Sprungbereit trotz Beulenpest: die Brassego CAT ist anders

Wer bereit ist, viel für eine Trompete auszugeben, der will etwas Besonderes für’s Geld bekommen. Besonders und besonders gut. Also eine auffallende Optik, sehr gute Spieleigenschaften und wenn möglich einen einzigartigen Sound. Das heutige Testinstrument von Brassego kostet sehr viel. Der TrumpetScout schaut, ob es seinen Preis wert ist.

Fangen wir an, wo’s weh tut. Beim Preis. 3.750 Euro kostet die Cat, das Flaggschiff der Brassego-Perinettrompeten so, wie sie beim Test zur Verfügung stand. Es geht aber auch billiger, denn bei 3.100 Euro liegt die rohe Version ohne Oberflächenbehandlung, über Klarlack und Silber hangelt man sich dann hinauf bis zur Ausführung mit Antik-Finish. Selbst mit Versilberung liegt man aber noch auf Niveau einer Spitzen-Serientrompete wie der Yamaha 9335.

TrumpetScout_Brassego CAT_1
Tight wrap und insgesamt geringes Gewicht sorgen für ein Sportwagen-Handling.

Warum gerade die Katze mit schmutzigem Fell am meisten kostet? Bei Alois Mayer wird nicht – wie etwa bei anderen Herstellern, die den braunen Antik-Look führen – eine Farbe oder Beize aufgetragen. Seine rohes Messinginstrument wird noch einmal mit Messing galvanisiert, also beschichtet. Die Trompete kommt dann rußig zurück und wird dann wild gebürstet, bevor der schützende Klarlack auch hier zum Einsatz kommen darf. Viele Arbeitsschritte kosten halt viel Geld. Am Ende sieht die Trompete interessant aus und klingt sicher auch anders als die Geschwister in konventionellem Styling. Mehr Masse ergibt auch ein anderes Schwingungsverhalten.

„Singing Bell“: So nennt Brassego seinen heilenden Hagelschaden

Aber nicht nur beim Lack wird viel Aufwand betrieben, sondern bei der Herstellung des Schallstücks. Eigentlich das Markenzeichen von Brassego (früher Haagston, so heißt aber heute nur noch das Musikgeschäft, nicht mehr die Blechblas-Marke) sind die mit vielen kleinen Beulen übersäten Blechteile, vornehmlich die Becher. Da man dem Ideal der menschlichen Stimme näher kommen wollte, entstand der Name Singing Bell. Alois Mayer hat diese Technik noch in den 80er Jahren entwickelt und schwört auf sie. Frequenzen, die den Ton unangenehm scharf werden lassen, sollen eliminiert werden, mittlere und tiefere werden verstärkt. Das schreckt manche Trompeter vielleicht ab, aber keine Angst, es nicht so, das die Hämmerung die Range einschränkt. Vielleicht sogar im Gegenteil, der Ton soll satter klingen, in jeder Lage.



Eine gewisse Skepsis ist nicht zu bestreiten. Kein anderer setzt bisher auf diese Hämmerung und oft setzt sich das Bessere ja durch. Dass das hier (noch) nicht der Fall ist, hat aber möglicherweise ästhetische Gründe. Die Singing Bell ist keine Shining Beauty Bell und so zieht der Eine oder die Andere eine glatte Oberfläche vor. Man kann sich wohl daran gewöhnen, Liebe auf den ersten Blick wird es aber selten sein.

Satter Sound durch die gesamte Range: Die Cat schnurrt eher kräftig als dass sie böse faucht

Anders beim Sound. Man hat den Eindruck, dass die Cat wirklich sehr sonor klingt. Vor allem in der unteren Lage (im Video wurden die tiefen Töne ebenfalls mit dem flachen Leadmundstück gespielt) und in der Mitte hat das Horn etwas schön Schnarrendes, quasi ein Tiefensizzle, keinen kalten Kern, wie ihn die typische schwere Bach ausmacht. Und nach oben hin baut sie aber nicht ab. Vielmehr ist die Qualität des Klanges stabil durch alle Register, es gibt keinen Punkt, wo er vom Dunklen ins Grelle kippt. Zumindest empfindet man das so hinter der Trompete. Ein Vorteil könnte das für Studiomusiker sein. Mayer betont hier, dass er ein solches Feedback auch schon von Musikern bekam, deren Toningenieur sich wunderte, wie wenig Probleme er bei der Abnahme der ansonsten aufnahmetechnisch diffizilen Trompete hatte. Außerdem sei auch die Projektion durch die Golfball-Oberfläche verbessert – getestet werden konnte das nicht. Ob für die registrierten und theoretischen positiven Veränderungen wirklich die wellige Oberfläche (im Inneren des Bechers ist kaum eine Unebenheit zu bemerken) oder das durch die Hämmerung punktuell komprimierte Material verantwortlich ist, bleibt Spekulation.

