Stradivarius-Trompete für Sparer: die Bach VBS 1

Stradivarius-Fans gibt es auf der ganzen Welt. Bach nutzt das und verlangt ordentlich für seine Top-Trompeten-Linie. Selbst Gebrauchte findet man nur noch vereinzelt zu dreistelligen Preisen. Vor einigen Jahren führte Bach deshalb ein Modell ein, das für ein breiteres Publikum leistbar sein soll ohne dabei die Bach-Qualitäten vermissen zu lassen: die VBS 1. Der TrumpetScout schaut, wie viel Strad in diesem Horn steckt.

So sieht sie aus, die Bach VBS 1, wenn hinten noch ein S für Silber steht.
So sieht sie aus, die Bach VBS 1, wenn sie frisch vom Händler kommt und hinten noch ein S für Silber steht.

Die Informationslage zur VBS 1 ist dünn. In den USA, ihrem Heimatland, wird sie nicht vermarktet, drum finden sich auch auf der Bach-Webseite keine Angaben zu Materialien, Becherform und sonstigen Spezifikationen. Trägt man trotzdem zusammen, was als gesichert gilt, so ergibt sich ein solches Datenblatt: ML-Bohrung (11,66 mm), ein Schallstückdurchmesser von 122 Millimetern und ansonsten ein Stradivarius-Design – mit zwei kleinen Ausnahmen: Die Führung des dritten Ventilzugs musste einem einfachen Stopper weichen, der den Zugverlust verhindet, und statt zwei Stützen beim Stimmzug wie bei den Nicht-Reverse-Strads gibt es es nur noch eine, und zwar direkt im Zug eingelötet.

Bach VBS 1: Das Mundrohr aus Goldmessing ist ein Novum

So weit die äußeren Unterschiede. Unter der Oberfläche wird es schwieriger. Laut Auskunft des deutschen Großhändlers wird für die VBS 1 ein Goldmessing-Mundrohr verwendet – eine Singularität bei von Bach selbst gebauten Trompeten. Gemacht hat man das nicht aus einer Sparidee heraus, der Grund für diese Entscheidung hat wohl eher mit dem avisierten Publikum zu tun: Günstigere Trompeten werden oft von Schülern gespielt, die nicht immer pfleglich mit ihrem Instrument umgehen, sprich selten reinigen. Die korrosionsbeständigere Legierung mit höherem Kupferanteil wird da gerne dem Gelbmessing vorgezogen. Das ungewohnte Material könnte man in der lackierten Variante eigentlich erkennen, doch diese wird, das bestätigt nicht nur der Blick in diverse Online-Shops, sondern auch der freundliche Herr am Telefon, so gut wie nie geordert. Die VBS 1S ist das Modell, das die Kunden beinahe ausschließlich interessiert. So ist auch das TrumpetScout-Testhorn in Silber gehüllt und gibt seine Geheimnisse deshalb nur spärlich preis.

Möglicherweise der Hauptunterschied zru Stradivarius: Der Becher ist bei der VBS 1 zweiteilig. Wer genau schaut, erkennt die Lötnaht im Inneren.
Möglicherweise der Hauptunterschied zur Stradivarius: Der Becher ist bei der VBS 1 zweiteilig. Wer genau schaut, erkennt die Lötnaht im Inneren.

Zweiteiliger Becher senkt den Preis der Bach VBS 1

Die Angaben im Netz bezüglich des Schallstücks gehen – sogar auf Händlerseiten – auseinander: Zwei Angaben findet man häufig, der Becher habe entweder eine 37er-Form oder aber die der Stradivarius 72. Ein Anruf verschafft Klarheit, verbaut ist eine Glocke nach der Bachvorlage Nr. 72, es handelt sich also um das weiteste Schallstück aus dem Firmenregal. Einig sind sich alle in einem Punkt: Bei der VBS 1 ist der Becher nicht einteilig, sondern – und das mindert wirklich die Herstellungskosten – besteht aus zwei zusammengefügten Stücken. Das kann man sogar in der versilberten Ausführung sehen: Im Inneren des Bechers ist ein leichter Kreis zu erkennen, wo die Versilberung sich ausdünnt. Die Qualität des Instruments leidet durch eine solche Konstruktion nicht. Wie schon öfter geschrieben, auch viele sehr geschätzte und auch teure Trompeten werden so gemacht. Die Trompete schwingt ein wenig anders. Da die Handwerkskunst nicht so hoch ist, hat dieses Verfahren allerdings einen Imageschaden erlitten.

