Im ersten Teil der TrumpetScout-What-is-what-Serie war Widerstand das Hauptthema. Eng damit verwandt, aber keineswegs dasselbe ist das, was man gemeinhin unter Ansprache versteht. Dieser Beitrag grenzt die Begriffe gegeneinander ab, erläutert aber auch Zusammenhänge – und sagt, welche Trompeten „ansprechend“ sind.
Ansprache. Das ist, genau wie Widerstand, auch wieder so ein mehrdeutiges Wort: Es gibt die buchstäbliche Ansprache, bei der jemand das Wort an einen richtet; die teil-metaphorische Ansprache, bei der etwas non-verbal zu einem spricht, z.B. ein schönes Auto, das durch sein ansprechendes Design, die Aufmerksamkeit auf sich zieht; oder eben die Ansprache, die das Reaktionsverhalten qualifiziert. Wir können da ruhig beim Auto bleiben: Ein Turbomotor hat ein schlechteres Ansprechverhalten als ein Saugmotor, reagiert also nicht so direkt auf Gasstöße. Vielleicht etwas näher an der eigentlichen Bedeutung scheint da der englische Terminus: throttle response („Gas-Antwort“). Um dieselbe Ansprache geht es auch bei der Trompete. Nur eben nicht um die Gasannahme, sondern um die Schwingungsannahme.
Die Ansprache kann gar nicht gut genug sein.
Je leichter das Instrument die Schwingungen der Lippen aufnimmt und einen Ton erklingen lässt, desto besser ist seine Ansprache, eben die Response. Der bereits abgehandelte Widerstand spielt hierbei zwar ein Rolle, lässt sich aber durch diese Axiome klar von der Ansprache abgrenzen:
Der Widerstandswert ist relativ – jeder Wert kann gut sein.
Die Ansprache ist absolut – eine bessere Ansprache ist besser.
Was auf den ersten Blick wie redundanter Unfug klingt („Natürlich ist besser besser?!“), hat durchaus seine Berechtigung bei der Begriffsklärung. Der eine Spieler bevorzugt für sich und sein Repertoire einen hohen Widerstand, der andere sucht den Weg des geringeren Widerstands auf der Trompete. Eine gute Ansprache wollen aber beide haben. Je leichter ein Ton produziert werden kann, desto besser gefällt das Instrument: „Die geht aber gut!“
Wie kann ich mir die Ansprache bei der Trompete vorstellen?
Wie oben bereits angedeutet, ist die Response bei der Trompete (und im Grunde bei allen anderen Instrumenten auch) bestimmt durch die Energie, die für die Tonerzeugung (minimal) aufgebracht werden muss. Zur bildlicheren Darstellung hilft ein Schaubild, auf dessen x-Achse die aufgebrachte Energie und auf dessen y-Achse der erzeugte Ton festgehalten ist.
Deutlich macht die Flatline zu Beginn, dass nicht jede Energie gleich in einen Ton mündet. Natürlich spielt hier die Güte des Bläsers eine große Rolle, aber eine lineare Tonerzeugung von 0 Dezibel, also aus dem Nichts, ist nicht möglich. Das merkt jeder, wenn er versucht einen Ton so leise wie möglich anzuspielen, quasi aus dem Pianissimo aufzuziehen. Erst ist noch kein Ton da und – plopp! – plötzlich ist er mehr oder weniger mini-explosionsartig zu vernehmen (das liegt nicht an unseren schlechten Ohren!). Der erste steile Anstieg macht das deutlich. Danach geht es leichter. Es ist – wieder der Vergleich mit dem Auto – wie beim Anfahren: Hier braucht man vergleichsweise viel Energie, im Rollen geht es leichter, selbst das Beschleunigen (also bei Trompete das höher und lauter spielen) fällt verhältnismäßig leichter.
Bessere Ansprache durch weniger Widerstand?
Die Frage lautet nun, was die (gute) Ansprache ausmacht. Hier sind wir wieder beim Widerstand angelangt. Zunächst wirkt eine Trompete mit geringem Widerstand freier und es entsteht der Eindruck, sie reagiere direkter als ein enges Instrument. Bis zu einem gewissen Grad ist das auch richtig, denn der gebotene Widerstand will überwunden werden, wofür es Energie braucht. Ist der klein, wird nicht viel Energie zur Überwindung benötigt. Große Instrumente sprechen in der tiefen und mittleren Lage in der Regel auch gut an. Im oberen Register wendet sich aber das Blatt und man sieht die gute Ansprache durch den fehlenden Widerstand schwinden, da man sehr viel Energie investieren muss, um einen Ton zu erzeugen. Das heißt wiederum: Ansprache ist auch lagenabhängig. Prinzipiell spricht man aber eher von gut ansprechenden Instrumenten, wenn diese in der Normallage (kleines G bis C3) gut ansprechen.
Wie eingangs erwähnt hat das Instrument eine gute Ansprache, dass die Schwingungen der Lippen gut aufnimmt und verstärkt. Die Masse der Trompete ist zunächst träge und nicht willens zu vibrieren. Sie dämpft das Ansinnen der Spielers einen Ton zu erzeugen. Ist diese Masse groß und gibt es noch viele Verstrebungen zur Stabilisierung, verschlechtert das die Ansprache. Grundsätzlich gilt also: Je leichter da Instrument, desto besser die Ansprache. Das merkt man am allerbesten beim bereits angesprochenen Pianissimo-Test: Also, beim Testen vor dem Kauf nicht nur in die Tröte rotzen, um die Zuhörer zu beeindrucken, sondern auch mal so leise wie möglich spielen und ohne großen Krafteinsatz versuchen Bindungen zu vollführen.
Das heißt nun nicht, dass leichte Trompeten die besten sind. Sind sind in der Regel die mit der besten Ansprache. Das geht jedoch oft zu Lasten anderer Eigenschaften, die man sich als Trompeter eigentlich wünscht: Es leidet durch geringes Gewicht nämlich oft das Einrastverhalten, die Tonqualität und die Projektion. (Letzteres ist ein Thema, dem sich der TrumpetScout im nächsten Beitrag widmen wird.)
Auch die jüngsten Testerfahrungen mit der Commercial Bach haben belegt, dass geringes Gewicht, wenige Stützen und ein nicht besonders eckiges Design der Ansprache wirklich zuträglich sind. Andere Trompeten ähnlicher Couleur wie die alte Yamaha 636, die neuere 6310 und 8310 Z oder sogar ganz alte Werkzeuge wie die Olds Ambassador geben auch wegen eher kleiner Bohrungen ebenfalls berechtigt Anlass dazu, den Bärenanteil an der guten Ansprache dem Gewicht zuzuschreiben.
In diesem Sinne: Eine bessere Ansprache macht das Spielen (oft) leichter. Ein leichteres Eisen sorgt für besserere Ansprache. Also: Besser ist leichter ist besser!