Besser als Bach? Die Yamaha Xeno-Trompeten im Test

Yamaha-Trompeten mit einer Xeno-Gravur haben sich den Ruf von wahren Alleskönnern erarbeitet und sind in allen Genres zu finden – genauso wie die berühmte Bach Stradivarius. Der TrumpetScout wollte seine alte Liebe wiedersehen und hat die Gelegenheit genutzt, um sich auch gleich deren Schwestern anzuschauen.

TrumpetScout_Yamaha Xeno Vergleich (11)
Ein Bild für beide: Ohne Vergrößerung ist nicht zu erkennen, ob es sich hier um eine L- oder ML-Xeno handelt. Das Foto vertritt die Modelle mit normalem Stimmzug.

Xeno. Da denkt man dieser Tage an die alles bestimmenden Themen Migration und Fremdenfeindlichkeit. Denn ‚xénos‘ heißt auf Griechisch fremd und die Xenophobie, also die Abneigung gegenüber dem Fremden, ist zu einer notwendigen Vokabel in der europäischen Nachrichtenwelt geworden. Der TrumpetScout hat den Zusammenhang von Fremd und Trompete anfangs aber überhaupt nicht begriffen. Schuld daran war der Verkäufer einer Instrumentenhandlung bei der ersten leibhaftigen Begegnung mit dem japanischen Schlachtross vor einigen Jahren. Der behauptete steif und fest, Xeno würde [sino] ausgesprochen. Als komplizierter Denker bekannt, gab es für den Empfänger dieser Belehrung nur einen möglichen Schluss: Ein japanisches Wort, dass wie [sino] klingt, wurde in lateinische Buchstabenform gegossen, hat aber mit dem griechischen Wort nichts zu tun. Natürlich ist die Wahrheit wie immer trivial: Auf Englisch wird das sehr wohl griechische Xeno schlicht als [sino] ausgesprochen. Dem muss man sich natürlich nicht anschließen. [kseno] vorzuziehen ist also nur legitim.

Yamahas Trompetengeschichte: über Schilke zu Bach

Weil die Xeno-Reihe einen neuen Abschnitt in der Trompetenhistorie von Yamaha bezeichnet, sei hier ein Exkurs in die Vergangenheit der japanischen Marke eingeschoben. In den 60ern drängten japanische Unternehmen nicht nur auf dem Automobilsektor auf den amerikanischen und globalen Markt, sondern auch mit Musikinstrumenten. Unterstützung dabei holte sich konkret Yamaha 1966 von Renold Schilke, dem Eigentümer des gleichnamigen US-Herstellers. Kein Wunder, dass die Trompeten wie die bis heute populären Schilke-Modelle designt waren. Leicht, mit reversed leadpipe, keine Stützen beim Stimmzug und ein großer Becher. Die Modelle YTR 632, 634 und 636 wirkten wie Kopien der B-Serie von Schilke und stellten die Top-Instrumente des Sortiments dar. Lange Zeit – bis in die 80er – blieb es bei einzig diesem Konzept.

Wohl mit zunehmender Größe sollte aber eine größere geschmackliche Palette an Trompeten abgedeckt werden. Der Gegenentwurf zu Schilke hieß: Bach. So wurde eine klassisch daherkommende YTR 6335 (vielleicht eines der ersten Modelle mit vierstelligem Code) mit normalem Stimmzug, einer Stütze und kleinerem Becher beschwert, bekam also dickeres Blech und Neusilberaußenzüge, dazu Kreuzelführungen aus Messing statt Plastik. Mit dieser 6335H (für ‚heavy‘) begann inoffiziell die Xeno-Serie. Der „Schilke-Zweig“ wurde mit der 6310Z und später 8310Z bis heute fortgeführt, wenngleich nicht mehr alle Bohrungsgrößen verfügbar waren.

Im Test: 3 von 16 Modellen der Yamaha Xeno 02-Serie

Für den TrumpetScout beginnt die Xeno-Markengeschichte aber erst im Jahr 2001, wohingegen Yamaha da bereits von der dritten Generation spricht – was mit unterschiedlichen Vermarktungsstrategien in den USA und Europa zusammenhängen dürfte. Mittlerweile ist man bei der echten Xeno 2.0 angelangt, und die wurde für diesen Test in den Versionen 8335 (Standardmodell), 8345 (L-Bore) und 8335RG (reversed leadpipe und Goldmessingbecher) angefordert.

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Prominentes Merkmal der Xeno-Modelle mit einem R? Die fehlende zweite Stimmzugstütze.

Alle Xeno-Trompeten zu testen, ist praktisch nicht möglich, denn es gibt ohne Sondermodelle 16 Stück davon. Durch die Wahl zwischen Goldmessing- und Gelbmessingbecher, Large- und Medium Large-Bohrung, normalem und überlappendem Mundrohr, lackiert und versilbert ergibt sich diese stolze Zahl. Die Wahl fiel auf das Standardmodell (klar!), das Standardmodell mit großer Bohrung (wegen des Bohrungsvergleichs) und das reversed-Modell mit Goldmessingbecher (da weitverbreitet und altbekannt).

