Monette-isierung eines Trompetenmundstücks – ein Umbauexperiment, Teil 1

Was passiert eigentlich, wenn man…? Solche Fragen haben den TrumpetScout schon immer umgetrieben, vor allem, wenn es um die Trompete geht. Deshalb startete er ein Experiment , das man als außergewöhnliches Mundstück-Tuning bezeichnen könnte – oder als tumbe Zerstörung.

Das naive Imitieren eines Mundstückkonzeptes, das Davide Monette, Gründer und Chef der gleichnamigen US-amerikanischen Mundstück- und Instrumentenschiede, bereits in den 80er Jahren ersann – das nennt der TrumpetScout ganz keck ‚Monette-isierung‘. Auf Englisch gelingt sogar ein Wortspiel, das im Deutschen historisch belastet ist: ‚Monette-ization‘. Stein des Anstoßes war die zufällige Vermessung der drei Bobby Shew Lead-Mundstücke von Yamaha, die dem TrumpetScout gehören, und das Resultat derselben: Eines davon ist größer gebohrt. Und genau dieses abnorme Exemplar sollte nun einer weiteren Mutation unterzogen und damit die Frage geklärt werden: Kann man aus einem normalen Mundstück ein Monette-Mundstück machen ohne dafür extrem viel Geld zu investieren?

Das macht ein Monette-Mundstück im Wesentlichen aus

Monette-Mundstücke sowie die epigonalen Mundstücke von Lotus – beide hat der TrumpetScout schon in den verlinkten Artikeln besprochen – weisen zwei prominente Eigenschaften auf: Sie haben eine sehr große Bohrung sowie einen vergleichsweise kurzen Schaft.

 

Natürlich spielt die Länge der Seele ebenfalls eine Rolle und genauso die Backbore, also die Geometrie des Mundstückabschnitts in Blasrichtung nach der engsten Stelle. Diese Eigenheiten lassen sich aber nicht ohne Weiteres ermitteln – und schon gar nicht schnell sowie günstig nachbauen. Zur Rekapitulation: Akklamiertes Ziel von Dave Monette und Adam Rapa (bei Lotus) ist, ein Mundstück zu bieten, dass Ton- und Stimmungszentrum besser zusammenbringt als das konventionelle Mundstücke tun. Das Ziel des TrumpetScout-Experiment muss natürlich anders formuliert werden: Es gilt herauszufinden, was grobe Eingriffe bei Schaftlänge und Bohrungsgröße bewirken. Im besten Falle sind die Effekte signifikant und positiv – oder die Manipulationen machen, ohne weitere Anpassungen, das Mundstück einfach nur kaputt.

Schritt 1: den Schaft kürzen

Die erste Maßnahme der Monette-isierung betraf die Länge des Mundstücks. Beim Instrumentenbauer wurden vom Stengel 5 mm abgenommen. Für den perfekten und sicheren Schnitt erst in der Drehbank quasi angerissen, dann gesägt und entgratet.

Gute 5 mm ist das Projektmundstück nun kürzer.

Mehr Materialstärke am Ende des Stengels

Diese Kürzung hat natürlich zur Folge, dass sich die Stufe, die den Übergang von Mundstück zu Mundstückaufnahme am Schaftausgang vergrößert. Denn im Stengel mit einem leichten Außenkonus, der sich zum Kessel hin öffnet, bewegt sich die Luft in einem Kanal, der – vereinfacht beschrieben – eine gegenläufig konische Form aufweist: Der Konus öffnet zur Trompete hin. Mit jedem Millimeter, den man abnimmt, nimmt die Materialstärke zu und damit die Fläche eines sichtbaren Rings.

Ein abgesägter Schaft sorgt buchstäblich für ein dickes Ende. Hier zur Veranschaulichung eine sehr starke Kürzung.

Natürlich geht mit der Verkürzung – das ist intendiertes Ziel – eine deutliche Vergrößerung der Gap, also des Abstands zwischen Mundstückausgang und Mundrohr, einher. Das gehört zur Funktionsweise von Monette-Mundstücken.

Deutlich sichtbar: Der Übergang vom Mundstück in die Trompete vollzieht sich nun nicht mehr sanft.

