Als den europäischen Herstellern Anfang des 20. Jahrhunderts der Export ihrer Blechblasinstrumente in die USA versagt wurde, mussten sie erfinderisch werden. Da nur komplette Trompeten, Hörner etc. nicht eingeführt werden durften, verschiffte man just Halb- oder besser: Dreiviertelfertige – deklariert als Teile. Das vielleicht bekannteste Modell ist die 24B von Selmer. Sie machte erst als Importmodell „K-Modified“ richtig Karriere.
Französische Instrumente waren in den ersten Jahrzehnten des vorigen Jahrhunderts das Maß aller Dinge auf dem Blasinstrumentensektor, neben vielen kleinen Namen ganz vorne zu nennen: French Besson, die Mutter aller modernen Trompeten, und natürlich Selmer. Während die F. Besson irgendwann ganz in den USA produziert wurde, kam die Selmer noch aus Paris: Der Trompete fehlte aber lediglich das Mundrohr, sie war somit jedoch offiziell nur ein (Ersatz-)Teil ihrer selbst.
Mit neuer Leadpipe komplettiert – fertig war die „K-Mod“
Der Importeur Keith Ecker lötete dann ein wahrscheinlich eigenentwickeltes Mundrohr ein. Dieses war aus Neusilber – ein Grund, warum es bei den erhaltenen Exemplaren kaum Korrosion gibt. Die Trompete wurde schnell ein Erfolg und von großen Namen unterschiedlichster Spielnatur gebraucht. Sowohl der wahrscheinlich berühmteste Klassiktrompeter, Maurice André, als auch der Mann an einem anderen Ende des Spektrums, Chet Baker, haben auf der transatlantischen Trompete gezaubert. Geschätzt haben wohl beide auch das, was Selmer-Trompeten bis zuletzt ausgezeichnet haben: eine superbe Stimmung. Eine schlecht stimmende Trompete des Pariser Herstellers ist nicht leicht zu finden.
Die hier gezeigten Bilder stammen von einem Lightweight-Modell aus dem Jahre 1963, das zwar keinen Lack mehr trägt, jedoch in sehr gutem Zustand ist. Die Trompete ist relativ eng gebaut, die Züge sind wie das bereits erwähnte Mundrohr, aus Neusilber und der leichtgewichtigen Variante fehlen außerdem die Stütze vor dem Stimmzugbogen, die anderen Streben sind zudem schmächtiger. Da könnte man meinen, dieses Horn muss giftig und sehr hell sein. Das mag für die reguläre 24B k-mod zutreffen, komischerweise nicht für die geteste LT-Version.
Kleines Horn mit Large Bore-Feel
Die Selmer hat zwar nicht, wie einige Trompeten, deren Grundidee schon in den 10er und 20er Jahren geboren wurde, eine kleine Bohrung (Conn behielt dies ja bis zum Ende der Connstellation bei), sondern ein modernes ML-Maß, aber die engen Windungen könnten doch tendenziell ein „kleines“ Spielgefühl hervorrufen. Das Gegenteil ist der Fall. Zumindest das TrumpetScout-Exemplar spielt sich wie ein sehr offenes, großes, aber auch leichtes Horn, das bei minimaler Lautstärke und im tiefen Register sehr gut anspricht. Eigentlich die ideale Klassiktrompete, gerade in Verbindung mit einem 3C. Dasselbe Setup funktioniert aber auch für samtigen Jazz. Man versteht plötzlich, warum Maurice und Chet die 24B mochten – vielleicht hatten sie sogar die Lightweight-Ausgabe.
Aber eben weil die Trompete so offen ist, fehlt ihr der Widerstand, den es für viele Spieler braucht, um deutlich jenseits des C3 ein Gefühl von Sicherheit hervorzurufen. Nicht jedes Instrument aber muss das bieten und ganz ehrlich: Es ist eher das Terrain für Spezialisten.
Unverwüstliche Französin: aus ganz eigenem Blech gemacht
Die Selmer 24B K-Modified ist eine Allround-Trompete, die keinen Vergleich mit modernen Hörnern fürchten muss. Im Gegenteil. Und wenn eine modernes Instrument eines Tages den Zinkfraßtod gestorben sein wird, so glänzt die unverwüstliche Französin noch immer ohne Altersflecken. Sie ist aus einem anderen Holz, pardon: Blech gemacht.
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Your new girl friend?,Eine gute Partie für jede und jeden. 8/10
Preis?,600 – 1.000 Euro Preiswert!
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