe Mundstück unterschiedlich weit heraus. Das muss nicht bedeuten, dass die Gap unterschiedlich ist, da ja auch der Anfang des Mundrohrs unterschiedlich gesetzt sein kann. Aber es lässt einen darüber spekulieren. Und mit anderer Gap kommt immer auch ein anderes Blasgefühl, ein anderes Slotting und oft auch eine unterschiedliche Intonation. Der TrumpetScout fühlte sich in allen diesen Punkten bei der RS besser aufgehoben.

The Beck Experience: Klang der Ruben Siméo und Lead

Schlussendlich sind wir auch beim Sound angelangt. Beim ausführlich protokollierten Testhören in der TrumpetScout-Homebase (Tests auf Konzertbühnen oder Proberäumen waren im Jahr 2020 nur sehr selten möglich) gab es eindeutige Ergebnisse. Im unteren Bereich sind beide Modelle sehr breit und können wie ein Dampfschiff klingen, dass aus dem Hafen ausläuft und noch einmal zum Abschied trötet. Im mittleren Bereich mit tieferem Mundstück wirkte die RS sehr rund, die Lead dagegen ein wenig nasal. In der Höhe (zwischen G2 und C3) sind beide Trompeten ordentlich laut, wobei die Lead bereits etwas schrill klingen kann und „in den Ohren weh tut“. Tja, des Einen Freud, des Andern Leid!

Mit dem flachen Mundstück wird es natürlich noch einmal deutlich durchdringender. Die RS wirkte in der Mittellage (die ja am wichtigsten ist) lauter als die Lead, wenngleich eben keine Projektion über wirklich weite Distanz getestet werden konnte. Der Lead kam das enge Mundstück wie bereits angedeutet nicht zugute. Die Kombination führte zu verbalisierten Eindrücken bei der Testhörerin wie „blechern“ oder „spitz“. In der Lage jenseits des C3 hörte sich die RS ebenfalls lauter an, was aber auch daran gelegen haben könnte, dass es dem TrumpetScout deutlich schwerer fiel, mit der Lead dort zu blasen. Im Video war er etwas frischer – da schien die Lead kraftvoller und durchdringender.

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Prinzipiell erfüllen aber auch beim Thema Klang beide Trompeten, was man sich von ihnen erwartet. Die Lead hat deutlich mehr Kern und Fokus. Die RS geht mehr in die Breite. Sucht man nach Sizzle, ist man bei beiden Kandidaten falsch. Hier wurde offensichtlich auf andere Klangideale hingebaut. Sucht man einen straighten Klang, sind diese beiden Instrumente von Fides Beck definitiv im engeren Kreis.

Das Ende vom Lied

Die Fides Beck Rubén Siméo ist zumindest aus Sicht des Testers die beste Trompete von Matthias Beck. Punkt. Für den TrumpetScout war die Lead definitiv weniger geeignet (auch als die Symphony). In erster Linie hat das mit dem sehr hohen Widerstand zu tun. Dafür kostet die Lead auch deutlich weniger als die RS. Nämlich 1.700 Euro weniger. Das sind dann 2.200 Euro. Laut Webseite gibt es die Lead aber auch als Masterpiece, also aus Dettinger Meisterhand. Sie liegt dann bei rund 3.600 Euro. Und dabei gibt es sicher mehr Konfigurationsspielraum. Denn prinzipiell gefällt dem TrumpetScout die Idee einer Trompete mit kleinerer Bohrung und großem Becher. Aber etwas offener darf es eben sein. Wenn in Kombination mit einem größeren Mundstück dann das persönliche Effizienzwunder herausspränge, dann wären auch 3.600 Euro vollkommen okay.

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What is she offering?,“Silver, gold, wood, extravagance and a free blow.“

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