Matthias Höfs‘ Magie: menschlich und musikalisch Meisterklasse

Matthias Höfs Spielkunst ist international anerkannt. Der Lübecker Trompetenvirtuose beherrscht sein Instrument, jedoch nicht mit Gewalt, sondern mit Leichtigkeit. Der TrumpetScout versuchte, ihm im Gespräch seine Geheimnisse zu entlocken – und wurde vom Blechmagier selbst verzaubert.

Es ist noch gar nicht so lange her, da wurde dem TrumpetScout auf Youtube ein Video vorgeschlagen: „The Top Ten Classical Trumpeters“. Mit dabei natürlich der unsterbliche Maurice André, natürlich der ewig jungenhafte Sergej Nakariakov, natürlich die unvergleichliche Alison Balsom und natürlich – Matthias Höfs. Natürlich (dann bekommt das Wort nun erst einmal wieder eine Pause!) wird eine solch plakative Aufzählung der Fülle an guten Musikern und vor allem dem Wesen der Musik nicht gerecht, da sie suggeriert, man könne in dieser Kunst Punkte erzielen wie im Zehnkampf und damit ewige Bestenlisten aufstellen. Dem ist zum Glück nicht so. Musik ist nicht höher, schneller, weiter. Musik ist nicht messbar. Was so eine Zusammenstellung aber doch belegt, ist dass der Deutsche auf sich aufmerksam gemacht hat, und das über Jahrzehnte. Ansonsten bringt man es nicht zu einer internationalen Reputation, deren wahrscheinlich erst letzte Konsequenz es heutzutage ist, dass man es auf einen vom Publikum zusammengestellten „Best of…“-Videosampler schafft.

Großer Respekt vor einem großartigen Trompeter

Ein Interview mit dem deutschen Trompetengiganten der Klassik stand schon lange auf der TrumpetScout-Wunschliste. Viele Facebook-Postings (und dazu viele Likes) mit Aufnahmen (und zugehörigen Noten, bei denen einem schon alleine vom Lesen schwindelig wird) von Matthias Höfs zeugen von der Wertschätzung gegenüber seiner Kunst. Was er spielt, wirkt vollkommen – technisch perfekt, aber nicht steril im Sinne von maschinell gespielt. Es geht auch über den Punkt hinaus, bei dem man frustriert resigniert und sich sagt: „Das ist übermenschlich, das schaff‘ ich nie so.“ Vielmehr erfüllt einen beim Hören neidlose Bewunderung der Kategorie „anderer Stern, aber ich übe auf meinem Planeten trotzdem weiter“.

Irgendwo in München erzählt Matthias Höfs bei brütender Hitze und kalten Getränken aus seinem Trompeterleben.

Angesichts einer nachvollziehbaren Übertragung von musikalischem Respekt auf menschlichen überraschte die Unkompliziertheit der Kontaktaufnahme: Aus dem förmlichen Sie in E-Mails wurde unvermittelt am Telefon ein Du, ohne dass es angeboten oder erfragt worden wäre. Nicht dass der TrumpetScout die anderen Interview-Partner während des Gesprächs noch gesiezt hätte. Aber bei Matthias Höfs war die Erwartungshaltung eine andere und seine freundliche Art löste jedwede Eingeschüchtertheit so schnell auf wie ein ♮ ein ♭. Es gilt also: Auch Klassikgötter sind Menschen.

Früh übt sich? Bei Matthias Höfs wurde früh schon viel gespielt

Und wie alle anderen Menschen kam Matthias Höfs weder mit einer Trompete zur Welt noch als fertiger Musiker. In die Wiege gelegt durch musizierende Eltern oder leichter gemacht durch Vorbilder unter Geschwistern wurde ihm auch nichts. Einzig der Großvater mütterlicherseits spielte seinerzeit Kornett im Posaunenchor in Polen – noch vor dem Zweiten Weltkrieg. Direkte Berührungspunkte gab es aber für den 1965 geborenen Matthias deshalb auch nicht. Man sah es maximal als schöne Fügung, dass das Hobby Musik in der Familie wieder aufgenommen wurde.

