Andy Haderers Horn: die Yamaha YTR-3335

Yamaha hat vor gar nicht allzu langer Zeit eine neue Schülertrompete herausgebracht. Die Besonderheit: Erstmals ist ein solches Einsteigerinstrument mit einer reversed leadpipe ausgestattet. Zur Popularität des Modells beigetragen hat einer, der zwar auch ein Leben lang lernt, aber sicher kein Anfänger mehr ist: Andy Haderer.

TrumpetScout_Test_Yamaha YTR 3335 (3)
Irgendwie unscheinbar, aber mit überlappendem Stimmzugbogen ausgestattet: die Yamaha YTR 3335.

Trompeten der sogenannten Einsteigerklasse zu testen, ist keine unangenehme Pflicht. Ganz im Gegenteil, das untere Preissegment erweckt den Eindruck, als könnte man dort verborgene Schätze finden. Die Erfahrung des TrumpetScouts mit nicht mehr gebauten Instrumenten wie der Getzen Capri oder der Olds Ambassador haben dieses Gefühl verstärkt. Trompeten sind nämlich keine Autos, wo gegen die Luxuslimousine der Kleinwagen immer den Kürzeren zieht. Und eine Marke mit Know-How baut keine schlechten Instrumente, auch nicht am unteren Ende der Preisliste. Sie sehen vielleicht nicht ganz so schick aus wie die Spitzenserie und hier und da wurde am Material gespart. Aber genau Letzteres kann die Spieleigenschaften – je nach Geschmack natürlich – auch positiv beeinflussen. Und auf die Optik sollte man sowieso keinen großen Wert legen.

Doch es soll nicht verhehlt werden, dass die Wahl auf den Test der YTR 3335 deshalb fiel, weil Andy Haderer im Interview erzählte, auf dieses Modell gewechselt zu haben – ein Instrument, das er ursprünglich für ein Mädchen aus der Nachbarschaft auszusuchen gedachte, das Trompete spielen lernen wollte. Er fand bei diesem Vorhaben lustigerweise eine neue Trompete für sich.

Yamaha YTR 3335 – Einsteigermodell mit Reversed Leadpipe

Das Erste, was auffällt und auch von Yamaha selbst in der Vermarktung der Trompete als besonderes Merkmal genannt wird, ist die reversed leadpipe-Bauweise. Üblicherweise wird der Stimmzug in das zylindrische Rohr gesteckt, das an das Mundrohr anschließt. Hier stülpt er sich darüber. Das macht einen Unterschied im Luftfluss aus, überschätzen sollte man den Effekt aber nicht. Bei einer Zugkonstruktion gibt es immer ein inneres und ein äußeres Rohr und damit (im ausgezogenen Zustand) einen Abschnitt mit größerem bzw. kleinerem Querschnitt. Wenn es nach der Zugverbindung nicht mit dem weiterem Rohr weitergeht, dann muss – wie bei der Trompete – beim Zurückgehen auf das alte Maß eine Kante folgen. Bei einer Trompete mit reversed leadpipe ist der neuralgische Punkt der „Wiederverengung“ schlicht in Richtung Stimmbogen verlegt.

TrumpetScout_reversed leadpipe vs konventionell
Schematische Darstellung des Unterschieds zwischen der konventionellen Stimmzugbauweise und der reversed-Variante.

Egal, wie groß der Einfluss dieser baulichen Maßnahme ist, Yamaha setzt damit ein Zeichen. Bisher war es den Top-Trompeten ab der 6er-Serie vorbehalten und transportiert damit das Gefühl von Anstrengung bei der Entwicklung dieses Einsteigerhorns. Mögen auch ansonsten viele Bauteile bzw. Design-Elemente wie der auf dem dritten Ventilzug aufgesetzte verstellbare Fingerring von der noch günstigeren YTR 2330 übernommen worden sein, diese Veränderung zeigt eine Aufwertung an.

Schnelle Ventile, wenig Gewicht – it’s easy to handle

Die unprätentiöse, aber doch auch nicht schnörkellose Mundstückaufnahme ist an ein Mundrohr aus Goldmessing gelötet. Das ist übliche Praxis bei Schülerinstrumenten, da dieses Material wesentlich korrosionsbeständiger ist als Gelbmessing.  Anders als die 2330 bekam die 3335 eine Stütze im Stimmzugbogen spendiert. Unbestritten zeigt dies Wirkung sowohl in Bezug auf das Einrastverhalten als auch auf die Tonstabilität, doch dazu später mehr. Die Ventilzüge sind nicht mit Neusilber beschwert, die Kreuzelführungen aus Kunststoff, alles ist auf wenig Gewicht ausgelegt. Das gefällt nicht nur dem Arm (gewogen wurde das Instrument mit – je nach Oberfläche – um die 1.050 Gramm, ist also ein absolut mittleres Mittelgewicht), sondern auch dem Bläser bei der Tonerzeugung. Hürden muss man da keine überspringen. Auch nicht beim Drücken der Ventile. Sie liefen im Test ultraschnell und haben nie gehakt. So muss es sein – nicht nur für Nachwuchs-Trompeter.

