Bessere Stimmung dank anderem Mundstück? Erfahrungen mit Lotus

Intonation ist bei den meisten Instrumenten ein Thema, bei Trompeten aber ein ganz besonderes. Trompeter Adam Rapa hat in Zusammenarbeit mit Egger eine eigene Mundstückserie auf den Markt gebracht, die zumindest ein typisches Stimmungsproblem lösen soll. Der TrumpetScout hat das überprüft.

2018 war für den TrumpetScout das Jahr des Mundstücks. Bei diesem Präteritum sollte es eigentlich auch bleiben, eine Verlängerung war nicht geplant. Unerwartet kündigte sich im vergangenen Sommer jedoch noch ein weiteres Thema an, dessen Fertigstellung sich nun bis ins neue Jahr zog. Zufälligerweise war Adam Rapa nämlich am gleichen Tag in derselben Stadt und stellte seine damals noch im Vorserienstand befindliche eigene Lotus-Mundstückserie vor. Das würde für einen leidenschaftlichen Trompeter natürlich eine Teilnahme an der Präsentation rechtfertigen – aber nicht unbedingt einen Bericht für einen Trompetenjournalisten. Warum also gibt es nun diesen Artikel?

Was ist das Verkaufsargument der Lotus-Mundstücke?

Adam Rapa, der zuletzt mit seinen Lotus-Trompeten auch unter die Equipment-Hersteller gegangen ist, erklärt alsbald in seinem Vortrag eine Krux, unter der er bei konventionellen Trompeten in Verbindung mit konventionellen Mundstücken stets litt: Über das Tonspektrum von ganz tief bis ganz hoch ergibt sich eine intonatorische Stauchung, wenn man die Töne in ihrem klanglichen Zentrum anspielt. Lässt man ihnen gewissermaßen freien Lauf, werden die tiefen Töne tendenziell zu hoch und die hohen zu tief.

So sieht Adam Rapa seine eigene Mundstückserie und so sollte es auch sein, wenn man die eigene Produkte entwirft. Es handelt sich übrigens um ein wortwörtliches Zitat.

Der TrumpetScout will dem nicht absolut zustimmen. Seiner Erfahrung nach gibt es auch das Phänomen, das tiefe Töne noch weiter absacken und besonders hohe noch ’schärfer‘ werden. Letzteres hängt aber oft auch am nicht ausreichend versierten Spieler, der nach oben hin mit aller Gewalt drückt, spannt oder sich anders überanstrengt.

Doch zurück zu Rapa. Er, der über viele Jahre auf Monette-Hardware zurückgriff (hier ein Artikel zu Monette-Mudnstücken), sieht in den Konzepten dieses Herstellers bereits einen Schlüssel zur Lösung des besagten Problems, aber auch genug Verbesserungspotenzial. Monette-Mundstücke zeichnen sich vornehmlich durch einen kürzeren Schaft und eine größere Bohrung aus. Gerade beim ‚großen Loch‘ wollte Rapa beim eigenen Mundstück aber etwas anders machen. Insofern ist dieser Bericht als Fortführung des Monette-Artikels zu verstehen. Es geht um konzeptionelle Abwege.

So sind die Lotus-Mundstücke gebaut

Egger in Basel – bekannt für die Produktion von Barocktrompeten – stellt die Tops für Adam Rapa her. Die Masse im frühen Stengelbereich (also nach der Bohrung) ist erhöht und ja, der Schaft ist kürzer als üblich – im Vergleich mit einem Yamaha 11B4 sogar um über 5 Millimeter. Die Randstärken wirken sehr durchschnittlich, die Kontur fühlt sich weder überbreit noch sehr schmal (und damit einschneidend) an. Kein Extrem also, das dürfte für viele Spieler sehr gut passen.

Beim Mundstück links handelt es sich um ein 7XS, bei dem rechts um ein 7XL.

