Bach vs. Bach: Twin-Battle der Stradivarius 37

Keine Frage – die Bach Stradivarius 37 ist die populärste Trompete der Welt. Überall trifft man auf dieses Modell: in der Blaskapelle, der Big Band, im Orchester, im Studio und deshalb auch fast bei jedem Instrumentenhändler. Der Preis ist in den letzten Jahren steil angestiegen. Resultat guten Marketings oder schlicht herausragender Qualität ergo ungebrochener Nachfrage? Ein Prüfbericht zum 50er-Jubiläum der Elkhart-Produktion.

Double Check: Bach Stradivarius 37 (rechts) gegen die Jubiläumsausgabe davon. Man sieht, dass sie ungleich auf der Tischplatte liegen.
Double Check: Bach Stradivarius 37 (rechts) gegen die Jubiläumsausgabe davon. Man sieht, dass sie ungleich auf der Tischplatte liegen.

Bei der immensen Beliebtheit dieser Trompete sei einleitend ein kleiner Exkurs in die Geschichte ihres Herstellers gestattet: Namensgeber und Gründer Vincent Bach wurde Ende des vorletzten Jahrhunderts als Vincenz Schrottenbach in Baden bei Wien geboren. Er war sowohl musikalisch begabt (lernte zunächst Geige, dann Trompete), aber auch handwerklich. Dem Ersten Weltkrieg entfloh er in die USA, wo er alsbald Anstellung in großen Orchestern als Trompeter fand. Er experimentierte bereits früh mit dem Stellrad Mundstück und machte mit seinem eigenen Spiel – ihm fiel die Höhe vergleichsweise leicht – die beste Werbung für seine ersten Produkte: eben Mundstücke, die er in New York herstellte. Später folgten auch Trompeten. Wachsende Beliebtheit und dementsprechend gute Verkäufe führten nach fast 30 Jahren in der Bronx zu einem Umzug des Betriebs nach Mount Vernon, wenige Kilometer nördlich von Manhattan. Vier Jahre nach dem altersbedingten Verkauf des Unternehmens an die Selmer Company 1961, wurde die Produktion ins amerikanische Instrumentenmekka Elkhart im Bundesstaat Indiana verlegt.

50 Jahre Bach-Produktion in der Stadt der Rothirsche. Elkhart ist das ein Sondermodell wert.
50 Jahre Bach-Produktion in der Stadt der Rothirsche. Elkhart ist das ein Sondermodell wert.

Anlässlich dieses Einschnitts legte die Marke Vincent Bach für 2015 ein Stradivarius 37-Modell auf, das den ersten Elkhart-Trompeten sehr nahe kommt. Seine Bezeichnung lautet nicht 18037 wie bei der regulären Strad, sonder 19037. Der TrumpetScout hatte beide Trompeten (in der versilberten Variante, also 190S37 und 180S37) zum Vergleichstest und erlebte dank ihrer eine echte Läuterung…

Hell, kernig, satt – das ist eine typische Bach

Warum Läuterung? Um ehrlich zu sein, Bach polarisiert. Entweder man ist ein großer Fan oder kann wenig damit anfangen, zumindest mit den klassischen Modellen. Sie sind relativ schwer, haben viele Stützen und mit der Ansprache kann dementsprechend nicht jeder Bläsertyp leicht umgehen. Hinzu kommt (oder auch: dagegen spricht), dass keine Bach wie die andere ist. Wenngleich der Techniker Vincent Bach zu Anfang seiner Mundstückfertigung für noch nie dagewesene Standards bei der Serienproduktion sorgte, bei der komplexeren Trompete war die Qualität alles andere als konstant (lediglich die sehr guten Ventile gaben selten Anlass zur Sorge). Das hat sich auch in der Elkhart-Zeit nicht geändert. Manche Bachs lassen sich sehr gut spielen, andere überhaupt nicht, manche stimmen gut, manche gar nicht. Es ist, als würde man zwei komplett verschiedene Trompeten, auch wenn auf beiden Stradivarius 37 eingraviert ist (gilt natürlich auch für die anderen Modelle). Die Fertigungsqualität des einzelnen Instruments erscheint oft wichtiger als der Typ, sprich die Kombination aus Becher, Mundrohr etc. Nicht selten lassen sich Musiklehrer mehr als fünf Exemplare des gleichen Typs zum Test vorlegen, wenn ein Schüler sich eine Bach kauft. Lange Erklärung, kurzes Fazit: Der TrumpetScout war kein Bach-Fan. War…