So begann der junge Mann aus dem zehn Kilometer von Lübeck entfernten Stockelsdorf mit sechs Jahren Trompete zu spielen. Eine solide Ausbildung erhielt er zunächst nicht: Die älteren Mitmusiker zeigten ihm lediglich die zu den notierten Tönen gehörigen Griffe. Der spätere Klassikstar begann also seine grandiose Laufbahn so unorganisiert wie wohl viele Blechbläser seiner und auch späterer Generationen. Die örtliche Blaskapelle war aber nicht genug. Der kleine Höfs spielte auch ohne Noten und zuhause sehr viel – zu Schlagern aus dem Radio. Das hört man vornehmlich von Jazz-Musikern und unterstreicht nur, dass es selbst für den Vorzeigeklassiker Höfs im Kopf keine Unterscheidung zwischen der noch immer zu gern kategorial getrennten E- und Musik gibt. Das viele Spielen führte alsbald dazu, dass der Dirigent der Kapelle den Eltern Höfs empfahl, den Filius in professionelle Obhut nach Lübeck zu geben.

Auch bei Matthias Höfs: Ansatzumstellung über den Sommer

Dort bekam er als 10-Jähriger Unterricht bei Peter Kallensee, der auch in Hamburg an der Musikhochschule unterrichtete. „Vorschule“ nennt Höfs diese besondere Möglichkeit für besonders begabte Kinder, bereits im Grundschulalter an eine Musikerlaufbahn hingeführt zu werden. Unausweichlich war dafür eine Aufnahmeprüfung.

Matthias Höfs mit elf Jahren. Foto: Matthias Höfs privat.

Dieser professionelle Unterricht brachte zwei wichtige Veränderungen mit sich. Zunächst einmal das maximal Invasive für einen Trompeter: Der junge Höfs musste seinen Ansatz umstellen. Teile des Mundstückrands setzte er bislang nämlich im Lippenrot an. Um Schädigungen zu vermeiden und damit die Leistungsfähigkeit seines Schülers auf lange Sicht zu gewährleisten bzw. mittelfristig auszubauen, bestand Höfs Lehrer auf eine Neupositionierung. „Er riet mir, über den Sommer erst ein paar Wochen gar nicht zu spielen und dann quasi neu zu beginnen.“ Einfach war das nicht, da der Trompetennovize bereits bis zum C3 spielen konnte und oft in Ensembles bereits das erste Pult besetzte, ein solcher Reset einen zunächst aber schlagartig zurückwirft. Höfs war aber geduldig und zielgerichtet. Er erholte sich alsbald und nutzte die Zeit an den Unterstimmen dazu, sich mit anderen trompeterischen Themen auseinanderzusetzen.

Als Jugendlicher studieren und mit Profis spielen

Die zweite Veränderung war stante pede positiv: Durch seinen Lehrer kam der heranwachsende Höfs in den Genuss eines professionellen Netzwerkes. So wurde in Lübeck der dort tätige Solo-Trompeter Herbert Schmidt-Kärner auf den frisch im zweistelligen Altersbereich angekommenen Matthias Höfs aufmerksam. Jener suchte Trompeter für Einsätze in der Kirche, Quintett-Spielereien und sogar Bühnenmusik im Opernhaus. Die Profikollegen hatten dazu nicht immer Lust und so kam der Schüler zum Zuge. Höfs durfte schon sehr früh an kommerziellen Aufführungen teilnehmen und dadurch nicht nur viel von erfahrenen Musikern lernen, sondern sich auch auf ganz natürlich Wege motivieren – durch die Faszination der Musik und der Idee des Künstlers an sich. Besonders hebt er im Gespräch Einsätze im Theater und an der Oper hervor. Als junger Teenager durfte er in den 70er Jahren die Welt des Backstage, all die dem Publikum verborgenen Abläufe rund um die Aufführungen hautnah erleben – und natürlich legitimiert lange aufbleiben. Dass solche Erlebnisse ein Feuer entflammen, ist leicht nachzuvollziehen. Bereits hier lässt sich ein Zwischenfazit ziehen und eine allgemeine Regel für Schüler wie Lehrer gleichermaßen ableiten: Nichts motiviert so sehr und macht einem dadurch zu einem besseren Musiker wie die Faszination an der Sache. Und nichts ist als Musiker so faszinierend, wie selbst mit guten Leuten auf der Bühne zu stehen und positiv in seinem Tun bestärkt zu werden. Der bald zu einem väterlichen Mentor gewordene Schmidt-Kärner dürfte also, ohne je explizit Höfs Lehrer gewesen zu sein, großen Anteil an dessen Entwicklung gehabt haben.