Bei den Durchmessern bietet Lotus zunächst vier Größen an, benannt mit den Namen 1, 2, 3 und 7 (die dominante Bach-Nomenklatur macht sich hier bemerkbar):

1 = 17 mm

2 = 16,75 mm

3 = 16,5 mm

7 = 16,3 mm

Auch damit deckt man ein weites Spektrum an, zumal das schiere Maß bei einem verlaufenden Rand sowieso wenig aussagt. Dem TrumpetScout, der für gewöhnlich ein Mundstück mit 16 mm Durchmesser spielt, sagte die Größe 7 intuitiv zu.

Hier ist der V-Kessel des Modells 7LV gut zu erkennen.

Ein nicht minder wichtiges Spezifikum ist das Kesselvolumen. Hier erstreckt sich die Palette von XL bis XS. Zudem werden zwei Formen angeboten: ein üblicher ‚Rundkessel‘ und einer mit mehr konvexem Verlauf ähnlich wie bei einem Hornmundstück.

XLV = sehr groß mit V-Form

XL = sehr groß

LV = groß mit V-Form

L = groß

M = mittelgroß

S = klein

XS = sehr klein

Die Kehle ist zwar etwas enger als bei Monette, jedoch deutlich weiter gebohrt als das Standard-27er-Maß mit 3,66 Millimeter. Bis auf das Modell mit dem XS-Kessel (dort sind es sogar nur 3,6 mm) bzw. S-Kessel (3,7 mm) kommen die Mundstücke mit einem 3,9 mm großen Loch aus Basel. Das entspricht immerhin mehr als 13% Durchsatzfläche als beim Standardmaß. Jedoch können Kunden die XL- und X-Größen alternativ auch mit 3,8 mm-Bohrung ordern.

Eine weitere Entscheidungsmöglichkeit bietet sich beim Material: Entweder ist das Mundstück aus versilbertem Messing oder aus Neusilber, also einer Kupfer-Nickel-Zink-Legierung.

Was der TrumpetScout testen konnte

Musik Gillhaus aus Freiburg – dieser Händler vertreibt Lotus-Trompete und -Mundstücke – stellte für einen Test die Größen 7XL, 7L, 7LV, 7S und 7XS zur Verfügung, das 7S zusätzlich noch als 7SN, also in Neusilberausführung.

Für den TrumpetScout sollte es noch ein wenig kleiner gehen als beim XS-Kessel.

Alle Größen funktionierte auf Anhieb gut, obwohl der TrumpetScout prinzipiell der Meinung ist, dass ein deutlich tieferes Mundstück ruhig auch einen etwas größeren Durchmesser haben kann. Ob und falls ja, wie genau sich die Verläufe in den Kessel in Abhängigkeit von dessen Volumen unterscheiden, konnte nicht valide eruiert werden. Auf jeden Fall fühlten sich vor allem die tieferen Varianten absolut richtig dimensioniert an. Leider war keine M-Größe verfügbar – für viele sicher so etwas wie eine Allzweckwaffe. Für das oberste Register dürfte es noch eine flachere Variante ergeben. Lotus gibt z.B. für das 7XS als Äquivalent ein Warburton 7S an. Der TrumpetScout spielt ein Warburton 7ESV, also ein noch flacheres extra shallow.

Zu groß in puncto Widerstand – wie manche wegen der Bohrung befürchten mögen – sind die Mundstücke auf keinen Fall. Der kürzere Stengel und die damit einhergehenden Verwirbelungen vor dem Mundrohr sorgen sogar für ausreichend Gegendruck. Für manchen könnte er wahrscheinlich sogar noch geringer sein.

Ganz besonders stach im ‚Gefühlstest‘ jedoch das 7LV heraus: Damit konnte der TrumpetScout sowohl weich spielen,aber trotzdem auch kernig und war aber auch in der Höhe nicht limitiert (natürlich ohne dabei Trommelfelle zerplatzen zu lassen wie mit einem echten Lead-Mundstück). Ein unerwartet vielseitiges Trompetenmundstück, wenn man einen Kornettklang als Ideal im Kopf hat. Im TS-Normalfall wäre wohl das 7S das Eine für Alles. Genau das in Neusilber bot etwas mehr Widerstand und erschien kompakter – für die Testhörerin klang es „klarer“. Für Adam Rapa hingegen soll das N-Mundstück mehr tonliche Breite bieten. Man sieht – die Empfindungen gehen auseinander.