Bach Strad 37 vs. Bach Strad 37 Anniversary

Die beiden Modelle sind weitestgehend identisch. Der Vollständigkeit halber hier die wahrscheinlich weitestgehend bekannten (und hier übereinstimmenden) Merkmale einer regulären Bach Stradivarius 37: Das eher enge 25er Mundrohr mündet in eine massive Aufnahme des Stimmzugs aus Neusilber, der Stimmbogen ist eckig gestaltet, für weitere Stabilität sorgen zwei Stützen. Die Außenzüge sind ebenfalls aus Neusilber, beim dritten Ventilzug ist eine verstellbare Zugführung angelötet. Absolutes Mittelmaß bei der ML-Ventilbohrung mit 11,66 mm. Das Ventilgehäuse ist normalgewichtig, von normaler Wandstärke ist auch das Schallstück. Die Form 37 bedeutet, dass der Rohrverlauf eng ist, der Ton dadurch viel Kern hat und gut projiziert wird. Der Widerstand ist eher groß. Durch die Bauweise ergibt sich ein hohes Gesamtgewicht (das über die Jahre auch sehr schwankte). Aktuell gemessen wurden 1.150 Gramm. Diese in Schwingung zu versetzen braucht relativ viel Energie, weshalb manche meinen, dass es für eine Bach einfach einen kräftigen Bläser brauche. Und in der Tat – als „Chet Baker-Trompete“ für leise Töne konnte sie sich keinen Ruf erarbeiten. Erstaunlich ist aber vor Test die Feststellung, dass die Anniversary Strad um 26 Gramm leichter ist. Eine Paradoxon, da sie doch laut Bach-Datenblatt Features aufweist, die in der Summe eher mehr Gewicht versprechen.

Äußerlich sind die Unterschiede nicht so groß, doch es zählen bekanntlich die inneren Werte. Hier die 190S37.
Äußerlich sind die Unterschiede nicht so groß, doch es zählen bekanntlich die inneren Werte: hier die Bach 190S37.

Von allem mehr, aber leichter: Eigenheiten der Bach 19037

Auf den ersten Blick ist absolut kein Unterschied zu erkennen. Da hilft die Lektüre weiter. Der Fingerhaken auf dem Mundrohr ist kleiner, wirkt wie verbogen, ist aber eben Vintage-Design. Worauf man auch erst hingewiesen werden muss: Die Stützen zwischen Leadpipe und Becher sind breiter (aber am Steg minimal filigraner) ausgestaltet, bieten als mehr Auflagefläche und damit Schwingungsdämpfung. Das Ventilgehäuse ist zweiteilig und nicht nur aus Messing, sondern im oberen Teil aus Neusilber. Die Ventile selbst verfügen über eine Kreuzelführung aus Messing, Wechselteile aus Nylon (wie bei der Standard 37) werden aber mitgeliefert. Optisch weist eine Gravur auf dem Gehäuse das Geburtsjahr, ergo die Sonderedition aus. Eine echte Überraschung birgt jedoch erst der Schallbecher. Es ist bei Bach immer einteilig, die Naht verläuft für gewöhnlich über die Unterseite (man sieht das bei entlackten Modellen ganz gut, aber auch so beim Blick in den Trichter mit einer Taschenlampe). Für die Jubiläumsausgabe hat man eine Rotation um 90 Grad angeordnet, die Naht verläuft nun entlang der Stützen, quasi nach „innen“. In Becherrand ist außerdem ein Stahldraht eingearbeitet, keiner aus Messing oder einem anderen Material. (Der guten Ordnung halber sei noch auf die opulente Gravur hingewiesen, die zwar spielerisch keinen Unterschied macht, aber die Stadt Elkhart Ehre erweist: Die Modellbezeichnung ist gesäumt von zwei Hirschen – Elk ist das englische Wort für Rothirsch.) Trotz Ventilführung aus Metall und breiteren Stützen wiegt die 190S37 nur 1.124 Gramm. Wo hier etwas verloren ging, bleibt rätselhaft. Egal, es zähle einzig das Ergebnis!

Links die Stützen einer modernen Stradivarius, rechts das Vintage-Design der Neuauflage.
Links die Stützen einer modernen Stradivarius, rechts das Vintage-Design der Neuauflage mit mehr Fläche, aber zarteren Streben.