TrumpetScout_Test_Yamaha YTR 3335 (16)
Die Stützklammern der YTR 3335 erinnern in ihrem Winkel ein wenig an die der Trompeten von Miles Davis.

Zwei Dinge fallen noch auf: Das erste ist der aufgetragene Goldlack. Warum es der sein musste, ist ein Rätsel. Vielleicht ist er – im Hinblick auf unachtsame Kinderhände würde das Sinn machen – robuster. Der Klarlack bekannt von den Xeno-Modellen ist schöner und definitiv wertiger. Diese ästhetische Kritik könnte man aber bei allem anbringen: den Ventildeckeln, Fingerdrückern, Fingerringen etc. Makulatur! Das Zweite, an dem man bei näherer Betrachtung hängen bleibt, sind die Verstrebungen zwischen Mundrohr und Becher. Sie sind in flachem Winkel angebracht und erinnern in der Draufsicht an die der legendären Martin Committee. In diesem Kontext passt der überlappende Stimmzugbogen natürlich hervorragend.

Der Sound der Yamaha YTR 3335

Aber vor dem Klang zunächst die Beobachtungen zum Blasgefühl. Kein großes Gewicht, überlappender Stimmzugbogen und 11,65 mm Bohrung, aber kein weites Schallstück – das Ergebnis (natürlich spielt der Faktor Mundrohrverlauf beim Blasgefühl eine große Rolle, und den kann man aber nicht leicht erfassen und in ein Schlagwort pressen) ist eine Trompete, deren Blaswiderstand in einem Durchschnittsbereich rangiert. Extrem offen ist sie nicht, spielte sich aber freier als die getesteten Xeno-Schwestern.

TrumpetScout hat keine Werbepartner – einziger Sponsor bist du, der Leser! Das sorgt für ehrliche und unbeeinflusste Einschätzungen von Instrumenten, wie z.B. bei diesem Artikel. Helfen dir die Informationen bei der Kaufentscheidung, dann willst du vielleicht etwas zurückgeben. Schon eine Spende von 5 Euro hilft dem Erhalt dieser Seite enorm: paypal.me/trumpetscout Danke!

Als Spieler gefiel der Klang nicht so gut wie als Zuhörer. Aber dort ist es ja entscheidend: Die YTR 3335 kann im unteren Bereich herrlich warm klingen, in der Mitte ordentlich und gestriegelt, aber im oberen Bereich auch sehr hell und zackig sein. Das ist eine Kombination, mit der man gut leben kann! Möglich dürfte diese Wandelbarkeit das zweiteilige Messingschallstück machen.

Ein Vergleich mit den großen Konzern-Verwandten ist machbar, aber sicher nicht mit den Komparativen „besser“ und „schlechter“. Die teureren Xenos mit viel mehr Gewicht orientieren sich an dem Sound-Ideal einer Bach mit mehr Kern. Dafür braucht es Masse und eine aufwändigere Herstellung. Das alles kostet Geld.

Die YTR 3335 ist definitiv ein Allrounder, der sich aber für die Verwendung als Jazz-Soloinstrument geradezu anbietet. Die Stimmung passt (wenngleich das Slotting nicht auf Spitzenniveau liegt – ein Folge der Bauweise und des geringen Gewichts) und bis zum G3 sind alle Töne gut spielbar.

Der Preis bei der Yamaha YTR 3335 ist heiß

Summiert man alle Eindrücke, so ergibt sich ein beeindruckendes Ergebnis von ausschließlich positiven Bewertungen in nahezu allen Kategorien. Das ist angesichts des niedrigen Preises quasi doppelt erstaunlich – oder vierfach. Denn das Standardprofimodell von Yamaha, die YTR 8335, kostet fast vier Mal so viel wie die YTR 3335, für die augenblicklich unter 500 Euro aufgerufen werden. Da muss man das Instrument dann gar nicht für Sohn, Tochter oder Enkel kaufen und heimlich selbst drauf spielen. Man darf es sich ruhig höchst offiziell zulegen, und sei es nur als Drittinstrument – mit garantiertem Hang zum Aufstieg in der Hackordnung.

[table caption=“TrumpetScout dares an educated guess“ width=“900″ colwidth=“400|900″ colalign=“left|left|center|left|right“]
What is she offering?,“A lot of different sounds“

Your new girl friend?,“Minimum Zweitfreundin.“

Preis?, 500 Euro. Gleich zwei kaufen!
Dauerbeziehung?,“Möglich! Auch on-off ist denkbar
[/table]