Des TrumpetScouts Favorit des Herzens: das 7LV mit flügelhorneskem Kessel.

Ein im Video gut hörbares Problem war im Test ein klanglich nicht reines C1. Es brizzelte stets so, als sei ein wenig Wasser irgendwo im Horn. Das lag jedoch nicht etwa an der vergrößerten Gap, sondern an einer kleinen Lippenverletzung (und trat daher bei allen Mundstücken auf) – für den Test über Weihnachten blieb leider nur ein kleines Zeitfenster.

Die Hauptsache: Verbessert sich die Intonation?

Doch es geht in diesem Artikel ja nicht in erster Linie um Rand, Kessel und Durchmesser (für ein Urteil sind die Münder und Geschmäcker zu verschieden), sondern um die Reduzierung von Intonationsproblemen. Die sind bei der Trompete von unterschiedlicher Art. Die Gefahrenzone zwischen D2 und A2 (erst zu tief, dann zu hoch) bleibt von den Lotus-Mundstücken unberührt. Hier fiel kein Unterschied zu verbreiteteren Modellen auf. Bei der eingangs geschilderten Problematik mit der ‚hängenden Höhe‘ waren aber durchaus signifikante Abweichungen zu registrieren. Das D3 z.B. war deutlich einfacher im Pitch Center anzuspielen, was das Stimmgerät deutlich machte. Gerade in der Klassik, wo man möglicherweise die Töne nicht immer in Position ’nageln‘ kann wie an der Lead-Stimme in einer Big Band oder der Brass Section einer Funk Band, ist das doch ein großer Vorteil. Man spielt sicherer und spart Kraft. Im unteren Spielbereich waren für den TrumpetScout keine nennenswerten Differenzen zu bemerken. Das ist – genau wie positive Abweichungen – aber immer mit Vorsicht zu genießen. Hier spielt die Trompete ( es handelte sich um die Yamaha 5335GII und fairerweise muss betont werden, dass ein Mundstück eines Trompetenherstellers mit dessen Trompeten in der Regel besonders gut harmoniert) und natürlich der Trompeter eine große Rolle.

Auch für die Erstellung dieses Artikels gab es kein Hersteller- oder Händler-Sponsoring – vielmehr war es ausdrücklicher Wunsch vieler Leser, über diese Mundstücke zu berichten. Das geschah wie immer neutral. Dafür braucht es die Unterstützung von dir, dem Leser: paypal.me/trumpetscout Vielen Dank!

Für die Erstellung des Videos wurde versucht, die Töne „gehen zu lassen“, aber natürlich korrigiert man als geübter Bläser trotzdem automatisch. Hörbar sind klar Stimmungsschwankungen zwischen den Mundstücken, da mit einem kleineren Kessel in der Regel die Grundstimmung steigt. Eine Korrektur über den Stimmzug wurde zwar teilweise vorgenommen, gestaltet sich aber bei sieben Mundstücken und häufigen Wechseln als sehr aufwendig.

Das alte Lied vom Preis: wie viel ist zu viel?

Ursprünglich meinte Adam Rapa, dass ein Preis von rund 170 Euro angepeilt sei. Zum Marktstart wurden es doch 215 Euro für die Messing- und gar 235 Euro für die Neusilbermundstücke. Das ist weniger Geld als für ein Monette, rangiert aber auch nicht deutlich darunter. Im Grunde sollte aber nicht der Preis entscheiden, wenn das Mundstück sehr gut passt und den besagten Intonationsbonus mitbringt. Die Investition lohnt sich für all jene kaum, die unter den 28 Größen eben nicht die richtige für sich finden können – wenngleich eine Eingewöhnungsphase an einem ersten Eindruck rütteln kann. Der TrumpetScout glaubt dahingehend ein bisschen an die Liebe auf den ersten Blick und hofft daher persönlich auf einen 10er Durchmesser mit einen XXS-Kessel als künftige Sortimentserweiterung. Der Rand passt ihm nämlich sehr gut und das Stimmungsplus sowieso.