Eine neue Liebe: Der TrumpetScout entdeckt das Flügelhorn

Lange Zeit, nein, eigentlich immer mied der TrumpetScout das Zwillingsinstrument der Trompete mit konischem Verlauf und weicherem Klang. Warum? Ansprache in der Höhe, Stimmung, Slotting – all das war beim Flügelhorn im Vergleich zur Trompete furchtbar. Dann aber kam ein ganz besonderer Gig…

Gewissermaßen ein Erweckungserlebnis: das Spielen bei einer Hochzeit.

„Dieses Magazin heißt TrumpetScout und nicht HornScout.“ Die in dieser Aussage implizierte strenge Blattlinie wurde bislang auch befolgt – trotz vieler Themenanregungen in Richtung Flügelhorn und Fragen zu diesem Instrument. Lediglich ein Header-Bild hatte sich in den Reigen der Trompetenabbildungen dieser Webseite geschummelt. Nun gibt es aber doch einen ganzen Artikel zur sanfteren Schwester der Trompete. Warum das so ist? Hier die Geschichte von A bis Z.

So wurde das Interesse am Flügelhorn geweckt

Auf der Wunschliste für die musikalische Begleitung der Messe zu einer goldenen Hochzeit stand u.a. das „Ave Maria“ von Gounod. Gar nicht so leicht, da hoch und tief und dabei zurückhaltend sowie mit schönem Stoß zu spielen. Noch dazu solistisch mit Orgelbegleitung – da kann schnell etwas hörbar danebengehen. Kurzerhand wurde auf Flügelhorn umgeschwenkt – als Mogellösung, um sich besser durch das Stück zu lavieren. Es ging auch besser, doch brachte andere Schwierigkeiten mit sich, allen voran die Stimmung. Die ganz tiefen wie auch die höheren Töne fielen stark ab und mussten massiv gestützt werden. Mit Übung ging es, war aber ein Kraftakt. Auf den Aufnahmen aus der Kirche überzeugte aber der angenehm warme Klang. Gar nicht so übel, so ein Flügelhorn! Neben einer Ballade mit Posaunenbegleitung wurden später beim Wirt noch Walzer und Polkas aufgespielt. Und dabei fing der TrumpetScout richtig Feuer. Es hätte stundenlang so weitergehen können.

Auch wenn der Blick nicht den Eindruck von Hochgenuss erweckt, so war das Aufspielen zum Tanz mit einem Posaunisten als Bassersatz doch eine spaßige Angelegenheit.

Neues Material? Das kann ins Geld gehen

Der Kompagnon an der Posaune hat außerdem während der Pandemiepause sein blechbläserisches Portfolio um das Flügelhorn erweitert. So folgten einige Flügelhorn-Duo-Proben mit Notenmaterial aus der traditionellen Blasmusik. Leider blieb es beim Kampf mit der Intonation beim extrem schön klingenden Jupiter 846. Und wie es dann oft bei unsereins ist: Mit dem Gefallen am Spielen machte auch die Investitionsbereitschaft einen Satz nach vorn. Blöd nur, dass Flügelhörner deutlich teurer sind als Trompeten. Wo es bei den zylindrischen Instrumenten bereits bei 500 Euro mit brauchbarem Equipment losgeht, sind beim konischen Flügelhorn mindestens 1.000 Euro vonnöten, aber eigentlich beginnt die richtige Auswahl erst zwischen 2.000 und 3.000 Euro. Nach oben natürlich offen wie Cabriolet.

Warum sind Flügelhörner eigentlich so teuer?

