Trompeten-Tuning Teil 3: Gewicht – Gaining & Losing

Gewicht ist ein entscheidender Faktor für Spieleigenschaften, Tragfähigkeit des Tones und Klang einer Trompete. Warum also nicht einfach an der Gewichtsschraube drehen, bevor man sich gleich ein neues Instrument zulegt? Der TrumpetScout zeigt die Möglichkeiten von Massereduktion und Masseaddition.

Bislang wurden in der TrumpetScout-Tuning-Serie zwei Methoden zur Modifikation des Instruments vorgestellt, die beide nicht extrem teuer waren. Sowohl das Entlacken als auch das Tiefkühlen sind leistbar und auch bei günstigeren Instrumenten unter dem Aspekt der Wirtschaftlichkeit vertretbar. Es geht aber noch okkasioneller! Das Wegnehmen bzw. Hinzufügen von Gewicht ist höchst effektiv, kostet aber oft nur im zweistelligen Bereich. Weiterer Vorteil: Es ist in der Regel sehr leicht rückgängig zu machen.

TrumpetScout_Gaining
Es muss nicht immer die große Keule sein, wie sie seit einiger Zeit auch optisch in Mode gekommen ist. Bereits kleines Gewichtsveränderungen bewirken viel.

Mehr Gewicht: So wenig wie möglich, so viel wie nötig

Beschäftigen wir uns zuerst mit der Gewichtszunahme. Wer seine Trompete mit Zusatzgewichten bestückt, erwartet bzw. erhofft sich in der Regel die folgenden Veränderungen (oder mindestens eine davon):

  • verbessertes Slotting
  • kernigerer, härterer Ton
  • verbesserte Projektion

Diese Veränderungen (Verbesserungen sind sie streng genommen nur im Auge des Betrachters) haben einen Preis, wenn sie durch mehr Gewicht erzielt werden. Tonliche Elastizität geht verloren, die Trompete spielt sich nicht mehr so agil, wird weniger leichtfüßig und spricht allgemein schlechter an. Die Devise gilt also: Viel ist schnell zu viel. Es gilt die individuell richtige Balance zu finden. Nur so viel Gewicht wie gerade nötig verwenden, um den gewünschten Effekt zu erzielen. Mehr schadet. Für Testzwecke kann man gerne mit Extremen anfangen – man spürt die Wirkung natürlich in stärkerem Maße. Der TrumpetScout erzählt immer wieder gerne die Geschichte eines Boosters, den er sich hat anfertigen lassen. Aus dessen Material hätte man locker drei machen können. Anwendbar war er nicht, hat aber klar gemacht, was passiert.

Nicht nur die Masse ist entscheidend, sondern die Positionierung

Die Überschrift spricht für sich. Irgendwo Gewicht anzubringen schadet der Ergonomie, vielleicht dem Lack und möglicherweise auch dem Ton. Es gibt gewisse Stellen, an denen eine Schwingungsdämpfung – nichts anderes bewirkt Gewicht – besonders sinnvoll ist. Gerne sprechen Trompeter von Schwingungsknoten; dem TrumpetScout ist das ohne ausreichende Physikausbildung zu esoterisch. Man darf sich aber getrost auf die Erfahrung einiger Generationen von Trompetern und Trompetenbauern stützen, die besagt, das ein Gewicht hier mehr nützt als da.

1. Mundstück mit Booster

Das Mundstück kann bei manchen Herstellern (Bach, Yamaha etc.) in einer Heavy-Variante bestellt werden. Alternativ lässt sich ein Booster anbringen. Der Kern des Tones nimmt schlagartig zu.

Kein Booster mehr, sondern ein Totschläger für Ton und Kapelle. Zusatzgewicht am Mundstück macht sich stark bemerkbar. Hier muss umsichtig experimentiert werden.
Definitiv zu viel des Guten. Die Booster, die man kaufen kann, sind vernünftig dimensioniert.

