What is what der Trompete: The Gap

Oft schon fiel der Begriff in den Beiträgen dieses Magazins, für manche mag er dennoch nicht vollkommen verständlich sein: der, die, das Gap. In diesem Artikel geht es um die Erklärung des Wortes und den Effekt einer Veränderung dessen, was mit Gap gemeint ist. Fazit schon jetzt: Man habe Mut zur Lücke – nur zu welcher?

‚Gap‘ ist das englische Wort für Lücke. Das wissen die meisten. Im Kontext der Trompete ist mit ‚Gap‘ aber eine ganz spezielle Lücke gemeint, nämlich die zwischen dem Ende des Mundstückschaftes (engl. ’shank‘, also dem Rohrende) und dem Beginn des Mundrohres (stets verborgen in der sogenannten Mundstückaufnahme oder auch -zwinge, engl. ‚receiver‘). Streuben wir uns also nicht gegen den Anglizismus, sondern freuen uns an seiner Kürze. Welches grammatische Geschlecht die Vokabel nun hat, sei jedem selbst überlassen. Der TrumpetScout übernimmt das Genus vom deutschen Pendant, schreibt im Folgenden also ‚die Gap‘ wie ‚die Lücke‘. Um das Begriffskapitel zu schließen sei noch auf ein lateinisches Synonym verwiesen, das auch hin und wieder benutzt wird. ‚Annulus‘ bedeutet Ring und wird verständlich, wenn man sich den Querschnitt oben genau betrachtet: In die Lücke zwischen Mundstück und Mundrohr würde ein Ring hineinpassen, der dann die Lücke schlösse, aber immer noch die Luft hindurchließe.

Eine Veranschaulichung dessen, was im Inneren der Zwinge der Fall sein kann: Links das Mundstück, rechts das Mundrohr. Der Abstand zwischen beiden wird als Gap bezeichnet. Die kann mehrere Millimeter groß oder auch gar nicht vorhanden sein , wenn die beiden Rohrenden aufeinanderstoßen.

Der Einfluss der Gap auf Ansprache, Sound und Stimmung

Warum ist die kleine Lücke zwischen Mundstück und Mundrohr aber so eine große Sache, über die man viel schreiben kann und nachdenken sollte? Wer viel Erfahrung mit Blasinstrumenten hat, weiß, dass es kaum Bereiche eines Spielgeräts gibt, an denen eine (noch so kleine) bauliche Veränderung keinen Einfluss auf das Spielgefühl hat. Außerdem scheint es tendenziell so zu sein, dass Manipulationen (zumindest bei Blechblasinstrumenten) einen umso größeren Effekt haben, je näher sie am Beginn des Luftstroms vorgenommen werden. Das fängt schon im Hals an. Beim Equipment ist das Mundstück für die allermeisten Spieler das wichtigste Stellrad. Direkt danach folgt eben die Gap.



Die Gap nun hat direkten Einfluss auf den Luftfluss und damit den Widerstand. Doch nicht nur das: Wie der TrumpetScout aus eigener Erfahrung weiß, wirkt sich die besagte Lücke auch massiv auf die Intonation (im Video oben wird das deutlich) und das Einrastverhalten aus. Viele gute Trompeten ließ er noch vor einigen Jahren ziehen, da diese anscheinend nicht „stimmten“. Was allerdings in den meisten Fällen wirklich nicht passte, war die Kombination aus Mundstück und Trompete. Die Gap ergibt sich nämlich aus den Komponenten Schaft (Länge und Umfang, also Dicke) und Zwinge (deren Weite bzw. Konus). Kurz: Trompete und Mundstück müssen harmonieren, also buchstäblich gut zusammenspielen.