An dieser Stelle ein kleiner Exkurs zur Preisgestaltung beim Flügelhorn. Als Nicht-Experte wundert man sich natürlich, warum ein Instrument, das sehr große Ähnlichkeit zur Trompete aufweist, mindestens doppelt so teuer ist. Der TrumpetScout hat daraufhin einige Experten aus Handel und Herstellung gefragt, die allesamt einen Hauptgrund nennen: Die Stückzahlen sind deutlich geringer als bei der Trompete, die Stückkosten für die sich unterscheidenden Teile deshalb erheblich höher. Müsste dann aber nicht ein Flügelhorn beim Instrumentenmacher des Vertrauens gefertigt genauso teuer sein wie eine Trompete? Auch hier gilt: Werkzeuge und Formen werden weniger oft genutzt und erfordern höhere Deckungsbeiträge bei den einzelnen Instrumenten. Außerdem ist das neuralgische Bauteil, der sogenannte Anstoß, viel aufwändiger herzustellen als bei der Trompete (dort würde man äquivalent vom ‚Stimmzug‘ sprechen), da konisch und nicht zylindrisch.

Ein unscheinbares Bauteil, dass es in sich hat: Der sogenannte Anstoß bestimmt wesentlich die Spieleigenschaften eines Flügelhorns und ist aufgrund seiner Konizität so aufwändig zu fertigen wie ein Schallstück aus Blattzuschnitt.

Die Suche nach einem neuen Flügelhorn

Es ist wie ist es. Weil das Budget aber nicht grenzenlos war, wurde in erster Linie der Gebrauchtmarkt sondiert. Die Suche reichte von den üblichen Verdächtigen Yamaha YFH-631 (die zum Teil mit mehr als 40 Jahren auf dem Buckel noch für horrend hohe Preise um die 1.000 Euro angeboten werden) und YFH-8310Z bis zum Conn Vintage One und alten Getzen- sowie natürlich auch Couesnon-Instrumenten. Interessanterweise spielte das alte Jupiter klanglich oft ganz vorne mit und musste auch in puncto Intonation den Vergleich nicht scheuen. Waren Flügelhörner vielleicht einfach schwer zu beherrschende Diven mit buchstäblich starken Stimmungsschwankungen? Das waren keine guten Vorzeichen.

Selbst gebrauchte Exemplare von Markenherstellern kosten in der Regel deutlich über 1.000 Euro.

Deus ex machina – ein unverhofftes Instrument

Ein Heimatbesuch erweiterte die Suchrange, da der TrumpetScout erkannt hatte, dass man ein Flügelhorn für größeres Geld auf keinen Fall blind kaufen sollte. Der Instrumentenbauer im Dorf nebenan sagte bereits am Telefon, dass er einige ‚Frankenhorns‘ im Schaufenster stehen habe – also Instrumente, die er aus Teilen verschiedener alter Instrumente oder neuen und alten Komponenten zusammenfügte. Vor Ort dann die Ernüchterung, dass ein Instrument deutlich über Budget lag und ein anderes schlechter stimmte als das Jupiter. Wieder nichts. Nach einigem Plaudern zog er dann aber noch angestaubtes Modell aus der Vitrine, und zwar ein Yamaha YFH-231. Damit hatten sich anscheinend vor Jahrzehnten viele Musikvereine günstig eingedeckt.

Es hatte keinen Trigger und auch keinen Sattel, um ohne Mechanik nachjustieren zu können. Theoretisch ginge das bei diesem Modell, da die Ventilzüge wie bei der Perinettrompete horizontal verlaufen und nicht vertikal, wie man es von modernen Instrumenten gewohnt ist. Auch dieses Instrument ist das Produkt aus zweien, die unterschiedlich beschädigt oder abgenutzt waren. Anspieltest: C1, C2. Wow! Stimmte perfekt. Auch die anderen bösen Töne waren sehr zentriert. Und die Höhe? Ein Traum. Durch die gesamte Range bis weit übers C3 war alles da und ließ sich fast mühelos hervorbringen. Leichter als auf der Trompete!