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1982 schmiss der noch immer blutjunge Lübecker die Schule – mittlerweile war er bereits  mit nationalen und europäischen Jugendorchestern unterwegs und gewann Wettbewerbe („Die Weichen waren klar gestellt.“) – und wechselte an die Hochschule für Musik und Theater nach Hamburg. Er pendelte zunächst zwischen den Städten, um bei Peter Kallensee nun auch in den regulären Hochschulunterricht zu gehen, übersiedelte dann nach einem Jahr an die Alster. Schnell fand er in der größten deutschen Hansestadt den Weg ins Philharmonische Staatsorchester, da er ein Probespiel auf die zweite Trompete gewann. Da einer der Solo-Trompeter aber nach Bayern wechselte, musste Höfs gleich aufrücken. Erst aushilfsweise, dann nach Ausschreibung und erneut gewonnenem Probespiel dauerhaft – mit 18 Jahren, ohne Abschluss und erst ein Jahr nach Studienbeginn! Matthias Höfs relativiert das heute ein wenig, indem er sagt, dass der Satz seinerzeit äußerst komfortabel besetzt war, also jede Stimme mehrfach belegt war. Außergewöhnlich ist dieser Einstand trotzdem allemal.

Das Geheimnis Nr. 1 von Matthias Höfs

In den frühen Achtzigern also spielte Matthias Höfs im Alter der gerade erst erworbenen Volljährigkeit mit Kollegen, die deutlich erfahrener waren – einige musizierten noch unter Böhm, Keilbert und gar Strawinski -, jedoch in den direkten Nachkriegsjahren oder gar davor noch eine ganz andere Ausbildung durchliefen als er. Bis dahin unüblichen Satzproben zur Verbesserung von Zusammenspiel und Intonation wäre man vielleicht mit großer Skepsis begegnet, hätte sie ein Teenager energisch eingefordert. „Als Grünschnabel unter den routinierten Profis bedurfte es eines sensiblen Miteinanders. Ich bat deshalb darum, die heiklen Stellen separat zu proben, um mir als Neuling Sicherheit zu verschaffen.“ Diesen Gefallen taten ihm den die Kollegen dann gerne – jedoch auch sich selbst, dem ganzen Orchester und nicht zuletzt dem Publikum. Das Echo von Dirigent und Ensemble war durchwegs positiv. Verzögerte Bestätigung für Höfs höfliche Kommunikationsweise und sein soziales Geschick waren die Worte eines Kollegen, der sich in den Ruhestand verabschiedete: „Als du damals ins Orchester gekommen bist, hat mich das so motiviert, dass ich mir sogar noch einmal eine neue Trompete gekauft habe.“ Das macht deutlich: Der Erfolgreiche in einem „Teamsport“ wie der Musik sollte bei allem Enthusiasmus immer auch ein Diplomat sein.

Matthias Höfs, die Karajan-Akademie und German Brass

Zeitgleich neben dem Studium in Hamburg nahm Höfs ein weiteres an der Karajan-Akademie in Berlin auf, um beim damaligen ersten Solo-Trompeter der Berliner Philharmoniker Konradin Groth seine Fertigkeiten zu erweitern. Nur nebenbei: Dort trifft er auf den vier Jahre älteren Rüdiger Baldauf, der zu dieser Zeit noch dachte, Orchestertrompeter zu werden. Trotz der in dieser Lebensphase noch relevanten „Altersüberlegenheit“ blickte der Rheinländer damals schon zum Norddeutschen und dessen Kollegen auf. „Fünf Klassen über mir. Wenn die nicht so nett gewesen wären, hätte ich mich nicht getraut mit denen zu reden.“ Ein eindeutiges Indiz dafür, dass bei Höfs Freundlichkeit und Charakter das Können am Instrument schon immer ergänzt haben.

Der erst 22-jährige Matthias Höfs 1987 – mit fast der gleichen Frisur wie 2017. Nur die Brille ist kleiner geworden.


Dienstlich blieb Höfs in Hamburg, begann von dann an aber auch die ganze Welt zu bereisen. Los ging es mit einer Fahrt nach Bamberg. Der erst 19-Jährige bekam eines Abends nämlich einen Anruf, ob er am nächsten Tag bei einer Probe mit einem sich gerade reformierenden Blechensemble dabei sein könne. Er packt kurzerhand seine Trompeten (als Klassiker ist man bekanntlich schneller im Bereich des Übergepäcks als ein Jazzer) und stieg in den Zug. German Brass wurde dadurch als doppeltes Quintett (ein Dezett) vollzählig und firmierte erstmals unter diesem Namen.