Was allen Xeno-Trompeten gleich ist… und was nicht

Ehrlich gesagt ist man mit den Übereinstimmungen schnell durch. Der Verlauf des Bechers (dem 37er von Bach ähnlich, wenngleich mit einem runderen Bogen – gerade bei älteren Bachs ist der oft fast eckig) und sein Enddurchmesser von 123 mm, die Materialstärke und Neusilberbewehrung, die Kreuzelführung und sehr wahrscheinlich das Mundrohr.

TrumpetScout_Yamaha Xeno Vergleich Receiver
Links der massigere Receiver der 8335RG, rechts der schlankere der Modelle mit normalem Stimmzug.

Aber bereits bei der Mundstückaufnahme machen sich Unterschiede bemerkbar. Während das reversed-Modell einen zylindrischen Receiver mit zwei Außendurchmessern hat, der einem Booster gleicht, verfügt die „Normalausführung“ über einen zarten, leicht bauchigen. Vermutlich soll die Stabilität der fehlenden zweiten Stütze beim Stimmzug durch dieses Masse-Plus kompensiert werden.

Ein weiterer Unterschied (natürlich neben der Konstruktion des Stimmzuges, auf die später noch genauer eingegangen wird) findet sich bei der Fingerauflage des ersten Zuges. Die Xenos mit zwei Stimmzugstützen habe einen Daumensattel in Bach-Tradition, die R-Modelle einen massiven Ring. Warum, bleibt spekulativ.

TrumpetScout_Yamaha Xeno Vergleich Fingersattel
Wo ist was? Bei den R-Modellen sitzt ein Ring auf dem ersten Zug, bei regulären ein Daumensattel.

Geht man gegen den Luftstrom einen Schritt zurück, landet man beim dritten Ventilzug (der ja zuerst „beblasen“ wird). Der ist bei der Xeno standardmäßig mit einer Wasserklappe versehen, nicht jedoch bei der Xeno R. Ein interessantes Detail, das den Zusammenhang mit dem Stimmzug ebenso wenig erkennen lässt wie die Auflage für den Daumen.

Beide Ausführungen haben aber eine Neuerung gemein, die die Xeno 01 nicht auszeichnete: Die Schraube, die den dritten Zug vor dem Herausrutschen rettet, muss nun nicht mehr nur auf der Innenseite angebracht werden, sondern findet über ein zusätzliches Gewinde auch außen und ein bisschen weiter „zugauswärts“ Platz. Mehr Zugstrecke bedeutet gerade für sehr tiefe Töne mehr Flexibilität.

TrumpetScout_Yamaha Xeno Vergleich (2)
Kleine Posaune: Nicht ganz so weit wie bei der 9335, aber immerhin ein bisschen weiter als bisher lässt sich dank zweitem Gewinde der dritte Zug hinausschieben.

Die Xeno-Qualitäten: Klang und Spielbarkeit

Die eingangs erwähnte Geschichte zur alten Liebe muss natürlich nachgereicht werden. Es dürfte 2009 gewesen sein, als sich der TrumpetScout zum ersten Mal seit längerem wieder eine neue, also ladenneue Trompete zulegte. Nach langem Testen und vielen anderen Marken im Kopf und in der Hand fiel die Wahl auf eine 8335RG. Sie sprach gut an, spielte sich in allen Lagen sicher und voll, bot ein gutes Slotting, hatte keinerlei Stimmungsprobleme und klang zu guter Letzt fantastisch. Anderthalb Jahre war sie treue Begleiterin und fiel nur einer postpubertären Wechsellust zum Opfer, ging also ohne vernünftigen Grund. Jahre später ein ähnliches Spiel: Ein Trompeter aus dem Umfeld suchte ein neues Instrument. Wieder Musikhaus, wieder eine ganze Latte an Trompeten und gegenseitiges Vorspielen. Auch wenn sich eine leichtere Trompete besser blasen ließ, das Paket überzeugte wieder, dieses Mal landete eine Standard-Xeno (also auch mit Messingbecher) bei der Kasse (mittlerweile aber deutlich teurer geworden). Vor allem der Sound gab wieder den Ausschlag: strahlend, aber nicht schreiend. Wohlerzogen, aber mit Sizzle in der „Pop-Lage“.



