Rückschau im Corona-Jahr: Das war 2020

2020 war eine einzige Generalpause, und das für fast alle Musiker. Bei TrumpetScout hieß es zwar nicht ‚Full Stop‘, doch auch das Magazin wurde etwas ausgebremst. Eine Analyse und ein Ausblick.

2020 brachte sicher viele zum Nachdenken. Freelancer stellten sich vielleicht die Frage: „Habe ich den richtigen Job gewählt?“ Musiklehrer waren vielleicht sehr froh, nicht von Gigs leben zu müssen und fragten sich eher, wie das jetzt mit Zoom, Skype und Co. eigentlich genau funktioniert. Und die große Schar an Amateuren war vielleicht so froh wie noch nie, kein Profimusiker zu sein und fragte sich plötzlich eher: Warum eigentlich überhaupt noch üben?

Zeit für einen Reset

Klar, das ist überspitzt und über einen Kamm geschoren, aber im Kern sicher nicht völlig falsch. Für den TrumpetScout war die Idee, die Trompete im Koffer zu lassen, anfangs ganz weit weg. Vielmehr bedeutete das Aus des gewohnten Betriebs mit (über den Daumen gepeilt) einer Probe oder einem Gig pro Woche eine Chance – nämlich die, grundlegende Mankos anzugehen. Und damit sind wir schon bei wahrscheinlich dem persönlichen Highlight des Trompetenjahres 2020: der Besuch von Tobias Füller.

Der Meister im TrumpetScout-Wohnzimmer.

Dessen analytischer Zugang hat extrem begeistert – und nicht minder seine trompeterischen Fähigkeiten. Hier gibt es ja bei einigen, teilweise auch bekannten, Lehrern eine unangenehme Diskrepanz. Füller stellt Regeln und Axiome auf, die er mit seim eigenen Spiel bekräftigen kann. Das schafft Plausibilität und legitimiert ihn neben den Erfolgen seiner Schüler zusätzlich als einen der gefragtesten Lehrer des Landes. Der mit Tobias Füller erarbeitete Artikel zum Bernoulli-Effekt hält elementares Wissen über die Tonerzeugung bei Blechblasinstrumenten fest, das für den TrumpetScout selbst nach über 30 Jahren der Auseinandersetzung mit der Trompete komplett neu war.

Corona und die Interviews

Werfen wir einen Blick auf die für viele wichtigste Kategorie des Magazins: die Porträts. 2020 gab es leider nur zwei davon: mit Lorenzo Ludemann und Steve Dillard aka ‚The Horntrader‘. Das hat natürlich auch mit Corona zu tun. Man trifft einander nicht mehr so einfach, schließlich führt eine nicht stattfindende Tournee die Musiker auch nicht durch die Lande. Darüber hinaus schien bei dem ein oder anderen auch die Bereitschaft gesunken zu sein, in diesen Zeiten Auskunft zu geben. Und das ist verständlich. Musiker definieren sich über Musik, und die wird meist live vorgetragen. Gibt es keine Konzerte mehr, wird einem das genommen, über das man sprechen kann. Die aktuelle Situation auszuklammern wäre merkwürdig – auch wenn es bei TrumpetScout-Interviews ja stets um größere Zeitspannen und daneben über Trompetentechnik geht.

Ein Porträt war schon mehr als angebahnt – und zwar mit Trent Austin. Dass dies dann trotz starkem Bemühen schlussendlich nicht zustande kam, ist schade, aber vorerst nicht zu ändern. Weitere sind in Planung und dürften im neuen Jahr die Leser begeistern.

Ausgetestet: der letzte Artikel über eine neue Trompete

Ein Kapitel endet tatsächlich zeitgleich mit dem sechsten Jahr TrumpetScout – und das sind die Testartikel. Diese Kategorie hat dem TrumpetScout stets viel Spaß bereitet, da so der Equipment-Verrücktheit, die ja nicht wenige Trompeter ergriffen hat, mit gutem Grund nachgegeben werden konnte. Viele tolle und darunter auch sehr exotische Trompeten machten beim TrumpetScout Station und wurden akribisch beschrieben und bildlich sowie tonlich dokumentiert. Außerdem führte die Rubrik den TrumpetScout ins Yamaha Atelier nach Hamburg und sogar ins Herz der US-amerikanischen Blasinstrumentenproduktion, nach Elkhart.
In der Bilanz stehen (falls nicht verzählt) Testartikel von 62 Trompeten. Keine einzige der Leihgaben nahm dabei übrigens Schaden (puh!).