Wie viel Spiel hat mein Setup? So misst man die Gap

Ist man mit der Funktion seiner Kombination aus „Schüssel“ und „Kanne“ zufrieden, muss man sich nicht um die Gap scheren. Wer aber das Gefühl hat, das Bindungen schwerer fallen als auf anderem (ähnlichem) Equipment (vielleicht sogar vom gleichen Hersteller), das Slotting vergleichsweise schlecht ausfällt oder eben die Intonation Kopfzerbrechen bereitet, der kann bei der kleinen Lücke kurz nach dem Mund auf Fehlersuche gehen.

Dazu braucht es keine Schieblehre, es reicht ein Stäbchen (z.B. ein langes Streichholz oder ein Schaschlikspieß), ein Stift und ein Lineal für die Untersuchung.

 

Den Stab führt man auf der Innenseite der Zwinge in Richtung Mundrohr bis er auf der kleinen Stufe, die den Beginn desselben markiert, ansteht. Dann zeichnet man (am besten auf Holz) die Stelle an, an der die Zwinge endet. Achtung! Es gibt Instrumente, die diese Stufe nicht haben, da Mundrohr und Mundstückaufnahme miteinander verschliffen sind. Hier kann man natürlich nichts messen. Dieser Sonderfall wird aber weiter unten noch besprochen.

Im zweiten Schritt wird zunächst das Mundstück eingesetzt und dann auf dem Schaft wiederum die Stelle markiert, an der die Zwinge endet. Das geht entweder mit einem Stift oder einem Stück Klebestreifen.

 

Nun misst man beide Längen und errechnet die Differenz: Länge [Stab] – Länge [Schaft] = Länge [Gap]

Im Falle der B&S Challenger I und des Bach 3C, die für die Bilder verwendet wurden, ergab sich so eine Lücke von 30 – 23 = 7 Millimeter. Selbst bei einer Trompete und einem Mundstück des gleichen Modells kann diese Zahl jedoch variieren, denn bereits kleinste Unterschiede beim Konuswinkel der Zwinge oder beim Schaftumfang durch Materialabrieb (vor allem bei gebrauchten Mundstücken) können sich zu Millimetern im Abstand aufsummieren.

Wie viel Gap ist gut?

Welche Lücke ist nun optimal? Wie so oft lässt sich diese Frage nicht klar beantworten. Es ist ähnlich wie bei der Bohrung, beim Mundrohr oder Schallbecher: Ein Setup liegt dem einen Spieler mehr, ein anderes dem anderen. Das eine hat diesen Vorteil, das andere einen anderen. Tendenzen lassen sich dennoch ausmachen:

