Wer schon einmal eine alte Bach New York oder Rudy Mück in den Händen hielt, wird in der B&S eXquisite diese eigenartigen Trompeten wiedererkennen. Der deutsche Hersteller hat für die Studiolegende Malcolm McNab also ein Instrument gebaut, wie es schon lange aus der Mode ist. Der TrumpetScout prüft, wie sich dieses neue Vintage-Horn spielt.
B&S, der Hersteller aus dem Vogtland (das ist die traditionelle deutsche Instrumentenbau-Region mit den Polen Markneukirchen und Klingenthal) hat mit Malcolm McNab einen der meistgehörten, wenngleich am wenigsten bekannten Trompeter der Welt als Endorser gewinnen können. Der 1943 geborene US-Amerikaner hat bis heute an mehr als 2.000 Soundtracks zu Filmen zwischen Indiana Jones und Star Trek mitgewirkt, sein Trompetenspiel wird also von einem Mega-, nicht nur einem Fach-Publikum gehört. Geläufig ist sein Name aber oft nicht einmal innerhalb eines belesenen Trompetenzirkels. Das liegt möglicherweise auch an seinem Spieltyp: Wo andere Studio-Heroen wie Chuck Findley oder Wayne Bergeron durch brachiales Spiel auffallen, besticht der Klassiker unter den Aufnahme-Künstlern McNab durch äußerst genaue Arbeit im großen Orchester. Dadurch platziert man sich per se nicht so prominent wie als Leadplayer in der Big Band oder bei einem Scream-Solo. Vielleicht ist für diesen Job aber noch mehr Akkuratesse vonnöten, weshalb die eXquisite so sein muss wie sie ist.
Der Name ist Programm: Die B&S eXquisite ist eine ganz feine Klinge
In diversen Interviews benennt Malcolm McNab die Schwierigkeit der Fließband-Studioarbeit: Man muss funktionieren, also möglichst perfekte Takes abliefern ohne dafür viele Anläufe zu brauchen. Am besten nur einen, vor allem, wenn im Orchester-Studio viele Menschen darauf warten, wieder nach Hause gehen zu dürfen. Wer seine Pianissimo-Stelle nach einer halben Stunde Pause vergurkt, zieht nämlich nicht nur den Unmut der Produzenten auf sich und riskiert, nicht mehr angerufen zu werden. Auch die Holz-Kollegen, die vor einem sitzen, können dann schon böse Blicke schleudern, was den Druck zusätzlich erhöht. Nach Ansicht McNabs meistert man die Herausforderungen eines solchen Trompeter-Daseins am besten durch die Verwendung einer kleinen Trompet, die nicht viel Luft braucht und gut anspricht. Das soll Sicherheit und Ausdauer gewährleisten.
Medium-Bohrung, Glöckchen und nur ein Kilo auf der Waage: ein Fliegengewicht
Die eXquisite ist eine handliches und klassisch schönes Instrument, da nach Vorbild von McNabs alten Bach-Trompeten konstruiert. Auch diese zeichnen sich durch durch nicht allzu weite Windungen aus, nur eine Stütze beim Stimmzug und vor allem den Becher mit sehr kleinem Durchmesser. Im Falle der B&S sind es 120 mm (zum Vergleich: Eine gewöhnliche Stradivarius hat 123, eine Yamaha Z 127 und eine Conn 38B oder moderne Heavy-Metal-Hörner 130 mm). Der Durchmesser sagt aber noch nichts über den Rohrverlauf aus, der letzten Endes mit der Schallstückgröße gemeint ist. Dieser lässt sich sehr schlecht optisch bewerten, dennoch wirkt (und spielt) sich die mit abgeflachtem Rand (dem sogenannten „French Bead“) ausgestattet Glocke bei der McNab-Trompete eher wie ein Glöckchen. Hinzu kommt trotz Neusilber-Außenzügen das sehr geringe Gewicht von 1.019 Gramm.
Kleines Equipment, trotzdem großer Ton? Is less actually more?
Eine Trompete mit kleiner Bohrung kann einen großen Ton erzeugen. Viele Modelle, die nach Schilke-Vorbild entworfen wurden, belegen das. Die eXquisite hingegen ist kein Schreihals. Sie ist aufgrund der sehr geringen Lautstärke-Entwicklung nicht Live & Unplugged-Big Band-Trompete geeignet, sondern eher für das Spiel mit Mikrofon oder im kleinen Rahmen bzw. klassischen Solo-Kontext gemacht. Das fühlt man sogar (ausnahmsweise) schon beim Anspielen: Der Widerstand ist beim kraftvollen Blasen gewöhnungsbedürftig groß, die Luft staut sich ab einem gewissen Volumen zunehmend (auch und vor allem im tiefen Register), ab einer gewissen Höhe wird es ebenfalls zäh. Wie das Video zeigt, fallen auch Bindungen nicht gerade besonders leicht. Trotzdem wird der benötigte Kraftaufwand nicht umgemünzt in einen kräftigen Strahl. Der Meister selbst weiß um diese Spieleigenschaft und die Gefahr des ersten Eindrucks, weshalb er vorausschickt, dass es eine Eingewöhnungsphase für diese Trompete brauche, nach der man dann bemerke, dass weniger doch auch mehr sein kann. Ein größeres Horn scheint viel besser spielbar, da es leichter anspricht, jedoch auf Dauer benötigt es viel mehr Kraft, um damit lange und exakt zu spielen. Hier steckt man mitten in einer Grundsatzdiskussion, da manche Trompeter einen großen Widerstand als ermüdend empfinden, andere dagegen ein offenes Instrument.
