Der Lehrer Liebling: die Yamaha YTR-4335G

Sie ist omnipräsent – bei jedem Händler, auf jeder privaten Verkaufsplattform, aber auch in jeder Musikschule und in vielen Kapellen trifft man auf die YTR-4335G von Yamaha. Was den TrumpetScout interessiert: Ist der Topseller auch ein Topplayer oder einfach nur günstig?

Optisch nichts Besonderes, aber extrem populär: die YTR-4335G.

Der TrumpetScout nahm schon einige Yamaha-Trompeten unter die Lupe – vom XS-Budget-Horn YTR-2330 über das okkasionelle Wunderding YTR-3335 sowie diverse Trompeten zwischen 1.000 und 2.000 Euro bis hinauf zur eleganten YTR-9335CHS. Das wahrscheinlich meistverkaufte Modell war bis dato aber nicht dabei: die YTR-4335G. Der Grund? Dem TrumpetScout war dieses Horn schlicht zu langweilig. Dem Zufall ist es zu verdanken, dass es nun doch einen Artikel zu diesem Allerweltsinstrument gibt.

Allerweltstrompete, Lehrerliebling, Topseller

Die Gebrauchtbörsen sind voll davon, und das sicher nicht, weil das Modell keiner behalten möchte. Vielmehr bietet sich ein Instrument eines renommierten Herstellers in der unteren Preiskategorie (aktuell werden knapp über 600 Euro für ein lackiertes Neuinstrument verlangt) für Einsteiger an, in aller Regel Kinder, von denen naturgemäß viele auch wieder aussteigen. Man muss sich dennoch fragen, warum so viele Eltern zu exakt diesem Modell greifen. Naheliegende Erklärung: Die Trompetenlehrer dieses Welt sprechen sich dafür aus. Und warum das? Nun, das Preis-Leistungs-Verhältnis dürfte extrem gut sein und Yamaha-typisch sind Blindkäufe absolut vertretbar. Was die Trompete kann – und zwar auch preisunabhängig -, das soll dieser Test aufzeigen.

Yamaha YTR-4335G oder 4335GII?

Auch bei der YTR-4335G hier gibt es mittlerweile – wie von vielen Modellen des japanischen Herstellers – eine Weiterentwicklung, eben die YTR-4335GII. Testobjekt ist aber die erste Generation. Die wurde dem TrumpetScout angeboten und offen gesprochen war der Umstand, dass es sich nicht um das aktuelle Modell handelt, kein Argument gegen den Kauf. Zu viele Überarbeitungen bei Yamaha in den letzten Jahren brachten nach persönlichem Empfinden keine Verbesserung. „Heißt das jetzt, Mark II ist ein schlechtes Horn?“ Mitnichten. Laut Händlerinformation wurde beim Nachfolger vornehmlich beim Becher angesetzt: Die YTR-4335GII hat eine leichtere Glocke und ist somit weniger kopflastig. Ansonsten hat sich das Design aber nicht substanziell geändert und mit einer 4335GII wird man nichts großartig ‚falscher‘ machen als mit einer alten. Sensible Spieler spüren aber wahrscheinlich einen Unterschied – dem einen gefällt dabei das alte Trompetchen besser, dem anderen sein Nachfolger.

Der Aufbau der YTR-4335G

Selbst für viele Equipment-Nerds ist die YTR-4335 nur auf den zweiten Blick eindeutig zu identifizieren. So nahe liegen die Baureihen YTR-4335, YTR-5335, YTR-6335 und YTR-8335LA äußerlich beieinanderWas alle verbindet: Die konventionelle Stimmzugkonstruktion, eine Stütze im Stimmzug, ein Mundrohr aus Goldmessing, ein Daumensattel auf dem ersten Ventilzug und ein fest verlöteter Ring auf dem dritten sowie die gleiche Bohrung von 11,65 mm. Würden wir nur über aktuelle Modelle sprechen, dann wäre sogar das Material des Mundrohres gleich, nämlich Goldmessing. Beim Testmodell ist das aber noch aus Gelbmessing. Dass es mittlerweile leicht rot gepunktet ist, erklärt die oder zumindest eine Veränderung von alt zu neu.

Das gebrauchte Testinstrument verfügt noch über einen Stimmzug. Gut für die Ansprache, schlecht für die Haltbarkeit.

Offensichtliches Merkmal, dass die 4er von den teureren Serien abgrenzt, ist die Mundstückaufnahme. Diese teilt sie sich mit der noch günstigeren YTR-3335. Wer genauer hinschaut, erkennt auch noch weniger fein gearbeitete und sich auch im Gewicht unterscheidende Ventildeckel und Drücker.

Weitere nennenswerte Merkmale: Ein zweiteiliger Goldmessingbecher mit einem Trichterdurchmesser von 123 Millimetern, der aus dickem Material gemacht zu sein scheint (wie bereits gesagt wurde das beim Nachfolger dünner), und der bei Yamaha auch oft anzutreffende Goldlack. Das Gewicht liegt bei durchschnittlichen 1.084 Gramm.

Phänomenale Ventile, saubere Intonation

Auch wenn Yamaha wohl bei allen aktuellen Trompeten auf Monelventile setzt, so war der TrumpetScout doch verwundert, wie schnell und leichtfüßig, doch mit nicht zu schwach dosiertem Widerstand diese Pumpen durchs Gehäuse sausen. Auch die Dichtigkeit ist nach schätzungsweise 10 Jahren beim Testinstrument noch wie beim ersten Öffnen. Das macht keinen großen Unterschied im Spielergebnis, aber extrem viel Freude! Ventile, die sich anfühlen als wäre Quark im Schuh, drücken schnell auf die Stimmung.