Nach einigen Probiertagen wurde das Ding erworben und ein Daumensattel fürs Feintuning auf dem ersten Ventilzug angebracht. Der Preis: Im mittleren dreistelligen Bereich – vom Instrumentenmacher gereinigt und überholt. Ob dieses Instrument uneingeschränkt zu empfehlen ist und eventuell blind zu kaufen? Klar, wenn es nicht viel kostet, vielleicht. Aber möglicherweise wurde bei der Verbindung aus zwei Flügelhörnern irgendetwas so richtig gemacht, dass es sich hier um ein Ausnahmeexemplar handelt. Festzuhalten bleibt: Das 231er hat nicht nur die trompetenartige Maschine (die Bohrung wurde nicht gemessen), was für den Griff gewöhnungsbedürftig ist, sondern auch einen Gelbmessingbecher. Die allermeisten Flügelhörner setzen hier auf Goldmessing oder sogar Kupfer. Das Gelbmessing tut wahrscheinlich der Ansprache und Durchsetzungsfähigkeit gut, könnte aber auch den Ton für manche Jazzer zu hell machen.

Die nächste Stellschraube: das Flügelhornmundstück

Zum Flügelhorn hätte es für überschaubares Geld noch ein zweites Mundrohr für einen Trompetenmundstückschaft gegeben. Laut Meister für die Kapellenbläser, die nur ab und zu und mehr widerwillig auf das Flügelhorn ausweichen. Der TrumpetScout versprach sich dadurch möglicherweise etwas mehr Durchsetzungskraft und Ausdauer bei langen Stunden mit Polkas und Märschen im Freien. Leider sah die Realität anders aus: Es war (zumindest mit dem gewohnten Mundstück) anstrengender und der Klang litt massiv, glich eher einer leicht verschnupften Trompete.

Links neu, rechts alt.

Ein Freund empfahl, lieber das Mundstück anzupassen und auf einen flacheren und weniger V-geformten Flügelhornkessel zu setzen. Ein Test mit einem seiner JK-Mundstücke erschien vielversprechend. Zurück in Österreich wurden dann etwas kleinere Modellbrüder getestet. Leider war damit die Artikulation im Vergleich zum bisher benutzten und eher wolkigen 11F4 von Yamaha auch nicht deutlicher bzw. der Ton nicht klarer. Hinzu kam, dass die Stimmung darunter massiv litt. Jenseits von G2 hingen die Töne manchmal ohne Gegensteuern bis zur chromatischen Stufe darunter! Es wurde wieder einmal deutlich, wie sehr Instrument und Flügelhorn miteinander und auf den Spieler reagieren. Das neue TrumpetScout-Horn und die angeforderten Mundstücke harmonierten definitiv nicht. Beim Händler vorrätig war auch noch ein Yamaha Modell Bobby Shew, das sich sehr gut anfühlte und gut intonierte, aber zu viel Jazz verhieß, und ein 14F4, also das bereits benutzte Mundstück nur in zwei Stufen größer (dazwischen gäbe es noch das 13F4).

Yamaha und Yamaha passen gut zusammen. Auch wenn der TrumpetScout leider nicht von den Japanern bezahlt wird, muss er das hier einfach so anerkennen.

Wieder wurden alle Erwartungen, die man an Modellbezeichnungen hat, pulverisiert. Das 14er Modell hat zwar denselben V-Verlauf, aber klang sofort voller, klarer und auch markanter. Gerade beim Mundstück sind es eben nur die kleinsten Änderungen – oft nur im oberen Bereich -, die die Lippen ganz anders schwingen lassen. Eine etwas größere Version spielt sich oft wie ein völlig anderes Mundstück.

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Das Ende vom Lied

Mittlerweile hat der TrumpetScout schon einen längeren Polka-Marsch-und-Walzer-Gig hinter sich gebracht sowie im Quintett soliert. Oft bleibt die Trompete in der Tasche und es wird nur auf dem Flügelhorn geübt. Aber nicht nur dass die Freude groß am neuen Instrument ist, teuer war das ganze Unterfangen durch glückliche Fügungen (oder offenes Sondieren) auch nicht. Trotzdem wird aus dem TrumpetScout wohl so schnell kein FlugelScout – höchstens im ganz Privaten und mit Fokus rein auf das Spielen, nicht auf das Equipment.