Über das Ensemble selbst braucht an dieser Stelle nicht mehr viel gesagt zu werden: Internationale Konzertreisen, mittlerweile 25 Alben. German Brass ist ein Fixstern am Blechfirmament. Von Anfang an auch als Arrangeur tätig: Matthias Höfs. Er wird nicht müde zu erklären, dass die Stärke der Gruppe darin liege, dass man sich teilweise schon sehr lange kennt und quasi blind versteht und, dass durch die mit Bedacht angefertigten Arrangements die individuellen Stärken eines jeden Mitglieds optimal genutzt werden. „Jeder findet auf seinem Pult das vor, was er gerne spielen mag. Würden wir alle einen Stuhl weiterrücken, funktionierte alles schon nicht mehr so gut.“

Matthias Höfs als Solist und Lehrer: das Geheimnis Nr. 2

Man kann sich denken, dass German Brass schnell mehr als ein Hobby wurde. Wie aber war dieses Engagement mit der Anstellung in Hamburg und den zugehörigen Diensten vereinbar? Wie bereits erwähnt, war die Personaldecke dort sehr stark und man ließ dem Nachwuchs-Star viel Freiraum. „Geh du ruhig auf deine Konzertreise“, hieß es wahrscheinlich nicht einmal ohne Stolz, schließlich profitierte das ganze Orchester von der künstlerischen Entwicklung seines Solotrompeters. So ist es auch zu erklären, dass Höfs dem Philharmonischen Staatsorchester in Hamburg bis 2000 als festes Mitglied erhalten blieb.

Danach wechselte er die Festanstellung innerhalb der Alstermetropole – Matthias Höfs wurde 35-jährig als Professor an die Hochschule für Musik und Theater berufen, an der er zwei Jahrzehnte zuvor selbst das Studium aufnahm. Und wie ist der Lehrer Höfs? Wahrscheinlich freundlich, besonnen, sicher präzise in seiner Sprache und vermutlich nur positiv einschüchternd. Keiner, der einen das Fürchten lehrt, sondern einer, der durch die eigene Begeisterung seine Studenten begeistert. „Wenn ich ein gutes Konzert am Vorabend gespielt habe, dann bin ich wie elektrisiert und nehme das am nächsten Morgen in den Unterricht mit.“

Hände, die nicht nur die Trompete halten und bedienen, sondern auch die Rede gestisch unterstützen wollen.

Sowohl für den Trompeter als auch für den Trompetenlehrer steht der Klang und die Freude an der Musik im Vordergrund. So erklärt er im Interview mit dem Kollegen von trompete-spielen-lernen.de, wie wichtig es ist, Wert auf seinen Ton zu legen, egal ob man „nur“ eine Etüde spielt. Man darf technische Aspekte wie Fingerkoordination oder den Zungenstoß nicht separieren, sondern sollte sie in die Musik einbinden. Dennoch müssen natürlich die Voraussetzungen stimmen, um musikalische Ideen umzusetzen. Beherrschung des Instruments und Ausdrucksfähigkeit gehen nach Höfs Hand in Hand. Genau dieses natürliche Miteinander in der Entwicklung dürfte das zweite große Geheimnis seines Erfolgs sein. Auch ein Matthias Höfs dachte sich oft, dass gewisse Stücke doch eigentlich nicht spielbar seien, als er sie zum ersten Mal hörte. Er entwickelte sich und baute dabei aber nie eine lähmende Schranke im Kopf auf. Bei ihm siegte stets die Freude über ein Stück über die Angst vor dem Versagen. „Es ist mir egal, wie viele Leute im Publikum sitzen. Ich spiele das für mich und die Musik. Wenn sich manche Studenten denken, sie müssten ein Konzert zuhause fünf Mal hintereinander durchspielen können, um es dann einmal auf der Bühne zu schaffen, dann ist das der falsche Ansatz. Du musst es einmal schaffen und dann die vollen 100 Prozent vor Publikum abrufen können.“ Das ist leicht gesagt. Aber die Essenz dessen sollte man sich stets vergegenwärtigen, egal in welchem Genre man unterwegs ist: Hab‘ Lust auf die Musik!