Eine Trompete mit Manieren, aber Stimmungsschwankungen
Klanglich kann die eXquisite auf jeden Fall überzeugen. Ihr Ton ist warm und trotzdem kernig. Man erkennt deutlich, aus welchem Erbe moderne Bach-Trompeten erwachsen sind. Der wohlerzogene bisweilen zugeknöpfte Sound prädestiniert diesen Individualisten für den Klassik-Einsatz, limitiert aber auch darauf. Vielleicht ist diese Trompete die lange gesuchte Alternative zum drehventiligen Konzertinstrument. Einziges Problem ist die schwierige Stimmung, zumindest beim Testinstrument. Die Problemtöne D2 und E2 stimmten mit dem Bach 3C extrem tief, wenn sie im Soundzentrum angespielt wurden, was man ganz deutlich bei den Aufnahmen hört. Mit dem kleineren Mundstück wurde es zwar besser (es bietet natürlicherweise weniger Spielraum), doch ein freies Spielen ohne extremes Gegensteuern war dennoch nicht möglich. Woran das liegen kann bleibt spekulativ, üblicherweise sollte eine moderne Interpretation eines alten Instruments stimmungsmäßig demgegenüber stets im Vorteil sein. B&S pflegt aber anscheinend (verifziert konnte das nicht werden) die Tradition des fließenden Übergangs zwischen Mundstückzwinge und Mundrohr.
Das heißt, dass innerhalb der Mundstückaufnahme keine Stufe entsteht, wo das Mundrohr endet. Diese Kante mag in den Augen einiger ein Makel sein, da sich hier etwas dem Luftstrom unnatürlicherweise in den Weg stellt, quasi nur aus Fertigungsgründen, ohne planerische Intention. Es hat sich aber herausgestellt, dass diese Stufe bzw. die Lücke (s. Darstellung der Gap) zwischen ihr und dem Schaftende des Mundstücks Ansprache, Einrastverhalten und Stimmung erheblich beeinflusst. Die nur minimal ausgebildete Stufe bei der eXquisite könnte also Verursacher für erschwertes Einrasten und dadurch letzten Endes die schlechtere Stimmung sein.
Leichte Sommersprossen, obwohl frisch ausgepackt
Die Ventile der der B&S eXquisite laufen gut, das Design von Deckeln und Fingerringen orientiert sich klar an Bach, wirkt aber nicht ganz so wertig. Gravierender hingegen, wenn auch spielerisch absolut bedeutungslos, sind kleine braune Flecken unter dem Lack. Sie stammen wahrscheinlich von einer nicht akkuraten Entfettung vor dem Lackiervorgang. Bei einer neuen Trompete im 2.000 Euro-Segment will man das nicht sehen. Was man sich dagegen gerne anschaut, ist der blaue und recht edle Doppelkoffer, der beim Kauf der eXquisite mitgegeben wird. Hier schließt sich der Kreis: Alles sehr exquisit.
Wichtige Aufnahmen: Neben Filmmusik sind das Malcolm McNabs Soloalben
Die B&S exquisite ist keine Trompete für jedermann, sondern ein Instrument für Fans dünner Rohre und schlanker Trompeten, die mit dem hohen Widerstand gut zurechtkommen und keine klanglichen Brüller erwarten. Diese Instrument wirkt wirkt wie ein entstaubtes Requisit, ein aufpolierter Anachronismus, das gerade durch seine Schrulligkeit und Eigenheiten Freude bereiten kann. Wermutstropfen ist jedoch die schwierige Stimmung. Wer die in den Griff bekommt, wird die eXquisite gerne spielen.
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What is she offering?,“Bach New York looks, M-bore, classical sound “
Your new girl friend?,“Man muss eine Vorliebe für diesen Typ haben.“ 4/10
Preis?,2.000 Euro. Muss man sich gut überlegen.
Dauerbeziehung?,“Wenn’s passt! Interessenten sind rar! “
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Das Testinstrument wurde TrumpetScout freundlicherweise zur Verfügung gestellt von FMB Fachmarkt Blasinstrumente GmbH aus Gütersloh.