Große Flexibilität, gute Ansprache, leichte Höhe

Wer mit kleinen Erwartungen an eine Sache herangeht, kann leicht positiv enttäuscht werden. So geschehen bei den ersten Tönen mit dieser nur minimal modifizierten Bach 37. Sie spricht für eine schwere Trompete hervorragend an, gibt ein gutes Feedback und macht durch die ganze Range eine gute Figur. Töne unterhalb des C1 klingen sehr sonor und voll und fühlen sich genauso gut an wie Töne oberhalb des G2. Selbst in der extremen Lage mit As3 und A3 vermittelt das Instrument ein Gefühl von Sicherheit. Trotz eines guten Slottings ist die Trompete nicht starr. Bindungen gehen leicht vonstatten und auch das Spiel mit Subtones liegt dieser Bach wie einer Martin Committee. Nicht einmal die Stimmung scheint ein Problem zu sein (was oft ein Makel von Bach-Trompeten war, die gut Ansprachen). D2 und D3 sind nicht zu tief, lediglich wenn der Zug weit herausgezogen wird (man bekommt ja oft den Eindruck, dass Amerikaner sich eher auf 441 oder 442 Hz einstimmen), hängen diese Problemtöne. Ein bisschen war es wie Liebe auf den ersten Blick, die aber auch nach einigen Tagen noch nicht abgeflaut ist (bei Trompeten geht das ja schneller als bei Menschen). Wer hätte das gedacht?

Im Vergleich: die Standard Stradivarius 37

Der Wechsel auf die 180S37 hat diese Veränderungen mit sich gebracht: Die Stimmung hat sich marginal verschlechtert, die Ansprache deutlicher, aber auch die Formbarkeit des Tones hat gelitten. Das Rausche-Spiel im unteren Register klingt zwar ähnlich (die tiefe Lage ist sowieso ein Hoheitsgebiet der konventionellen Stradivarius), die Umsetzung fühlt sich aber nicht so locker an wie bei der 190S37. Alles war sauberer, das Klangportfolio weniger facettenreich. In der Höhe wurde es auch deutlich schwerer, mit frischen Lippen war der Tonumfang aber nicht wirklich kleiner. In der Projektion hatte die konventionelle 37er leichte Vorteile (sofern man den Testhörern Glauben schenken kann) und klanglich viel mehr Kern. Das hört man auch auf dem Video. Die Geburtstags-Bach wirkt viel breiter, lässt im unteren Register einen weicheren Sound, ist aber dennoch nicht dunkler. Vielseitiger ist sie dadurch allemal. Außerdem entsteht die Verbindung zwischen Spieler und Horn entsteht einfach. Das erhöht natürlich das Potenzial, sich in sie zu verlieben.



Im Video wurde ausschließlich das flache Lead-Mundstück benutzt. Wer sich eher auf dem klassischen Feld bewegt und einen tiefen Kessel spielt, wird das 180er Modell bevorzugen. Es rastet besser ein, ist von Natur aus weniger hell und seine Kernigkeit wird durch den geringeren „Härtegrad“ des Mundstücks nicht noch extra hervorgekehrt.

Keine Frage des Preises, sondern der Vorliebe

Natürlich, 3.500 Euro für die lackierte und sogar 3.700 Euro für die versilberte Version der Anniversary Stradivarius 37 sind nicht wenig Geld, aber es scheint hier gut angelegt zu sein. Der Vergleich mit der regulären Strad (3.200/3.400 Euro) zeigt, dass auch nicht viel draufgelegt werden muss, um eine bessere und wahrscheinlich sicher noch wertstabilere Trompete zu erhalten. Obendrein bekommt man einen sehr schmucken Holzkoffer mit Geburtstagemblem und Mundstück.


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Entweder waren die Testmodelle zufällig die Zwei von Zehn, die die Masse an Geschwistern deutlich hinter sich lassen oder Bach ist mit diesem Modell und generell der neuesten Fertigungsgeneration ein echter Coup gelungen. Für den TrumpetScout hat das Anniversary-Modell aber die familieninterne Schlacht gewonnen.

[table caption=“TrumpetScout dares an educated guess regarding Annie“ width=“900″ colwidth=“400|900″ colalign=“left|left|center|left|right“]
What is she offering?,“What isn’t she offering??“

Your new girl friend?,“Mach sie zu deiner Frau und werde glücklich.“

Preis?,3.500 Euro. Silber ein wenig mehr. Aber auch dann das Geld wert!
Dauerbeziehung?,“Sicher! Wer will da fremdgehen?
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