2. Stützen im Stimmzug

Gerade bei Instrumenten mit reversed Leadpipe wird gerne auf Stützen im bzw. vor dem Stimmzugbogen verzichtet. Wer je nach angesagtem Musikstil auf mehr Kern im Ton setzen möchte, ohne gleich die Trompete zu wechseln, kann einfach eine wechselbare Stütze anbringen. Das wirkt sich massiv aus! Auch mit der Position (vor dem Stimmzug) lässt sich spielen – am besten geht das allerdings bei Trompeten mit konventioneller Stimmzugbauweise. Du hättest gerne eine solche variable Stütze? Hier geht’s zum Stützmeister!

Wer ein Instrument mit wenig Stützstreben hat, kann mit variablen schauen, welche Veränderung sich einstellt. Das geht nicht nur beim Stimmbogen.
Eine zusätzliche Strebe wirkt natürlich nicht nur durch ihr Gewicht, sondern sondern durch ihren Säulencharakter, der die Statik verändert und ohne viel Masse das freie Schwingen erschwert.

3. Ventile mit Heavy Caps

Bei den Ventilen wird augenscheinlich viel mit Gewicht gearbeitet. Sogenannte Heavy Caps, also schwere Ventildeckel, sind äußerst populär. Besonders beim dritten Ventil soll der Effekt besonders groß sein: Das Slotting verbessert sich, die anderen Eigenschaften verändern sich aber nur moderat. Manche Hersteller geben deshalb Ihren Kunden gleich mit der Trompete einen oder mehrere Sätze mit Zusatzgewichten mit. Auf dem Zubehörmarkt findet man aber für jedes Gewinde das passende Masseplus. Auch Einlegescheiben werden angeboten.

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Für besseres Einrasten: der schwere Deckel für das dritte Ventil.

4. Stahlfedern für die Ventile

Noch nicht weitverbreitet aber (anscheinend) wirkungsvoll ist die Verwendung von Stahl- statt Kupfer- oder Messingfedern. Mit Ihnen lässt sich bei gleichem Durchmesser das Ventil zwar deutlich schwerer drücken, dafür verbessert sich die Projektion spür- also hörbar.

5. Kreuzelführungen aus Messing

Gerade schwere Trompeten (aber bei Weitem nicht alle) werden bereits mit Ventilführungen ausgeliefert, die aus Metall gemacht sind. Die überwiegende Zahl neuer Trompeten ist aber mit Kreuzelführungen aus Kunststoff ausgerüstet. Hier lässt sich also nachjustieren. Die „Tuning-Teile“ sind günstig zu bekommen und leicht anzubringen. Es kann aber sein, dass danach die Ventile nicht mehr ganz so schnell laufen wie zuvor.

Beim Sondermodell werden die Ventile mittels Messingbolzen geführt.
Hier zu sehen ist eine Bach Stradivarius 37, eine schwere Trompete. Trotzdem werden ihre Ventile normalerweise durch Nylon-Stifte geführt. Bei diesem Anniversary-Modell hat man allerdings wie einst auf Messing buchstäblich zurückgegriffen.

6. Clip-On-Gewichte an neuralgischen Stellen

Es gibt Stellen, an denen sich Gewicht nicht ohne weiteres verspreizen oder anschrauben lassen. Dort muss man sie anklemmen. Eine solche Stelle ist z.B. beim Schallstück ungefähr auf der Höhe der ersten Stützstrebe, die vom Mundrohr herüberreicht. Manche Hersteller befestigen dort von Haus aus massive Ringe um den Becher. Am dritten Ventilzug kann Gewicht aber auch hilfreich sein. Auch hier müsste es geclipt werden.

Weniger Gewicht: Die Trompete auf Diät

The biggest looser ist unter den Trompeten nicht der unstrittige Gewinner. Es gibt ein Minimalgewicht, dass man nicht unterschreiten sollte, wenn man nicht bereit ist, in Kauf zu nehmen, dass der Klang massiv leidet. Der TrumpetScout hatte eine zeitlang ein Faible für Trompeten, deren Blech so dünn war, dass man gegen die Sonne beinahe hätte hindurchsehen können. Gebracht hat das – abgesehen von Kosten für das nachträgliche Ausdünnen des Schallbechers – nichts. Wie so oft im Leben liegt das Heil irgendwo in der Mitte – die ist natürlich aber ein weites Feld.

