Am 8. März 2015 verstarb der New Yorker Trompeter Lew Soloff. Er sagte von sich selbst, dass er kein Genie war. Vielleicht kann man gerade deshalb besonders von ihm lernen.
Sein Trompetensolo aus „Spinning Wheel“ hat Generationen von Trompetern elektrisiert, weil es für so vieles steht: Kraft, Ausdauer, Leidenschaft, Einfallsreichtum und nicht zuletzt auch Querulantentum. Es ist nicht glatt gespielt, nicht perfekt, sondern dreckig, rotzig, doch gleichzeitig in time. Lew Soloff stand für Energie, Durchsetzungsvermögen, Wille, Fleiß. Eben blood, sweat and tears.
Im Interview mit Michael Davis von Bone2Pick erzählt Lew Soloff aus seinem Trompeterleben, von großartigen Bekanntschaften, vergessenen Kollegen und einzigartigen Erfahrungen.
„Don’t use technical Display for ist own sake.“
Hier nur einige Auszüge des Gesprächs, das eigentlich ein Monolog seitens des Geschichtenerzählers Lew Soloff war.
Er selbst ist seinerzeit einer der wenigen gewesen, die die Leadstimme spielen konnten, aber auch passable Klassiker waren und obendrein noch zu improvisieren wussten. Heute sei das keine Ausnahme mehr. Als herausragender Jazzsolist hat er sich aber selbst lange Zeit nicht gesehen. Während seiner Anfangszeit in New York – er hat in einem ehemaligen Bordell am Broadway gehaust – spielte er in einer Big Band die zweite Stimme, also die mit den Soloparts. In einer anderen Band war er gleichzeitig der Leadplayer. Diese Band allerdings war in allen Registern mit Solisten einer solchen Güte besetzt, das er sich keinen einzigen Ton zu spielen getraut hat, der nicht in den Noten stand. Als er die ersten Gehversuche im Bereich der Improvisation unternahm, schlotterten ihm die Knie, doch er mit einer grandiosen Rhythmusgruppe um McCoy Tyner im Rücken konnte er gar nichts falsch machen – so wunderbar haben die Kollegen auf sein Spiel reagiert. Da hat Soloff eines gelernt: „Improvisation ist eine Teamaufgabe.“
Zu Maynard Ferguson hatte Lew Soloff natürlich auch Geschichten auf Lager. An einem Abend habe dieser ein Es 4 gespielt, das geklungen habe, als würde es von 15 Trompetern gespielt und nicht von einem. Als er mit Ferguson bei einem Miles Davis-Tribute-Konzert spielte, lernte er eine weitere Lektion: „Gebrauche keine Technik zum Selbstzweck.“ Maynard hat so laut gespielt (weil er es konnte), dass vom Rest der Band niemand mehr zu hören.
„If you don’t think somethings impossible, it is not.“
Der vielleicht wichtigste Satz aus dem Interview lehrt etwas Grundsätzliches, über die Grenzen, die am schwierigsten zu passieren sind, nämlich die in unseren Köpfen: „Wenn du nicht glaubst, dass etwas unmöglich ist, dann ist es das auch nicht.“ Anders: Was man für möglich hält, ist möglich.
Neben dem Übersolo, vielen weiteren mitreißenden Aufnahmen, bleibt von Lew Soloff auch diese Message. Eine frohe Botschaft für alle, die ab und an an ihrem – unserem – Instrument verzweifeln.