Höfs, der Tüftler – über das Klangspektrum der Trompete

Die mittlerweile zehn erschienen Soloalben sind Zeugnis von Höfs Arbeit abseits von German Brass und anderen Ensembles, bei denen mitwirkt. Er zeigt sich als profunder Kenner der Musikgeschichte und insbesondere der Geschichte seines bzw. unseres Instruments. Es gibt u.a. natürlich Einspielungen vom klassischen Tandem Trompete und Orgel, eine Aufnahme eines Crossover-Projekts mit Jazz-Trio, eine Platte mit dem von Höfs geschätzten Kollegen in Ruhestand Hans Gansch und auch eine CD mit herrlichen Adaptionen von Mozart-Werken für Trompete.

Gerade erst erschien ein Album mit , das dem vor 300 Jahren ebenfalls in Hamburg wirkenden und bis heute sehr einflussreichen „Fleißkomponisten“ Georg Philipp Telemann gewidmet ist. (Einen Trailer findet man hier.)

Dass Höfs nicht nur die Möglichkeiten der Literatur auslotet, sondern auch des Instruments, bezeugt der Tonträger „The trumpet shall sound“. Hier spielt Höfs zwischen Piccolo- und Bass-, Klappen- und Aidatrompete, Flügelhorn und Kornett eigentlich alles, was bis dato unter dem Label Trompete gebaut wurde. Und was noch nicht gebaut wurde, gibt der Wahlhamburger nach und nach in Auftrag – so z.B. eine Trompete mit zweitem Becher, zu dem man per Ventil wechseln kann und der unabhängig stimmbar und ausrichtbar ist. Dadurch ergeben sich ganz neue Möglichkeiten. Gibt es ein eindeutigeres Zeichen von Experimentierlust als dieses Instrument? Wohl kaum.

Die Thein MH One Double Bell – damit sind je nach Raum Echos möglich, der Wechsel zwischen Dämpfer- und Offenklang und auch Intervalle, die kleiner als Halbtöne sind.

Bekannt ist Höfs Zusammenarbeit mit der Bremer Manufaktur Thein, aus der seit vielen Jahren das gesamte Blechgeschirr des Musikers stammt. Dort kann er sich austoben und seine Ideen umsetzen. Wenn Matthias Höfs von den vielen Varianten der Trompete in puncto Stimmung, Ventiltyp oder Materialien redet, spürt man, wie viel ihm Klang bedeutet und auch, wie glücklich er darüber ist, ein Instrument zur Verfügung zu haben, dass prinzipiell so viele Facetten von leise, dunkel und intim bis hin zu schmetternd, hell und raumfüllend mit allen Abstufungen dazwischen u.a. durch Dämpfer, Mundstück und natürlich Spielweise zulässt.

Der Herr der Trompetenklänge ist ein weiser Mann mit überschaubarem Ego

Das Gespräch mit Matthias Höfs fand an einem späten Nachmittag im hochsommerlich aufgeheizten München statt. Stoisch harrte der Mann aus dem Norden im Süden der Dinge, da dem TrumpetScout der Verkehr ein Bein stellte und man sich trotz Smartphone-Navigation tatsächlich doch noch verlaufen kann. Allüren? Kein Thema. Da über den Musiker Höfs sowieso schon so vieles geschrieben wurde, sei ein Schlusssatz auf den Mensch Matthias beschränkt: Seine Ruhe scheint nicht erlernt, seine Klugheit im Umgang mit anderen Menschen schon immer dagewesen und sein Ego trotz der sicheren  Wahrnehmung der eigenen Klasse nur so groß zu sein wie ein kleines Bier in Bayerns Landeshauptstadt: winzig.

Auf die nachgeschobene Frage in einem zweiten Gespräch, ob er irgendwann die Trompete weglegen wird wie sein Kollege Hans Gansch oder gar nicht so wenige andere Musiker im klassischen Orchesterdienst, entgegnet der höchst eloquente 52-Jährige ganz simpel: „Wenn ich die ganz schweren Stücke mal mental und körperlich nicht mehr schaffe, dann spiele ich halt die leichteren Sachen. Und wenn die auch nicht mehr gehen, dann spiele ich halt ohne Publikum. Mir geht es nicht um die große Bühne, sondern um die Musik.“ Mit der glaubwürdigen Begeisterung eines enthusiasmierten Kindes fügt er dann noch hinzu: „Seit meinen ersten Tönen auf der Trompete brennt das Feuer. Warum nicht auch noch mit 80?“