Olds Recording: Trompete im Gleichgewicht

Unter den Hero Horns des letzten Jahrhunderts gibt es einige, die besonders hervorstechen. Nicht nur durch ihre guten Spieleigenschaften, auch durch ihr besonderes Design. Die Martin Committee gehört dazu, die Conn Connstellation und ganz sicher auch – die Olds Recording. Die Analyse einer echten Ikone unter den Trompeten.

Sie hat ein eigenartiges Design. Doch die Olds Recording ist ein fabelhaftes Instrument.

Wer die Testartikel des TrumpetScout zu Olds-Trompeten kennt, der weiß: Das Fazit fällt durchwachsen aus. Während die Olds Ambassador hochgeschätzt wurde und wird, fiel das Urteil über die Olds Super eher bescheiden aus. Verwunderlich insofern, als dass die Super bei Olds in der Modellliste deutlich höher rangierte als das vermeintliche Schülermodell Ambassador. Auf der anderen Seite: So manche Einsteigertrompete weiß mit besseren Spieleigenschaften als ihre Geschwister mit höheren Weihen zu punkten. Der Sound lässt die teureren Instrument dann oft wieder aufschließen oder gar vorbeiziehen.

Um sich ein klareres Bild zur Marke zu verschaffen, hat der TrumpetScout für diesen Test noch höher ins Regal gegriffen: Ausführlich gespielt, kritisch beäugt und akkurat gewogen wurde die legendäre Olds Recording.

Ein Balanceakt: das Design der Olds Recording

Legendär und zugleich ungeliebt. So müsste man fast sagen. Denn eine Recording sieht man heute kaum noch in Aktion, während alte Connstellations, Committees und erst recht 37er Strads noch immer stark verbreitet sind. Das kann eigentlich nur in der Optik begründet liegen. Der noch weiter als bei der Ambassador in Richtung Trichter gerückte Ventilstock verleiht der Trompete einen ungewohnten Look. Dieses Balanced Design hat ergonomische Vorteile, da die Trompete so weniger kopflastig ist und sich leichter halten lässt. Nur irritiert diese Bauweise, da fürs Auge einfach nicht gewohnt. Daran konnte nicht einmal Louis Armstrong mit seiner Selmer Balanced-Trompete etwas ändern. Und wahrscheinlich weil irritierend, hat es sich nie durchgesetzt, konnte also auch nie zu einer Norm werden. Ein Teufelskreis. Ein Vorteil der Trompete wurde zu ihrem größten Nachteil. Ein Feature zum Makel.

Eine ergonomische Ventilanordnung. Bei Olds kam diese Idee vor 80 Jahren auf.

Ebenfalls unter Ergonomiegesichtspunkten gut – wenn auch eher faszinierend als störend – sind die nicht in einer Ebene liegenden Ventile. Das zweite ist aus Spielersicht weiter links positioniert. Warum? Weil der Mittelfinger länger ist als Zeige- und Ringfinger. Wird man diesem natürlichen Umstand gerecht, braucht es weniger Anwinkelung. Das soll ein entspannteres Spielen unterstützen.

Auch die Wasserklappe am Stimmzug wurde so konzipiert, dass man sie gemeinsam mit der am dritten Ventilzug bequem öffnen kann. Und zwar so, dass dabei der Stimmzug nicht aus Versehen hineingeschoben wird. Seitlicher Druck entlässt das Wasser aus dem Rohr. Hinzu kommt ein Triggermechanismus für den dritten Ventilzug

Seitlicher Druck statt von vorne. Auch das ist komfortabel und man verstellt den Stimmzug nicht.

Den Legendenstatus hat die Recording also zu einem Teil sicher aufgrund ihrer völlig auf Ergonomie ausgerichteten Bauweise. Diese war Anfang der 1940er Jahre sicher revolutionär (hier der Link zu einem Katalog von 1941, der die Recording als Super Recording erstmals aufzeigt) und ist heute noch beeindruckend. Beeindruckend ist zudem, dass dieses Design das Flaggschiff der Olds-Trompetenflotte auszeichnete – nicht irgendein Nischenmodell. Eine sichere Wette war das nicht, sondern zeugte vom Glauben an die eigene Innovationskraft. Ja, später gab es mit der Opera, Mendez und anderen Sondermodellen Trompeten, die offiziell über der Recording angesiedelt waren. Aber die 37er Strad von Olds war bis zum Ende der Marke über 30 Jahre lang die Recording.

Was die Olds Recording auszeichnet

Abgesehen von den ganz offensichtlichen Charakteristika, sind noch weitere zu nennen. Nicht nur die Außenzüge, auch das Mundrohr sind aus Neusilber gemacht. Im Stimmzug gibt es eine Stütze und die Ventile mit einer Bohrung von 11,68 mm laufen in zweigeteilten Büchsen. Der Becher mit einem Ausgangsmaß von 124 mm ist aus einer Legierung gemacht, die Olds mit Re-O-Loy bezeichnete. Was auch immer sich genau dahinter verbirgt: Der Kupferanteil ist augenscheinlich sehr hoch.

Mittelschwer bis leicht ist die Olds Recording. Hier zu sehen sind auch die aus dem vollen gefertigten Stützen zwischen den Ventilzügen.