Inwiefern sich das ‚dicke Ende‘ eines schlicht abgesägten Mundstücks auswirkt? Es wird sich zeigen. Aber selbst wenn die volle Länge erhalten bliebe und die Stufe dennoch so stark ausgeprägt wäre – durch den Anstoß am Mundrohr, der bei den allermeisten Trompeten vorhanden ist, wäre ein sanftes Ausströmen der Luft und ein weicher Übergang in die Leadpipe sowieso nie gegeben. Vielleicht bietet eine echte Abrisskante vor dem Gap-Bereich sogar Vorteile? Das bleibt Spekulation. Aber es gibt selbst unter regulären Mundstücken Unterschiede bei der Materialstärke am Schaftausgang und somit unterschiedlich ausgeprägte Stufen – wenn auch nie so stark wie im Fall dieses gekappten Stengels.

Der Effekt der verkürzten Backbore

Wie macht sich nun die Verkürzung bemerkbar? Im Vergleichstest Bohrung klein vs. größer erhielt das Bobby Shew Lead mit der angegebenen kleineren Bohrung den persönlichen Vorzug. Jetzt, nach der Verkürzung, ergibt sich ein anderes Bild: Der Unterschied im Sound ist hinter dem Instrument eher zu vernachlässigen. Aber auch davor fällt er nur marginal aus. Die TrumpetScout-Testhörerin charakterisierte den Klang des abgesägten Mundstücks als „knarrender“ und empfand es in der mittleren Lage als etwas lauter. Im oberen Bereich war gar kein nennenswerter Unterschied vor der Trompete mehr zu vernehmen.

Beim Spielgefühl verhält es sich ähnlich. Der TrumpetScout meinte zu glauben, das kürzere Exemplare erzeuge mehr Widerstand und die Luft fließe nicht ganz so leicht ab. In der kritischen Selbstbeobachtung muss man das als Placebo-Effekt einordnen. Wenn man weiß, dass das kürze Mundstück mit der stärkeren Kante im Einsatz ist, das hat dieses Wissen einen Einfluss. Bei Gigs wurde das Mundstück mit Bedacht gemieden. Bei Proben hat es es teils unbeachtet, teils absichtlich in die Mundstückaufnahme geschaffft. Negativ fiel dabei nichts auf – weder bei der Ansprache noch bei Widerstand, Slotting und Stimmung.

Es wäre interessant, das Experiment mit einem tieferen (Klassik-)Mundstück zu wiederholen. Der TrumpetScout hat noch zwei identische 1 1/2 C-Mundstücke in der Lade. Möglicherweise zeigt sich außerhalb des High Compression-Bereichs ein stärkerer Effekt. Wer das Experiment selbst durchführen möchte – Feedback dazu ist natürlich willkommen.

Das Textexemplar – mit bereits minimal größerer Bohrung

Wie bereits eingangs erwähnt, startete die Mission ‚Cheap Monette-ization‘ mit der zufälligen Vermessung von Bobby Shew Lead-Modellen von Yamaha. Eines davon hatte eine Bohrungsgröße, die nicht wie vom Hersteller angegeben zwischen 3,5 und 3,6 mm lag, sondern zwischen 3,6 und 3,7 mm. So ging der TrumpetScout in diesem Artikel zunächst der Frage nach, wie sich die minimal größere Bohrung auswirkt. Eben jenes Exemplar wurde nun auch für die Zirkumzision verwendet. Das verzerrt zwar das Testergebnis minimal, da neben der Schaftlänge noch ein anderer Faktor gegenüber der Serie verändert wurde. Die Abweichung ist aber zu vernachlässigen – und Trompetenmundstücke wachsen einfach auch nicht auf Bäumen.

Eines von vielen Experimenten, die der TrumpetScout mit Freude durchführt. Dennoch kosten sie viel Zeit. Wenn du kannst, unterstütze die Arbeit an den Artikeln mit einer Spende: paypal.me/trumpetscout! Danke! 

Zudem setzt Schritt 2 der Metamorphose eben genau dort an: bei der Bohrung des Mundstücks. Die Fortsetzung des Experiments wird die Seele betreffen. Wie weit diese geöffnet wird, lässt sich noch nicht sagen. Ein signifikanter Unterschied sollte aber gegeben sein. Mindestens 3,7 mm, eher 3,8 mm oder sogar mehr. Übertreiben darf man es sicher nicht, denn nach groß kommt durch. Und dann bräuchte man wieder ein neues Exemplar, um den Sweet Spot zu erwischen – sofern es überhaupt und in irgendeinem Sinne besser wird.

Hier gut zu sehen ist der äußere Konus des Stengels. Er sorgt mit dem Innenkonus dafür, dass durch das Kappen eine Fläche und somit harte Kante am Ausgang entsteht.