TrumpetScout_Brassego CAT_2
Beulen über Beulen. Die Singing Bell ist patentiert.

Den kräftigen Ton erkauft man sich bei der Cat nicht mit Gewicht. Nicht einmal ganz 1050 Gramm stehen auf der Waage, das sorgt auch für eine gute Ansprache. Diese Verbindung wünscht man sich als Trompeter. Für Solisten sicher ein tolles Instrument.

Die Ansprache der Brassego Cat macht ihrem Namen alle Ehre: Sie kommt gut vom Fleck

Ob es für die Leadplayer passt, ist eine andere Frage. Da geht es weniger um einen unwiderstehlichen Klang und attraktiven Schmelz, sondern um Treffsicherheit und Mühelosigkeit in der Höhe. Zunächst wirkt dieses Brassego-Modell nicht klein: Es hat zwar keinen riesigen Becher, nur eine ML-Bohrung, ist aber leicht und staut die Luft nicht. Zur Wahl stehen aber verschiedene Stimmzüge. Der eckige hat deutlich mehr Widerstand, der runde sorgt für ein diffuses Slotting. Übrigens hat man durch die Arbeit mit einigen High Notern gelernt, dass deren flache Mundstücke es erforderlich machen, den Stimmzug weit herauszuziehen. Damit dann die Gap zwischen Mund- und Bogenrohr nicht zu groß wird, gibt es Ringeinlagen auf Wunsch. Eine Trompete für ein blitzsauberes A3 ist die Cat zumindest in den Augen des Testers nicht. Da könnte man den Perfektionshebel ansetzen. Es gab aber ansonsten keine Töne, die klanglich hinter den anderen zurückfielen. Die Grenzen liegen beim Spieler. Leider erschien an den zwei Testtagen das D3 mit Eins gegriffen sehr tief.

TrumpetScout_Brassego CAT_3
Einzig diese Klammer reduziert die Vibrationen der vorderen Glocke.

Abgesehen von Hämmerung und Lack erscheint die Cat aber auch architektonisch interessant. Sie ist zum Einen sehr schmal gebaut (trotzdem scheint das Ventilgehäuse unterhalb der Rohrein- und ausgänge weniger Überstand zu haben als andere Hörner – das fühlt sich zunächst komisch an) und erinnert an Trompeten von Schilke. Klobig ist etwas anderes! Aber vor allem die Stütze zwischen Mundrohr und Becher ist sogar weiter in Richtung Maschinenstock versetzt als man es von Trompeten in Reversed-Bauweise kennt. Das ist außergewöhnlich, lässt den Trichter aber extrem frei schwingen. Auch hierin könnte ein Geheimnis für die gute Resonanz der Cat liegen.

Es prüfe, wer sich ewig bindet. Bei diesem Preis gibt es kaum mehr ein Zurück.

Die Ventile laufen formidabel, ebenso die Züge. Alles andere wäre in dieser Preisliga aber auch nur provokant. Schöne Designakzente bilden die matt gebürsteten Ventildeckel und -knöpfe, die in jeder Lackvariante so aussehen. Anders als bei vielen anderen Herstellern liegt die Dämpfung, die verhindert, dass Ventildeckel auf -knopf schlägt, im Drücker. So kennt man das von Vintage-Hörner zu Beginn des 20. Jahrhunderts. Was auch an alte Zeiten erinnert? Der Stopper für den dritten Ventilzug. Er befindet sich auf Ventilseite – wie bei den legendären Mount Vernon Bach-Modellen.

Zum Schluss kann man sagen: Wer sich so ein Horn kauft, bestellt es nicht einfach im Internet. Er oder sie fährt nach Österreich und probiert, redet, probiert, äußert den ein oder anderen Wunsch und – muss sich verliebt haben. Entweder in das Design oder den Klang, idealerweise in beides. Dann sitzen auch die Tausender lockerer. Die Brassego Cat ist sicher ein Unikat und spielerisch ihr Geld wert. Trompeten von kleinen Herstellern, Manufakturen sind selten gute Wertanlagen im monetären Sinne. Als Investment in Show und Sound ist die Trompete aber zu empfehlen.

[table caption=“TrumpetScout dares an educated guess“ width=“900″ colwidth=“400|900″ colalign=“left|left|center|left|right“]
What is she offering?,“Extraordinary look, unique sound, exclusivity “

Your new girl friend?,“Teure Frau! Es sollte etwas Dauerhaftes sein.“ 8/10

Preis?,3.750 Euro. Das muss man sich zwei Mal überlegen!
Dauerbeziehung?,“Gezwungenermaßen. Purchase is a commitment!
[/table]