Die Blechstärke dürfte eher im niedrigen Bereich liegen. Dafür spricht auch das Gewicht von 1.082 Gramm. Damit ordnet sich die Olds Recording unterhalb der Ambassador und auf dem Niveau der Super ein. Nur gibt es hier eben noch einen Trigger und eine Marschgabelhalterung. Ohne diese Anbauteile würden auf der Waage vielleicht nur 1.050 Gramm stehen.

Ventilbüchsen aus zwei Teilen und zwei Materialien.

Eher optisch interessant: Wie auch bei der Super sind die aufgelöteten Griffpunkte bei den Zügen 1 und 2 mit Perlmutteinlage versehen.

So spielt sich die Olds Recording

Für den direkten Vergleich stand dem TrumpetScout die eigene Ambassador zur Verfügung – eine gute Referenz. Daneben war noch eine Yamaha 8335RGS bei der Hand, die Selmer Radial 99 sowie sogar kurzzeitig eine Lotus Universal und eine CarolBrass. An Vergleichsmaterial hat es also nicht gemangelt. Die Ambassador war die offenste im Reigen, hatte am wenigsten Widerstand. Die Recording, um die es hier geht, bot davon zwar etwas mehr, war aber keineswegs eng. Vielmehr schien die Trompete gerade in dem Maße mehr Gegendruck zu erzeugen, wie man es sich wünscht, wenn man z.B. auf die Lead-Stimme wechselt oder es allgemein etwas knackiger sein darf. Wenn die Ambassador das Solo-Jazzhorn ist, dann ist die Recording das reaktionsfreudige Universalinstrument mit guter Ansprache.

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Jetzt aber zum größten Unterschied, der hinter der Trompete so deutlich wahrnehmbar ist, dass es einen sofort nach dem ersten Ton staunen lässt: Das Feedback der Olds Recording ist phänomenal. Man hat das Gefühl, der Trichter spricht regelrecht zu einem. Der Ton strahlt nach hinten, seitlich, einfach in den gesamten Raum ab. Das ist toll fürs Kammerspiel und zur Kontrolle des eigenen ‚Sound-Produkts‘. In manchen Situationen, vor allem unter freiem Himmel, kann das zu wenig sein. Aber gerade deshalb macht die Trompete vielleicht ihrem Namen alle Ehre: Bei der Aufnahme im Studio möchte man möglicherweise genau das haben.

Sicher für den Sound und das tolle Feedback verantwortlich: der Becher mit viel Kupfer.

 

Olds Recording: perfekte Intonation, knackiger Klang

Großes Thema bei Vintage-Instrumenten: die Intonation. Und in diesem Punkt gibt es wirklich nichts zu bekritteln. Trotz schon deutlich abgenutzter Ventile stimmt das Testinstrument hervorragend. Da kann die (weitere) Ambassador nicht mithalten.

Wie klingt das Ding jetzt aber? Nun, Neusilbermundrohr und viel Kupfer im Becher, das verheißt einen spröden Ton. Den produziert die Recording aber dankenswerterweise nicht. Ein Sizzle-Generator vor dem Herrn ist sie zwar auch nicht, aber dennoch quicklebendig. Der Ton ist im Vergleich zur günstigeren Schwester weniger samtig, dunkel, wolkig. Er hat mehr Kern, auch wenn der in alle Richtung strahlt. So kernig wie die CarolBrass in Heavy-Ausführung war sie jedoch nicht und auch etwas leiser als die Selmer sowie die modernen Trompeten. Klar, die Lotus Universal zum rund fünffachen Preis spielte sich noch sicherer, brachte noch mehr Sicherheit und Volumen. Aber krasser könnte der Gegensatz in Hinblick auf Alter und ‚Trumpet Tech‘ nicht sein – und trotzdem muss sich die Recording hinter diesem vermeintlichen State-of-the-Art- Superhorn nicht verstecken. Ihr Ton verzaubert einen als Spieler:in, und das schlagartig. Man will nicht aufhören, damit Musik zu machen. Und auch wenn das Balanced Design und der Vintage-Charme einen an Satchmo und frühen Jazz denken lassen: Das Einsatzgebiet erstreckt sich bei dieser Perle im Grunde über alles.

To buy or not to buy: Muss die Olds Recording in die Sammlung?

Und nun die finale Fragen: Muss man so ein Ding haben? Und was kann man dafür bezahlen? Ein bisschen hängen die Antworten zusammen. Befürworter der Olds Recording wie Trent Austin, die sie sogar zu den besten Trompeten in der Geschichte überhaupt zählen, haben dazu beigetragen, dass teilweise astronomische Summen für gut erhaltene Exemplare verlangt werden. Gerade für die frühen Baujahr(zehnt)e werden und wurden teilweise Preise von 2.000 Euro und mehr aufgerufen. Auf der anderen Seite fängt es bei ACB bereits bei knapp über 1.000 Dollar (ja, plus Versand und Einfuhrumsatzsteuer) los. Ist die Trompete aber in technisch guten Zustand, bekommt man recht viel Vielseitigkeit und eben auch viel Geschichte fürs Geld. Beweis gefällig? Anscheinend hat der große Maurice Murphy auf einer Olds Recording die Filmmusik zu Star Wars eingespielt. Mehr echten Trompetensound kann man nicht wollen.