VBS 1 heißt Bachqualität zum Nicht-Bach-Preis

Die Typenbezeichnung VBS 1 steht für Vincent Bach (der Firmengründer) Serie 1. Besonders einfallsreich ist das nicht. Besser ist dafür, was sich dahinter verbirgt: Eine korrosionsbeständigere Stradivarius 72 (genaue Bezeichnung 180-72 ML), die durch das Goldmessing vielleicht noch eine Spur wärmer klingt und durch die fehlenden Anbauteile sogar ein bisschen besser anspricht, dabei aber nur halb so viel kostet wie das Vorbild. Das ist ein Wort. Der ganze Maschinenstock entspricht der Standard-Strad (die Ventile gehen dementsprechend gut, die Außenzüge sind aus Neusilber) und auch auf die Bach-Insignie schlechthin, die sechsflächige Mundstückaufnahme, muss man nicht verzichten. Das macht die VBS 1 mitsamt der Herstellung in den USA wirklich zu einer vollwertigen Bach, die in der Silberversion statt 3.400 Euro (vgl. Strad 72S) momentan noch nicht einmal 1.700 Euro kostet – also weniger als die Hälfte. Der Koffer ist zwar weniger luxuriös gestaltet, dafür aber zeitgemäßer, nämlich leichter und weniger steif als bei den 180er-Modellen.

Die Maschine ist die gleiche wie in den teureren Bach-Trompeten. Auch sonst muss man kaum EInbußen hin nehmen - schon gar nicht optisch.
Die Maschine ist die gleiche wie in den teureren Bach-Trompeten. Auch sonst muss man kaum Einbußen hinnehmen – schon gar nicht optisch.

 Die VBS 1 überzeugt mit gute Ansprache und formbarem Sound

Mit 1128 Gramm ist die VBS 1S kein Leichtgewicht – wenn auch durch den bereits erwähnten Verzicht einer Stütze und des verstellbaren Zugstops wahrscheinlich minimal leichter als der bekannte Onkel. Dennoch bläst sie sich sehr frei und klingt – beinahe logisch – in der Tiefe sehr satt und sonor, wenn man laut spielt. Benutzt man ein flaches Mundstück, wird sie aber auch sehr scharf und schneidend und mutiert zu einem Gerät, mit dem man Freund oder Freundin aus der Wohnung vertreiben kann, die Nachbarn gleich mit. Das hätte man aber erwarten können. Überraschend positiv verhält sich die kleine Profi-Bach beim leisen Spiel. Die Trompete klingt warm und breit, wenn man sie sensibel behandelt. Für diese Gewichtsklasse ist das keine Selbstverständlichkeit. Möglicherweise ist das weite 72er-Schallstück dafür verantwortlich oder eben die beschriebenen Unterschiede zur Stradivarius.

Das gesamte Register hindurch ist die Ansprache sehr gut und gleichmäßig – so, dass man einfach gerne spielt. Es gibt keinen großen Widerstand, man fällt aber auch nicht in ein Loch oder vermisst Gegendruck in der Höhe. Bis zum G3 geht es sehr leicht. Lediglich an Projektion würde man sich ein bisschen mehr erwarten. Die VBS 1 klingt gut und ist laut beim Spieler. Auf dem Weg in den Raum scheint aber einiges verloren zu gehen.



Alles in allem ist die VBS 1 von Bach eine gute Allround-Trompete und vielleicht sogar mehr als nur eine Stradivarius für den kleineren Geldbeutel. Sie vereint in sich klangliche Flexibilität und angenehme Spieleigenschaften, wie es vielleicht nicht einmal eine große Bach ohne individuelle Anpassungen vermag. Dazu kommt der solide Maschinenstock und eine ähnliche Wertstabilität wie bei der Premium-Linie. Kein schlechter Deal also.

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What is she offering?,“Bach looks, ML-bore, nice response and sound “

Your new girl friend?,“Für alle, die bei dem Euro-Kurs eine Bach wollen.“ 9/10

Preis?,<1.700 Euro. Definitiv das Geld wert.
Dauerbeziehung?,“Warum nicht? Will last long!
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Das Testinstrument wurde TrumpetScout freundlicherweise zur Verfügung gestellt von FMB Fachmarkt Blasinstrumente GmbH aus Gütersloh.