Das erste Testinstrument war eine CarolBrass. Die hatte sich der TrumpetScout dafür noch selbst gekauft.

Diese Artikel sind so etwas wie Dauerbrenner, die auf kleiner Flamme lodern. Sie werden nicht so schnell von vielen konsumiert wie etwa die Porträts, sondern ziehen über die Zeit viele Leser an. Bei Trompeten tut sich glücklicherweise nicht so viel wie etwa bei Smartphones – weshalb auch Artikel von vor 5 Jahren heute noch immer gelesen werden. Besonders erfreulich ist, wenn Leser von Käufen in Folge der positiven TrumpetScout-Darstellung berichten und jene auch nachher sehr glücklich mit dem jeweiligen Instrument sind.

Trotz aller Freude am Testen – das Öffnen eines Paketes mit neuen Instrumenten war immer wie Weihnachten en miniature – ist mittlerweile das Gefühl vorhanden, alles schon einmal gespielt zu haben. Es gibt keine großen Überraschungen mehr. Gewünscht wurde von vielen Lesern eine Trompete aus Adam Rapas Lotus-Portfolio. Eine solche konnte zwar zwei Mal vor Ort beim deutschen Vertrieb angespielt, jedoch aus Gründen der Knappheit und großen Nachfrage nie ausgeborgt werden. Der TrumpetScout selbst hätte gerne nach dem Besuch der Fertigung in Bremen einmal eine Thein getestet, doch hier konnte der Produzent leider auch während der Corona-Zeit nie ein Exemplar zur Verfügung stellen.

Diese Trompete von Thein hätte der TrumpetScout gerne noch ausführlich getestet.

Der Aufwand der Beschaffung von Instrumenten sowie der Aufwand für Fotografie, Videoaufnahme, Videoschnitt, grafische Bearbeitung, Gegeneinander-Testen und natürlich Schreiben eines Artikels wurde im Verhältnis zur Freude an neuen Instrumenten schlicht immer größer und zuletzt zu groß. Es wird also künftig keine solchen Artikel mehr geben. Wer aber eine exquisite Vintage-Trompete wie eine Martin Committee aus den 40ern, eine Olds Mendez oder Recording aus den 50ern, eine Getzen Eterna Doc Severinsen aus den 70ern, eine Smith & Watkins aus den 90ern oder eine um 2000 gebaute Selmer Chorus 80J für einen Prüfbericht zur Verfügung stellen möchte, der darf gerne eine Email schreiben!

An dieser Stelle ein kleiner Appetizer: Es wird in Kürze einen Rückblick auf 6 Jahre Trompetentesten geben mit den Antworten u.a. auf die Fragen, welche Trompeten bleibenden Eindruck hinterlassen haben, welche das beste Verhältnis von Preis zu Leistung bieten und welche der TrumpetScout sich persönlich kaufen würde.

Das ändert sich in Zukunft

Dass nach der Sommerpause nicht wie gewohnt 14-tägig neue Artikel publiziert wurden, hat nicht nur mit Schwierigkeiten bei der Content-Sammlung zu tun – es lag schlicht auch an der Zeit. TrumpetScout ist und war ein ernstes Projekt, aber eben ein unbezahltes, auch wenn es einige Unterstützer gibt, denen noch einmal ein ganz großes Dankeschön ausgesprochen werden muss! Wenn die Erwerbsarbeit mehr Zeit verlangt, dann wird die u.a. bei TrumpetScout abgeknapst. Das war zuletzt so und wird in Zukunft nicht mehr anders werden. Deshalb ist der feste Erscheinungsrhythmus nun passé. TrumpetScout wird also vom periodischen Magazin zum sporadischen. Umso wichtiger ist es, TrumpetScout auf Facebook zu folgen. Dort wird immer über die Erscheinung eines neuen Artikels informiert.

Danke fürs Lesen,

Danke für die Unterstützung mit aufbauenden Mails, Likes und Share sowie Spenden –

Euch allen schöne Feiertage!