    1. Große Gap: Ist die Gap (wie im Beispiel oben) eher groß, ist auch der Widerstand größer, da zwischen Mundstück und Mundrohr so etwas wie eine Wirbelkammer entsteht. Man könnte von einer Pufferzone sprechen, in der der Luft durch den Zuwachs im Rohrdurchmesser plötzlich mehr Raum zur Verfügung steht und die dann sofort wieder komprimiert wird. Anders als bei mehr Widerstand durch z.B. scharfe Winkel im Stimmzugbogen geht dabei aber Direktheit in der Ansprache verloren. Dem TumpetScout kommt es gar so vor, als verliere man die Verbindung zum Instrument, wenn die Gap zu groß ist. Auch die Stimmung leidet dadurch und der Ton wird möglicherweise weniger „knallig“.
    2. Kleine Gap: Ist die Gap eher klein, ist noch immer Widerstand vorhanden, der hat aber eine eigene Qualität. Das mag daran liegen, dass die Luft beinahe unmittelbar nach dem Herausströmen aus dem Mundstückschaft auf die Kante des Mundrohrs (siehe Abbildung unten) trifft. Das sorgt ebenfalls für Verwirbelungen und einen kleinen Luftstau, aber punktueller als bei einer sehr großen Lücke. Deshalb entsteht das Gefühl besserer Kontrolle, schließlich sind bei der Trompete Verwirbelungen – anders als bei Auto oder Flugzeug – nicht unerwünscht. Der richtige Gegendrucks verbessert z.B. die Sicherheit in der Höhe, die Projektion oder eben auch die Stimmung. Gap-Spezialisten wie Jason Harrelson sprechen möglicherweise auch deshalb von einer Zahl um die 2,5 mm, die ihrer Erfahrung nach einen gerne gewählten Abstand bei vielen Spielern beziffert.
    3. No Gap: Gibt es keine Gap, ist der Widerstand am geringsten – nicht über das gesamte Instrument gesehen, aber eben beim Übergang von Mundstück zu Trompete. Steht der Schaft des Mundstücks auf dem Mundrohr auf (in manchen Fällen tut er das auch, weil die Zwinge zu weit ist, dann wackelt das Mundstück), gibt es keine echte Stufe zwischen beiden Rohren, die Luft fließt relativ ungehindert. Das Widerstandsmoment mit seinen Vorteilen fällt jedoch weg. Sind Mundrohr und Zwinge miteinander verschliffen, ist es sogar so, dass sich der Rohrdurchmesser (gerade so als würde man das Mundstück in einen Schlauch oder ein Kunststoffrohr stecken), der der Luft zur Verfügung steht, schlagartig vergrößert, wenn diese den Mundstückschaft verlässt. Es gab Hersteller, die diese Architektur gezielt umsetzten, und es gibt Kunden, die bei einer Maßtrompete diese Bauart verlangen. Entgegen der Erwartungen eines Nicht-Trompetenkundigen sind Konstruktionen ohne Gap jedoch nicht vorteilhaft. Man trifft deshalb nur selten auf sie.
TrumpetScout_Gap
Unter der Lupe: Eine schematische Darstellung der Wirkung der Mundrohrkante im Luftstrom aus dem Mundstück.

Ums Probieren kommt man also nicht herum, wenn einen das Gefühl beschleicht, dass bei der Gap Spielraum zur Verbesserung des Instruments besteht. Valide Zahlen zu „guten Abständen“ können keine genannt werden.

Die Gap macht das Gefühl

Das Spielgefühl eine Trompete definiert sich zum einen durch die Masse, die in Schwingung versetzt werden muss bzw. deren Trägheit und zum anderen durch Widerstände, die sich aus Rohrdurchmessern oder Kanten ergeben. Die Kante, die (in der Regel) durch die Verbindung von Mundstückzwinge und Mundrohr entsteht, ist die erste auf dem Weg der Luft bis zum Trichter. Wie sehr diese zum Tragen kommt, hängt entscheidend von der Lücke zwischen Mundstückschaft und Mundrohr ab – der Gap.

Mind the Gap! Kleine Lücke, große Wirkung. Foto: GR Mouthpieces

Was man also für seine künftige Equipment-Wahl behalten sollte: Die kleine Lücke zwischen Mundstückschaft und Mundrohr hat einen enormen Effekt. Wie schon Jason Harrelson im oben verlinkten Video sagt: „Wenn die Leute viele Bachs probieren und ihnen gefällt davon eine besonders, dann liegt das vermutlich nur an der Gap.“ Ein großes Horn kann sich klein anfühlen, wenn die Gap zu groß ausfällt und ein kleines Horn kann sich extrem offen spielen, wenn die Gap minimal ist. Genauso macht vielleicht ein Millimeter mehr die Stimmung kaputt oder einer weniger eben wieder heile.

Das jahrelang benutzte Mundstück, eine neue Trompete und die Gap kann ganz anders ausfallen. Von der Optik darf man sich aber nicht täuschen lassen – manche Zwingen sind (wie im Bild) einfach ein wenig kürzer, halten den Schaft aber an gleicher Stelle wie eine längere.

Möglicherweise erweckt eine Anpassung an dieser neuralgischen Stelle ganz neue Freude am alten Instrument. Auf welche Arten man am kleinen Schräubchen Gap drehen kann drehen kann, wird im nächsten Artikel erklärt: Trompeten-Tuning Teil 4: Mind the Gap.

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