Im aktuellen Vergleichstest Xeno gegen Xeno gegen Xeno war das Ergebnis erwartungsgemäß eng. 8335 und 8345 spielten sich sehr ähnlich (bis gleich), die 8335RG fühlte sich (wahrscheinlich dank des anderen Stimmzugs) „am offensten“ an. Klanglich – darauf wurde im Artikel über die Bohrung bereits eingegangen – begünstigt die Large Bore-Trompete eher weiche und luftige Töne, die kleinere ist deutlich kerniger. Das Resultat des RG-Modells ist de facto verzerrt, weil hier nicht nur ein Unterschied in der Konstruktion vorliegt, sondern auch beim Material. Goldmessing klingt dunkler, strahlt besser ab, hat aber auch weniger Obertöne und klingt dadurch in manchen Spielsituationen weniger lebendig. Ob das gut oder schlecht ist, entscheidet der Geschmack. Im Video erscheint wider Erwarten das Beißende in der oberen Lage beim Goldmessingbecher nicht geschmälert, der Ton klingt aber satter und im Endeffekt ist die G-Variante auch am lautesten. Man kann die Reihung so setzen:

8335: am kernigsten in der tiefen und Mittellage und oben tendenziell (relativ zu den anderen Modellen) scharf

8345: unten eher weich und voll, oben breiter

8335RG: unten bedeckt, nach oben hin sich öffnend, aber dank der „Disziplin des Materials“ nicht schreiend

Die 8335 ist sicher die „kleinste“ Trompete der 16 Varianten zählenden Reihe, die 8345R(G) sollte die „größte“ sein. Kein Wunder, dass Thorsten Benkenstein dieses Modell spielt. Wer es dunkler mag, sollte zu den Goldmessing-Modellen greifen, für den giftigeren Klang sicher zum Gelbmessing. Die Kombination aus reversed leadpipe und Goldmessingbecher hat heute wie vor sechs Jahren sehr gut harmoniert – keine Überraschung, dass sich diese Konfiguration (oft auch in Silber) in vielen Online-Shops findet, wenngleich Gelbmessing eine größere Klangflexibiltät ermöglicht. Genau deshalb wäre die Variante 8335R für den TrumpetScout reizvoll – vielleicht der ultimative Schreihals mit genau dem richtigen Widerstand? Oft liegt aber gerade im Nicht-Extrem die Erfüllung.

Die reversed-Bauweise ist zurückhaltend – und das ist gut so

Was beim Vergleich von reversed- und Standardmodell auffällt: Die zweite Stütze zwischen Mundrohr und Becher ist exakt auf gleicher Höhe positioniert. Normalerweise rückt sie bei Trompeten mit überlappendem Stimmzug in Richtung Maschinenstock, eben weil das überstülpende Rohr des Zuges beweglich und dadurch eine Fixierung erst dahinter (eigentlich: davor) möglich ist. Bei der Xeno R ist das aufnehmende Rohrstück verkürzt, der Steg kann dort angelötet werden, wo er auch bei der Normal-Xeno sitzt. Das heißt – und das ist das Entscheidende -, dass sich das Schwingungsverhalten des Bechers durch die andere Konstruktion nicht ändert. Ist die Stütze nämlich zurückversetzt, kann sich das Schallstück freier bewegen – und klingt dann gerne giftiger.

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Die unteren Stege sind gleich auf – dank kürzerem überlappendem Rohrteil. Das bändigt auch bei der R-Xeno den Becher in gleichem Maße wie bei den Standard-Modellen.

Die Xenos sind übrigens nicht ganz so schwer wie sie aussehen, eine typische Bach Stradivarius wirkt mächtiger in den Händen. Die Kreuzelführung aus Messing sorgt leider dafür, dass die Ventile nicht ganz so zackig laufen wie die bei leichteren Modellen mit Kunststoffführungen. Ein Wechsel ist aber möglich. Hervorragend ist aber die Stimmung, wenngleich das Large Bore-Instrument mehr Raum zur Verortung eines Tones vorgab.

Heißt Xeno spielen fremdgehen?

Eine Frage mindestens blieb bislang ungeklärt: Warum heißt die Xeno nun „Xeno“? Nun, die Japaner schreiben selbst, dass sie vornehmlich mit ausländischen Trompetern Tests durchführten, sich also zuvorderst auf fremde Meinungen stützten. Mit Bob Malone und anderen wirkten aber auch ausländische Spezialisten auf dem Feld des Trompetenbaus mit. Deren Expertise hat man sich zu eigen gemacht und damit das Fremde ebenfalls ins Haus geholt. Das Ergebnis: Yamaha macht es einem mit dieser Baureihe wahrlich nicht schwer, von der Xenophobie zur Xenophilie zu wechseln – „die Fremde“ ist einem jeden schnell vertraut. Ob sich Bach-Fans zu einem Seitensprung hinreißen lassen? Nun, keine Bach ist wie die andere. Leider und zum Glück! Bei Yamaha ist das anders: Eine Xeno des gleichen Modells ist genau wie die andere, und diese Verlässlichkeit ist schön. Die Modellvielfalt beschert trotzdem den meisten Spielern eine Trompete für ihren Geschmack.

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