Da hier nur Modifikationen vorgestellt werden sollen, die minimal invasiv und reversibel sind, beschränkt sich die Vorgehensweise im Wesentlichen auf das Herauslöten und Versetzen von Stützen. Man kann zwar auch die Ventildeckel durch leichtere ersetzen (das geht nur wenn die alten auch ein gewisses Gewicht haben) oder sie ganz weglassen (das gibt aber Ölflecke auf Hand und Hose). Viel gewonnen ist dadurch in aller Regel aber nicht.

Mit dem Lötbrenner aus dem Stützkorsett befreit

Besonders bei (schweren) Trompeten mit zwei Vertikalstreben im Stimmzugbereich macht das Experimentieren viel Sinn, da man sich zweistufig der „Stützenlosigkeit“ nähern kann. Der TrumpetScout hat das bei einer Bach Stradivarius einmal ausprobiert, dann aber doch schnell beide Metallstifte entfernen lassen. Die Strebe im Bogen ist wohl die wirkungsvollere. So haben das zumindest Experimente mit einer Wechselstütze ergeben. Wer viel Effekt (einen vitaleren Ton) bei wenig Aufwand haben möchte, entnimmt also bei zweien die weiter vorn.

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Vorsicht ist geboten, wer das selbst machen möchte. Vor allem die Einwirkung der Hitze auf Blech (und die menschliche Haut) sollte man nicht unterschätzen. Spätestens seit der Recherche für den Artikel zur Tieftemeraturbehandlung vermeidet der TrumpetScout thermische Eingriffe unter ppositiven hohen dreistelligen Celsius-Gradzahlen.

Eine weitere interessante Stelle, an der aber nicht jede Trompete „entschlackt“ werden kann, ist die Führung des dritten Ventilzuges, wie sie z.B. wiederum die Bach Stradivarius-Modelle haben. Sie ist schnell entfernt und durch einen Gummi zu ersetzen.

TrumpetScout_Keine Stützen_2

Kleinere Stützen, z.B. in den Zügen, können natürlich auch entfernt werden, der Effekt ist eventuell nicht so stark zu spüren. Solche und die vorher genannten Operationen kosten fast nichts und können auch wieder leicht bei Nichtgefallen oder Verkauf ungeschehen gemacht werden – sofern nicht die Oberfläche in Mitleidenschaft gezogen wurde. Technisch ist aber nichts unwiderbringlich verloren.

Nicht leichter, aber freier: Stützen versetzen

Natürlich bringen die Abspeckmaßnahmen nicht nur etwas, weil die Trompete hier und da ein paar Gramm verloren hat. Es sind vor allem die weniger unterdrückten Schwingungsverluste durch die entfernten Verstrebungen, die den Ton und die Ansprache verändern. Eine Umbaumaßnahme sollte deshalb in diesem Kontext – wenngleich ein wenig außerhalb des Themenzentrums – auch erwähnt werden: das Versetzen der vorderen Stütze zwischen Mundrohr und Schallstück.

TrumpetScout_Stütze versetzen

Bei der Platzierung der vorderen Stütze geht es weniger um Ansprache bzw. um das Funktionieren einer Trompete vs. eine klare Dysfunktion. Hier steht der Sound im Vordergrund. Je weiter die Klammer in Richtung der Maschine rück, desto freier kann der Becher schwingen. Der Ton wird heller, schreiender, weniger diszipliniert. Da sowohl das Mundrohr nicht zylindrisch verläuft und der Becher noch weniger, muss bei einer Neuausrichtung die Klammer in der Regel leicht angepasst werden. Millimeter des Verschiebens können aber schon einen Unterschied erwirken. Die Kosten hierfür sind ein wenig höher als beim simplen Entfernen einer gut zugänglichen Stütze.

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Ob mehr mehr ist oder weniger mehr, das kann keiner sagen. Ein bisschen Experimentieren schadet aber nicht und vielleicht kommt mit ein paar Gramm weniger oder mehr wirklich  besser durchs Trompeterleben – auf der Bühne, im Proberaum und beim Klamottenkaufen oder Baden.