Eine Firma, eine Bohrung – könnte man bei Yamaha fast meinen. Das viel benutzte 11,65 mm-Maß kommt auch hier zum Einsatz.

Daneben intoniert die YTR-4335G wie man es von einer Yamaha erwartet. Tadellos innerhalb der Grenzen, die man bei einer Trompete einfach zu erwarten hat.

So spielt die YTR-4335G: mittlerer Widerstand, ultraleichte Höhe

Um ein extremes Lightweight-Instrument handelt es sich bei der YTR-4335G nicht, das macht die erwähnte Grammzahl und das dickere Bechermaterial deutlich. In Kombination mit einem Widerstand, der auf der subjektiven Testerskala zentral im Mittelfeld rangiert, ergibt sich so auch eine mittelmäßige Ansprache. Okay, nicht schlecht, nicht Typus „spielt von selbst“. Gerade bei einem sogenannten Anfänger- oder Schülerinstrument (aber im Grunde genauso bei einer Trompete, die erfahreneren Spielern gefallen soll) dürfte man vielleicht ein besseres Anspringen erwarten. Doch das ist fast müßig zu erwähnen, schließlich kann die Ansprache für keinen Spieler gut genug sein. Aber der hier realisierte Kompromiss bei Widerstand und Ansprache hat eben auch seine Sonnenseiten: gutes, wenn auch nicht übertrieben rigides Slotting, ein mehr als vernünftiger Klang und extrem guter Support im oberen und obersten Register.

Die Mundstückaufnahme entlarvt die YTR-4335 als Modell unter 1.000 Euro in der Yamaha-Welt.

Beim ersten Anblasen gab es einen regelrechten Sog in den Bereich oberhalb der Notenlinien, denn die Trompete macht es einem mit allen Mundstücken leicht, hohe Töne zu erwischen. Selbst das widerspenstige A3 rastet auf der Trompete vergleichsweise gut. (Genau wie bei der kleineren Schwester, der YTR-3335. Yamaha scheint die Rohrverläufe und Resonanzstruktur diesbezüglich optimal gestaltet zu haben.)

Die YTR-4335G und ihr Klang

Für den TrumpetScout bringt ein zweigeteiltes Schallstück zumeist einen Extra-Punch mit sich: mehr Kern, bessere Projektion, mehr Aggressivität. Die 2er-, 3er-, 4er- und 5er-Instrumente bei Yamaha können sich dieses Vorzugs rühmen, die teureren Instrumente haben einen einteiligen Becher, der andere Vorteile hat. YTR-2330 und YTR-3335 haben eine Messingglocke, die anderen beiden Modelle (immer) eine aus Goldmessing. Im Vergleich macht (u.a.) das die YTR-3335 ein bisschen heller und lebendiger als die YTR-4335G. Mehr ‚Körper‘ hat dagegen die Schwester mit der 4 vorne. Im direkten Vergleich mit der Conn 1B, die der TrumpetScout u.a. zum Vergleich zuziehen konnte, war über weite Bereich keine Rückständigkeit zu hören, vielleicht erst, wenn es um das maximale Volumen in der Tiefe und der obersten Höhe geht.

Wie viele Yamahas klingt auch die YTR-4335G sehr clean und kompakt. Sizzle können andere besser. Dafür hält der Ton stets gut zusammen. Interessant wäre das Experiment, den Gelbmessingbecher der kleineren Schwestermodelle in Kombination mit dem 4er-Korpus zu sehen. Wer weiß – vielleicht käme so etwas gut an? Dann wäre das Prädikat „Big Band-Trompete“ sicher zu 100% zutreffend.

Zurecht ein Topseller unter den Trompeten?

Wie eingangs erwähnt, ist die YTR-4335G die meistverkaufte Marken-Trompete im Gebrauchtsektor im deutschen Sprachraum und wohl am weitesten verbreitet. Bei den verkauften Neuinstrumenten hat die YTR-3335 ihrer Schwester mittlerweile den Rang abgelaufen. Bei Thomann zumindest nimmt sie aktuell den dritten Platz ein, übertroffen nur von billigsten Instrumenten des händlereigenen Labels. Erst an Position 27 folgt die YTR-4335GII. Überraschend ist dieses Gesamtbild nicht, denn die 3er gibt es erst seit ein paar Jahren, sie kostet noch weniger (nicht ganz 100 Euro) und spielt nicht schlechter, eben nur ein bisschen anders.

Dieser Testartikel ist objektiv und von keinem Hersteller finanziert. Wenn du diese aufrichtige Berichterstattung unterstützen willst – schon 5 Euro können viel bewirken: paypal.me/trumpetscout Danke!

Bis zu ihrer Einführung war die 4 die Grenze, die zu unterbieten Lehrer wohl selten empfahlen. Heute ist es eher die 3. Nichtsdestotrotz: Wer als Einsteiger oder Sparer eine Trompete für klassischeres Trompetenrepertoire von Duo mit Orgel über Quintett bis zum größeren Ensemble sucht, ist mit der YTR-4335G(II) möglicherweise nach wie vor besser bedient.

 

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What is she offering?,“perfect valves, good intonation and easy upper register at a very low price“

Your new girl friend?,“Wen das Schülerimage nicht stört…“ 

Preis?,knapp über 600 Euro
Dauerbeziehung?,“Dann sollte dich das Massenprodukt nicht stören!“
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